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CHROMOSOM

 

Chromosom

Träger der Erbinformation ist die Desoxyribonukleinsäure (DNS, englisch DNA,
das "A" für acid = Säure), die sich hauptsächlich in den Chromosomen befindet,
wo sie mit Proteinen (Histonen) umgeben ist. Dieser Komplex wird auch als
Chromatin bezeichnet. Die Chromosomen kommen bei Eukaryoten, den Lebewesen,
deren Zellen einen Kern haben (Tiere, Pflanzen, Pilze), hauptsächlich im Zell-
kern vor. Wenige andere Gene können in Mitochondrien und bei Pflanzen in den
Chloroplasten lokalisiert sein.
Die DNS einer menschlichen Zelle wäre auseinandergezogen 2 m lang. Während der
Kernteilung hat sie nur eine Länge von wenigen Mikrometern, sie ist "konden-
siert".
Diese großen Moleküle haben eine besondere Struktur: Sie sind wie eine Strick-
leiter aufgebaut, die auch noch verdreht, also gewendelt ist und heißt daher
auch Doppelhelix (J.D. WATSON, F.H. CRICK, 1953; Nobelpreis 1962).
Die "Holme" der Strickleiter setzen sich aus Desoxyribose (einem Zucker) und
verbindenden Phosphatresten zusammen. Die "Sprossen" werden durch zwei Arten von
Basenpaaren aus den vier Basen Adenin [A), Cytosin [C>, Guanin [G< [G< und
Thymin [T( gebildet. Verknüpft sind die Basen durch Wasserstoffbrücken, zwei
zwischen Adenin und Thymin ( [A)=)T] bzw. [T(=(A] ) und drei zwischen Cytosin
und Guanin ( [C>:::>G] ), die Basen docken jeweils an den Desoxyribose-Baustei-
nen an.
Formeln Purinbasen Pyrimidinbasen

Ribose und Desoxyribose

Immer drei benachbarte Basenpaare (drei "Sprossen") bilden ein Codetriplett
(Codon) und legen den Bauplan für eine Aminosäure fest, aus denen bekanntlich
die Proteinmoleküle (Eiweiße) zusammengesetzt sind. Es wären zwar 64 Kombina-
tionen möglich, aber es werden nur 20 Aminosäuren gebaut und damit sind nur
20 Tripletts nötig.
Beispielsweise wird aus der Folge [A)
[T( Methionin gebildet.
[G<
Ein längerer Abschnitt der DNS (aus mehreren Tripletts) ist ein Gen, der
Anfang eines Gens wird durch [A)
[U(
[G<
das Ende durch [U( und [U( oder [U(
[A) [A) [G<
[A) [G< [A)
festgelegt.
Soll nun ein Protein erzeugt werden, wird von einem Gen in der DNS im Zellkern
eine Kopie erzeugt, indem das Enzym RNS-Polymerase die Verbindungen in den
Basenpaaren lockert und statt dessen eine einsträngige Ribonukleinsäure er-
zeugt, bei der der Zucker nicht mehr Desoxyribose, sondern Ribose ist. Die
Base Thymin ist durch Uracil ( [U( bzw. )U] ) ersetzt. Dieser Vorgang heißt
Transkription. Nunmehr wandert die Ribonukleinsäure RNS durch das endoplasma-
tische Reticulum zu den Ribosomen im Zellplasma. Da die RNS die Information
weiterträgt, heißt sie auch Boten-RNS, englisch Messenger-RNA oder kurz mRNA.
In den Ribosomen wird der Bauplan in Eiweiß umgesetzt, indem die Ergänzung zu
kompletten Basenpaaren stattfindet (Translation). Meist wirken mehrere Ribo-
somen an der Bildung eines Eiweißes zusammen. Fertige Teile werden aus dem
Ribosom geschleust, neue Transfer-RNS an Hand des vorgegebenen Musters der
mRNA angekoppelt (Elongation, Verlängerung der Polypeptidkette). Die Arbeits-
weise eines Ribosoms lässt sich vielleicht mit der Funktion eines Gleiters ver-
gleichen, der die beiden Zahnreihen eines Reißverschlusses zusammenfügt.
Ein Gen enthält also die Information zur Steuerung einer bestimmten biochemi-
schen Reaktion. Dass derselbe biochemische Reaktionstyp trotzdem verschiedenar-
tig ablaufen kann, liegt an der unterschiedlichen Struktur des betreffenden
Genortes, diese unterschiedlichen Ausführungen heißen "Allele". Die Allele aber
kann man erst nachweisen, wenn mindestens zwei alternative Formen vorliegen.
Auch die Position des Gens im Chromosom hat Bedeutung (DUBININ-Effekt).
Jedes Chromosom braucht bei der Befruchtung einen nahezu symmetrischen Partner.
Jeder passende Partner hat die Erbinformation an der gleichen Stelle wie der
andere.
Die Enden der Chromosomen schließen mit guaninreichen Telomeren ab, deren
Sequenzen an jedem Ende rund 70-mal wiederholt sind. Bei jeder Zellteilung gehen
Telomere verloren, sind sie aufgebraucht, kann sich die Zelle nicht mehr teilen.
Ausnahmen sind Einzeller, Meristem, Keimzellen und Krebszellen, da bei diesen
Zellen durch das Enzym Telomerase neue Telomersequenzen angehängt werden.

Mitose, gewöhnliche Kernteilung
Im Verlauf der mitotischen Kernteilung lassen sich fünf Phasen definieren
Prophase: Die Chromosomen werden als fadenförmige Strukturen im Zellkern sicht-
bar, zuerst lang, dünn, stark gewunden, den Kernraum ausfüllend. Dann werden
die Chromosomen durch helikale (schraubige) Faltung verkürzt ("kondensiert").
Jedes Chromosom besteht aus zwei Chromatiden, die durch eine Primäreinschnü-
rung, dem Zentromer, X-förmig zusammengehalten werden. Der Nukleolus (das
Kernkörperchen) ist an der Nukleolareinschnürung der entsprechenden Chromoso-
men erkennbar.
Prometaphase: Auflösung der Kernmembran.
Es wird nun ein Spindelapparat aus einer größeren Anzahl faseriger Protein-
strukturen zwischen den Polkappen ausgebildet. Die Zentromere der Chromosomen
knüpfen an Spindelfasern an, die Chromosomen gruppieren sich um den Zelläqua-
tor.
Metaphase: Die Chromosomen sammeln sich in der Äquatorialebene der Zelle (de
"Metaphaseplatte"). Jedes der beiden Chromatiden besitzt ein Zentromer, jedes
Zentromer orientiert sich zu einem anderen Pol, eine Trennung erfolgt aber
noch nicht. Die Metaphase-Chromosomen sind jetzt am stärksten kontrahiert,
Karyogramme sind am besten in dieser Phase zu erstellen.
Anaphase: Die Zentromere trennen sich voneinander, die Chromatiden, jetzt als
Tochterchromosomen anzusprechen, streben an die Spindelpole.
Telophase: Die Tochterchromosomengruppen an den Polen umgeben sich mit einer
Kernmembran. Die Entfaltung schreitet soweit voran, dass im Lichtmikroskop
die Chromosomen nicht mehr erkennbar sind. Dagegen sind die Kernkörperchen
an den Nukleolareinschnürungen wieder nachweisbar. Es sind zwei Tochterkerne
entstanden, jede mit nur einem Chromatid. Danach vollendet sich mit der Tei-
lung des Zellplasmas die Zellteilung.
Interphase: Teilungsruhe des Zellkerns zwischen zwei Mitosen.
G1-Phase
Synthesephase, S-Phase: Verdopplung des DNA-Bestandes durch Ergänzung der
einzelnen mit einer zweiten Chromatide
G2-Phase, die Chromosomen sind entspannt ("dekondensiert"); sichtbar allen-
falls durch Fluoreszenz-Technik.

Die oft gezeigte X-Form der Chromosomen kann nur kurzzeitig während der Zelltei-
lung (Mitose) in der Metaphase (im gespreiteten Zustand) beobachtet werden. Um
den Übergang in Anaphase zu verhindern, um mehrere Zellen untersuchen zu können,
kann man die Bildung des Spindelapparats durch ein Zellgift (Kolchizin, Nocod-
azol) unterbinden. Der nächste Schritt ist die Färbung nach Gustav GIEMSA (1867-
1948).
Die GIEMSA-Färbelösung besteht aus Methylenblau, Methylenazur und Eosin in Etha-
nol und Glyzerin. Vor Gebrauch wird ein Tropfen dieser Lösung mit 1 ml destil-
liertem Wasser verdünnt, auf das Objekt auf einem Objektträger getropft, nach
etwa einer halben Stunde abgespült und das Objekt getrocknet. Eine weitere Ver-
besserung wird durch vorherige Behandlung mit dem Bauchspeicheldrüsen-Enzym
Trypsin erreicht, wodurch eine bessere Differenzierung infolge unterschiedlicher
Einfärbung möglich ist: Die durch Giemsa-Lösung eingefärbten Querstreifen wer-
den als "G-Banden", die ungefärbten als R-Banden bezeichnet (R=revers).
Damit lassen sich die Chromosomen eindeutig identifizieren. Die G-Banden enthal-
ten verhältnismäßig wenige Gene, die R-Banden dagegen viele. Mitunter werden
noch C- und T-Banden definiert. Zur genaueren Bezeichnung geht man vom Zentro-
mer aus (dem Verknüpfungspunkt der beiden Chromatiden. Der kürzere Arm wird als
p-Arm, der längere als q-Arm definiert. Die Zählung der Banden geht immer vom
Zentromer aus. Ein Idiogramm ist das Schema der Standardbanden, das Karyogramm
ist die sortierte Darstellung aller Chromosomen einer Zelle. Liegen in der Zelle
jeweils zwei homologe Chromosomen vor, spricht man von einem doppelten oder
diploiden Chromosomensatz, abgekürzt als 2n. Einen einfachen Chromosomen-
satz nennt man haploid. Bei Pflanzen treten auch höhere Ploidiegrade auf:
Anzahl Chromosomensätze Bezeichnung
1 haploid n
2 diploid 2n
3 triploid 3n
4 tetraploid 4n, relativ oft
6 hexaploid 6n, z.B. Weizen
Unter dem Mikroskop sieht man einen wirren Haufen von Chromosomen. Früher wurde
aus einem Foto die einzelnen Chromosomen ausgeschnitten und manuell sortiert,
heute hilft der Computer.


Meiose

Bei dieser Form der Kernteilung wird die Anzahl der Chromosomen vom diploiden
Zustand in den haploiden überführt, der Chromosomensatz wird also halbiert, was
die Voraussetzung für die geschlechtliche Vermehrung ist, wobei das Erbgut müt-
terlicher- und väterlicherseits neu kombiniert wird. Durch sexuelle Fortpflan-
zung vermögen sich die Arten schneller an veränderte Umweltbedingungen anzupas-
sen.
Die Meiose (gr. meiono = vermindern) findet in zwei Teilungsschritten statt:

Meiose I, Reduktionsteilung, 1. meiotische Teilung, 1. Reifeteilung

Der Chromosomensatz der diploiden Zelle wird halbiert - die Chromosomen aber
bleiben komplett aus zwei Chromatiden.
Prophase I: Länger dauernd als die mitotische Prophase, fünf Stadien:
Leptotän: Langsame Kondensation der Chromosomen, diese haften bis zum Ende
der Prophase I mit ihren Telomeren an der inneren Zellkernmembran.
Zygotän: Reißverschlussartige Paarung der homologen Chromosomen (Synapsis),
das Chromatin ist unter dem Mikroskop sichtbar.
Pachytän: Weitere Kondensation der gepaarten Chromosomen, es werden oft homo-
loge Abschnitte zwischen den Chromatiden ausgetauscht (Crossing-over)
Diplotän: Die homologen Chromosomen trennen sich wieder, es kann auch Tran-
skription stattfinden.
Diakinese: Die RNA-Synthese endet, es löst sich die Zellkernhülle auf, die
Chromosomen kondensieren voll.
Prometaphase: Die gepaarten Chromosomen sammeln sich in der Äquatorialebene des
Spindelapparates
Metaphase I: Unter dem Mikroskop können Chiasmata (Überkreuzungen benachbarter
Nichtschwesterchromatiden) sichtbar werden. Die Anheftung an die Spindelfa-
sern übernimmt nur eine Schwesterchromatide, wodurch in der
Anaphase ganze Chromosomen (nicht nur Chromatiden) an die Spindelpole gezogen
werden.
Telophase I: An jedem Pol des Spindelapparates liegt ein Satz kompletter
Chromosomen.

Interkinese: Eventuell auftretendes kurzzeitiges Zwischenstadium, bei dem die
Chromatiden charakteristisch (kreuzförmig) aufspreizen, es erfolgt aber keine
identische Reproduktion der Chromosomen.

Meiose II, Äquationsteilung, 2. meiotische Teilung

Sie ähnelt der Mitose. In den Teilungsphasen werden die beiden Chromatiden jedes
erst kompletten Chromosoms voneinander getrennt, an jedem Pol entstehen damit
zwei neue, insgesamt also vier Keimzellen mit jeweils Ein-Chromatid-Chromosomen.
Alle Keimzellen verfügen danach über einen haploiden Chromosomensatz.
Prophase II: Diese Phase wird nur gefunden, wenn Interkinese auftrat. Die aus
zwei Chromatiden bestehenden Chromosomen verkürzen sich, die Kernmembranen
lösen sich auf.
Metaphase II: Es werden neue Spindelapparate gebildet. Da noch keine Zellwand
zwischen den Tochterkernen gebildet wurde, erscheinen die Zellen zweikernig.
Die Chromosomen ordnen sich am Spindeläquator an ("Metaphaseplatte").
Anaphase II: An den Zentromeren trennen sich die beiden Chromatiden der Chromo-
somen, die Chromatiden - mit unterschiedlichen Erbanlagen gemäß Metaphase I -
wandern zu den Zellpolen.
Telophase II: Die Chromosomen (aus einer Chromatide) strecken sich. Nach Bildung
der Kernmembranen und neuer Zellmembranen liegen vier Zellen mit haploider
Chromosomenzahl vor.

Zu den hier dargestellten Typen von Mitose und Meiose gibt es noch jede Menge
Variationen.


Zellteilung
Alle Zellen vermehren sich durch Teilung. Bei den Eukaryoten kann man zwischen
der Karyokinese (Teilung des Zellkerns) und der Zytokinese (Plasmateilung) dif-
ferenzieren, aber beide Vorgänge stehen in enger Verbindung. Der Mechanismus der
Teilung der diversen Zellbestandteile wie Mitochondrien sind noch nicht so gut
bekannt, ebenso Genaueres zur Differenzierung zu Geweben bzw. Organen.
Variabel ist auch die Art der Membranbildung: Die Teilung kann durch Durchschnü-
rung (Furchung, typisch für tierische Zellen) erfolgen oder bei Pflanzen durch eine
faserige Plasmastruktur (Phragmoplast in der Telophase), die mit Teilen des Gol-
gi-Apparates eine Zellplatte bildet, aus der die neue Zellwand entsteht.
Beginnt die Bildung der Zellwand an allen Stellen zugleich, ist es eine simul-
tane Wandbildung, schreitet sie vom Rand zur Mitte hin fort, heißt sie zentri-
petal, dagegen von der Mitte zum Rand zentrifugal.

LITERATUR
[1] GEISSLER, E. u.a. (Hrsg.): Kleine Enzyklopädie LEBEN, Bibliographisches In-
stitut Leipzig 1978
[2] Chromosom, http://de.wikipedia.org/wiki/Chromosom (21.2.2008) mit 25 Lit'-
stellen
[3] Meiose, http://de.wikipedia.org/wiki/Meiose (10.3.2008)

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