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UNKRÄUTER

 
8.5 Unkräuter und ihre Bekämpfung

Der Begriff "Unkraut" ist sehr global für alle in einem Bestand unerwünschten
Pflanzenarten gebraucht. Neumodische "political correctness" möchte den Begriff
"Wildkraut" oder "Beikraut" einführen.
Ihre Bekämpfung macht sich nicht wegen des störenden Aussehens erforderlich,
sondern sie sind in hohem Maße ertragsmindernd:
- Unkräuter sind häufig Zwischenwirte von Schädlingen und Krankheitserregern
- Unkräuter behindern die Bodenbearbeitung und die Ernte, beschatten und erdrü-
cken Jungpflanzen in Anzuchten
- Unkräuter machen den Kulturen Licht, Luft, Wasser und Nährstoffe streitig,
der Nährstoffentzug von rund 4.. 14 g Stickstoff /m²
0,6..2,4 g Phosphor /m²
3 ..18 g Kalium /m²
mag das belegen.
Der Wasserentzug ist zuweilen doppelt so hoch wie der der angebauten Kultur.
Bei Obst und Beerenobst sind den Unkräutern über 7 %, bei Gemüse bis 10 % Ver-
luste anzulasten.
- Dicht stehendes Unkraut schafft eine Zone hoher Luftfeuchtigkeit, in der
Pilzkrankheiten gefördert sind.
Die Bekämpfung wird erschwert durch die große Regenerationsfähigkeit der Unkräu-
ter, sie sind anpassungsfähig auch an weniger zusagenden Standorten, von denen
sie immer wieder in die Bestände einwandern.


8.5.1 Einteilung der Unkräuter nach ihrer typischen Vermehrungsform

Samenunkräuter vermehren sich durch Unmengen von Samen, wurzeln oft nur flach
und schließen ihr Wachstum mit der Samenbildung ab. Die Verbreitung der Samen
besorgen Wind, Ameisen und andere Insekten. Die Samen können mehrere Jahre im
Boden liegen, ohne ihre Keimfähigkeit einzubüßen. Im Quadratmeter ruhen etwa
5000..300 000 Samen vieler Arten, von denen einige noch nach 20 oder 50 Jahren
keimen.
Nach dem Generationszyklus unterscheidet man:
1. Einjährige Unkräuter
Sie sind nicht winterfest und sterben deshalb im Herbst ab. Die Samen kei-
men erst nach Frosteinwirkung im Frühjahr, wodurch die Art sich gegen das
Aussterben schützt.
2. Überjährige Unkräuter
Sie keimen im Herbst, sind winterfest und müssen demzufolge auch im Winter
bekämpft werden. Blüte und Samen bilden sie im folgenden Jahr.
3. Zweijährige Unkräuter
Die Blüte erscheint im zweiten Standjahr
4. Mehrjährige Samenunkräuter
weisen Pfahl- oder Faserwurzeln auf und sind in der Lage, jedes Jahr Samen
zu bilden.
Generell darf man Samenunkräuter nicht blühen lassen. Ehe sie zu sehen sind -
im Keimlingsstadium - sollten sie durch Hacken bekämpft werden. Jäten muss man
schon, wenn diese das Stadium der kleinen Rosette durchlaufen. Bleiben sie im
Stadium der großen Rosette auf dem gehackten Land liegen, vermögen sie sich wie-
der zu erholen und erneut festzuwachsen.

Wurzelunkräuter sind durchweg mehrjährig, sie vermehren sich durch Samen und
durch Ausläufer. Man unterscheidet
1. Stengelausläufer = oberirdische Ausläufer
2. Unterirdische Stengelausläufer mit unterschiedlichen Ausbreitungstiefen
3. Wurzelausläufer.
Man muss beim Umgraben alle Wurzelstückchen sorgsam auslesen, da sich diese Un-
kräuter auch aus kleinen Stücken leicht zu regenerieren vermögen. Zur Bekämpfung
eignet sich die Zeit des Knospenschiebens und die der Blüte, da dann die Wurzel
die wenigsten Reservestoffe besitzt.


8.5.2 Bekämpfungsmethoden

Das Unkraut soll bekämpft werden, ehe man es sieht. Samenunkräuter sind am emp-
findlichsten im Keimstadium. Man wühle die Erde etwas auf - ziehen sich weiße
Fäden durch, wird es höchste Zeit. Die Hackarbeit wächst im Quadrat des Unkraut-
wachstums.

Mechanische Bekämpfung
1. Provokationsmethode

Durch günstige Bedingungen (Temperatur, Feuchtigkeit) bringt man die Samen
zum Keimen und zerstört den Keimling bei der Nachbehandlung durch Hacken
2. Austrocknungsmethode
Das Unkraut wird samt Wurzeln an die Oberfläche befördert, wo es austrock-
net. Vor dem Wiederanwachsen ist erneut zu grubbern, zu hacken oder zu
striegeln.
3. Erschöpfungsmethode
Oberirdische Teile werden sooft wie möglich entfernt, damit dem Unkraut
Assimilate (Aufbaustoffe) fehlen, bis es abstirbt. Durch zeitige Mahd kann
mindestens die Samenbildung unterdrückt werden. Eine Kulturreihe wird von
beiden Seiten her gehackt, das Hackenblatt soll nicht breiter als 3/4 des
Reihenabstandes sein.
4. Erstickungsmethode
Die Unkrautmasse wird mindestens 8 cm tief untergegraben, damit es wegen
Mangel an Licht und Luft zugrunde geht.
5. Verdämmungsmethode
Stark schattengebende Kulturen (z.B.Kartoffeln) lassen infolge Lichtentzu-
ges niedrigere Unkräuter kümmern.

Mit Egge und Striegel sind im Keimblattstadium bekämpfbar:
Ackerdistel, Ackerfuchsschwanz, Ackergauchheil, Ackerhellerkraut, Acker-
ochsenzunge, Ackerrittersporn, Ackersenf, Ackerspörgel, Ackerstiefmütter-
chen, Großer Ehrenpreis, Persischer Ehrenpreis, Erdrauch, Franzosenkraut,
Weißer Gänsefuß, Hederich, Hirtentäschel, Kamille, Klatschmohn, Zottiger
Klappertopf, Ausgebreitete Melde, Reiherschnabel, Sonnenwolfsmilch, Saat-
wucherblume, Rote Taubnessel, Einjähriges Rispengras, Vogelmiere, Rauhaar-
Wicke, Windhalm, Kleine Wolfsmilch

Kaum oder nicht bekämpfbar schon ab Keimblattstadium:
Ackerpfennigkraut, Flohknöterich, Klettenlabkraut, Pfirsichblättriger
Knöterich, Vogelknöterich, Windenknöterich

[RID, H.: Das Buch vom Boden, Ulmer Stuttgart 1984]

Thermische Bekämpfung
Pflanzliches Eiweiß gerinnt bei 50..60 °C.
1. Dämpfen von Erde macht Samen keimunfähig
2. Biologische Erwärmung
Sachgerecht aufgesetzter Kompost erreicht durchaus Temperaturen von
60 °C
3. Abflammen
Mit einer Propanflamme oder indirekt durch elektrisch erzeugtes Infrarot
wird das Unkraut erhitzt. Es braucht nicht zu verkohlen, bereits durch
Hitze angewelkte Pflanzen sterben nach zwei Tagen ab, können sich aber oft
aus der Wurzel regenerieren.
4. Heißwasserbehandlung
Ausgießen von kochendem Zuckerwasser

Chemische Bekämpfung
1. Totalherbizide zeigen keine besondere Selektivität, und die meisten
Wirkstoffe sind bei Überdosierung als Totalherbizid anzusprechen.
Ihre Anwendung beschränkt sich auf Plätze, Straßen und Wege (wo sie nie
in die Kanalisation gelangen dürfen; im öffentlichen Raum legen Kommunen
die Regeln fest) mit genügend großem Abstand zu den Kulturen, die sie auch
nicht durch Abdrift oder Abschwemmung erreichen dürfen.
2. Bodenherbizide sind wurzelwirksam und schädigen fast alle auflaufenden
Pflanzen, daher muss eine entsprechende Wartezeit bis zur Bestellung einge-
schaltet werden. Die Wirkung und Wirkungsdauer hängt von der Struktur, dem
pH-Wert und der Feuchtigkeit des Bodens ab. Schwere Böden vertragen höhere
Aufwandmengen, in trockenem Zustand dagegen kann der Erfolg ganz ausbleiben
und sich erst später nachteilig bemerkbar machen.
3. Blattherbizide
verätzen entweder an den Kontaktstellen die Blattmasse oder werden zunächst
von dieser aufgenommen und in der Pflanze weiter transportiert, es sind
dies Wuchsstoffherbizide, die in den Stoffwechsel eingreifen; oft stören
sie die Photosynthese.
Die selektiven Herbizide zeigen Vorzugswirkungen auf bestimmte Pflanzengattun-
gen; die sauber zu haltende Kulturart muss dagegen in mindestens einem Entwick-
lungsstadium unempfindlich gegen den Wirkstoff sein, daher ergeben sich begrenz-
te Anwendungszeiten:
VS, VP zur Voraussaat- und Vorpflanzanwendung ist eine bestimmte Wartezeit
bis zur Bestellung einzuhalten.
VA Vorauflaufbehandlung. Ist sie vorgesehen, achtet man auf die nötige Saat-
tiefe. Rechtzeitig vor dem Auflaufen muss die Behandlung erfolgen.
NA Nachauflaufverfahren oder Nachaustriebverfahren
dazu bedarf die Kultur einer gewissen Größe, um dem Mittel widerstehen zu
können
NP Nachpflanzanwendung
Sie soll erst nach dem Anwachsen der Setzlinge erfolgen. Beim Mais z.B.
kann man Mittel sparen, wenn nur das schmale Saatband behandelt wird und
der größere Abstand dazwischen mit mechanischen Methoden unkrautfrei ge-
halten wird.

Bei allen Herbiziden halte man sich streng an die Vorschriften der Hersteller;
Herbizideinsatz auf reinen Sand-, Ton- oder Humusböden (mit über 6 % Humus)
muss generell unterbleiben.
In Gewürz- und Heilkräuterbeständen sowie in Kulturen für die Kindernahrung
sollen ebenfalls keine Herbizide eingesetzt werden, da sowohl der Wertstoff-
gehalt beeinträchtigt werden kann und auch der totale Abbau des Mittels nicht
zu garantieren ist. Wenn Aufwandmengen angegeben sind, gilt der niedrige Wert
für leichte, der obere Wert für schwere Böden.

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8.5.3 Unkräuter als Bodenanzeiger

Trotz ihrer Robustheit bevorzugen einige Unkräuter bestimmte Böden und bestimmte
Bedingungen, woraus auch Rückschlüsse auf die Bodenverhältnisse zu ziehen sind.
Zur Beurteilung zieht man die ganze Pflanzengesellschaft heran, da Unkräuter
in Monokulturen nicht dem vollen Wettbewerb ausgesetzt sind.
Von den etwa 300 Unkrautarten treten meist nur 10..12 auf einmal auf.

Tafel 8.5.1: Unkräuter als Bodenanzeiger

1. Nässe in tieferen Bodenschichten
Ackergänsedistel, Ackerkratzdistel, Ackerschachtelhalm, Huflattich,
Pfeifengras, Wasserknöterich

2. Staunässe in der Krume
Ackerhundskamille, Ackerminze, Brennender Hahnenfuß, Flatterbinse,
Gänsefingerkraut, Kriechender Hahnenfuß, Mauseschwänzchen, Rasenschmiele,
Rispengras, Sumpfdotterblume, Sumpfziest, Waldschachtelhalm, Weißes
Straußgras, Wilde Sumpfkresse

3. Feuchte Krume
Krötenbinse, Aufrechtes und Liegendes Mastkraut, Mittlerer Wegerich,
Sumpfruhrkraut, Wasserpfeffer (Pfefferknöterich)

4. Starke Bodenversauerung
Ackerspark, Borstgras, Drahtschmiele, Einjähriger Knäuel, Fadenhirse,
Grannen-Ruchgras, Hasenklee, Heidekraut, Kleiner Sauerampfer, Lämmersalat,
Sandstiefmütterchen, Wollgras

5. Beginnende Bodenversauerung
Ackerfrauenmantel, Acker-Ochsenzunge, Echte Kamille, Feldehrenpreis,
Gemeiner Windhalm, Habichtskraut, Hederich, Kanadisches Berufkraut,
Knöterich, Rauhhaarwicke, Sandstiefmütterchen, Schachtelhalm, Sternmiere

6. Kalkarmer Boden, Kalkmangel
Ackerhellerkraut, Ackerhoniggras, Ackerhundskamille, Ackerknäuel (Grüner
Knäuel), Ackerschöterich, Ackerspörgel, Berg-Sandglöckchen, Glattes Bruch-
kraut, Dreizahn, Fadenhirse, Filzkraut, Hahnenfuß, Hederich, Heidekraut,
Hühnerhirse, Knöterich, Lämmersalat, Nachtschatten, Pfeifengras, Saatwu-
cherblume, Sandstiefmütterchen, Sauerampfer, Sauerklee, Silbergras

7. Karbonat bevorzugend
Ackersteinsame, Feldrittersporn, Flughafer, Gezähntes Rapünzchen, Hunds-
petersilie, Kleine Wolfsmilch

8. Karbonatzeiger
Ackerhaftdolde, Ackerkohl, Blauer Gauchheil, Dreihörniges Labkraut,
Gemeiner Nadelkerbel, Möhrenhaftdolde, Rundblättriges Hasenohr, Sommer-
Adonisröschen, Vaillants Erdrauch

9. Kalkboden
Ackerehrenpreis, Ackerfuchsschwanz, Ackergauchheil, Ackerhellerkraut,
Ackerhohlzahn, Ackerklee, Ackerrittersporn, Ackerröte, Ackerschwarzkümmel,
Ackersenf, Ackerwachtelweizen, Ackerwinde, Anemone, Aufrechter Ziest, Bär-
lauch, Bartgras, Bingelkraut, Bunte Kronwicke, Breitsame, Färber-Hundska-
mille, Gamander, Gänsedistel, Gefiederte Zwenke, Gundermann, Hainwachtel-
weizen, Kamille, Klatschmohn, Kleines Teufelsauge, Kreuzkraut, Leberblümchen,
Lichtnelke, Luzerne, Rote Taubnessel, Saatwucherblume, Saudistel, Sichel-
möhre, Sichel-Hasenohr, Silberdistel, Sonnenwolfsmilch, Stengellose Kratz-
distel, Storchschnabel, Taubenskabiose, Waldmeister, Wegwarte, Kleiner
Wiesenknopf, Wiesensalbei, Wilde Karde

10. Skelettbodenzeiger
Ackerwitwenblume, Bereifte Brombeere, Gemeine Sichelmöhre, Purpur-Fett-
henne, Rapunzelglockenblume, Skabiosen-Flockenblume

11. Stein- und Sandboden, Trockenheitszeiger
Ackerklee, Besenginster, Bocksbart, Grasnelke, Hauhechel, Heidekraut,
Hungerblümchen, Kleine Serradella, Sandsegge, Schafschwingel, Silbergras,
Sophienkraut, Spark, Windhalm

12. Schwachlehmiger Sand
Ackerspörgel, Kreuzkraut, Schafgarbe, Schöllkraut, Wegerich
13. Kulturfähiger Sand
Ackerehrenpreis, Ackerklee, Hederich, Kamille, Klatschmohn, Kornblume,
Kornrade, Leinkraut, Reiherschnabel, Sandvergissmeinnicht, Zypressenwolfs-
milch

14. Sandiger Lehm
Ackerhohlzahn, Ackersenf, Ackerwachtelweizen, Ackerziest, Kratzdistel,
Löwenzahn, Vogelknöterich, Wegwarte

15. Lehm- und Tonboden
Ackerschachtelhalm, Ackerfuchsschwanz, Ackerhahnenfuß, Ackertrespe, Disteln,
Erdrauch, Gänsefuß, Großer Wegerich, Huflattich, Klette, Knollige Platterb-
se, Löwenzahn, Roggentrespe, Saatwucherblume, Wilder Mohn, Ziest

16. Humuszeiger
Binse, Knopf- und Wollgras, Wiesenknöterich
17. Humus- und Stickstoff bevorzugend
Ackersenf, Erdrauch, Klaffmund (Kleiner Orant), Klatschmohn, Persischer
Ehrenpreis, Sonnwendige Wolfsmilch

18. Stickstoffzeiger
Ackerschotendotter, Ackersenf, Beifuß, Einjähriges Bingelkraut, Große und
Kleine Brennnessel, Kleinblütiges und Zottiges Franzosenkraut, Zurückge-
bogener Fuchsschwanz, Vielsamiger und Weißer Gänsefuß, Gartenwolfsmilch,
Gauchheil, Hühnerhirse, Gemeines Kreuzkraut, Kohlkratzdistel, Melde, Schwar-
zer Nachtschatten, Europäischer Sauerklee, Taubnessel, Vogelmiere, Wegmalve,
Wiesenkerbel

19. Nitratzeiger
Brennnessel, Weißer Gänsefuß, Knäuelgras, Schwarzer Holunder, Schwarzer
Nachtschatten, Vogelmiere

20. Nährstoffmangel anzeigende (besonders Stickstoffmangel)
Aufrechte Trespe, Binsen, Borstgras, Drahtschmiele, Hasenohr, Hederich,
Heidekraut, Hungerblümchen, Habichtskraut, Mäuseschwänzchen, Pfeifengras,
Saatwucherblume, Kleiner Sauerampfer, Schachtelhalme, Seggen

21. Schlechte Bodengare
Bilsenkraut, Disteln, Knöterich, Nachtschatten
22. Salzpflanzen, Alkalizeiger (Kali)
Ackergauchheil, Erdbeerklee, Erdrauch, Weißer Gänsefuß, Melde,
Schwarzer Nachtschatten, Salzkraut, Kleines Tausendgüldenkraut


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