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VERDAUUNG

 
Verdauung

Eine geregelte, (unbemerkte) Verdauung ist wohl der Wunsch eines jeden.
Erheblichen Anteil haben ballaststoffreiche Ernährung, gutes Kauen, stressarme
Nahrungsaufnahme, ausreichende Flüssigkeitszufuhr, regelmäßiger Stuhlgang. Appe-
titanregend sind vor allem Bitterstoffe, die über das Nervensystem die Speichel-
bildung im Mund anregen. Das befördert die Stärkeaufspaltung durch das Enzym
Amylase; die gesteigerte Magensaftsekretion ergibt höhere Salzsäure und Pepsin-
zugabe zum Speisebrei, die angeregte Gallensekretion verdaut die Fette besser.
Zum rechten Ankurbeln der Verdauung sind bitterstoffhaltige Aperitifs eine halbe
Stunde vor einem Festessen angebracht.
Im Darm mit einer Oberfläche von etwa 350..400 m² befindet sich rund 1 kg
Bakterienmasse, die auch ein Drittel des Stuhls ausmacht. Etwa ein Drittel der
aufgenommenen Energie setzt die Darmflora um. Auf äußere Einflüsse reagiert
die Darmflora sehr schnell und kann binnen Stunden ihre ohnehin individuelle
Zusammensetzung aus den etwa 500 verschiedenen Stämmen von Mikroorganismen
ändern. Sie bauen von der Darmwand noch nicht aufgenommene Stoffe ab und stel-
len dem Wirt Mensch dafür Vitamine, Hormone und Eiweißbausteine zur Verfügung.
Einigen als "gut" beleumundeten Mikroorganismen werden besondere Eigenschaften
zugeschrieben, weil sie unerwünschte Keime als Nahrungskonkurrenten hemmen
oder das Immunsystem stimulieren. Verschiedene Hersteller reichern Lebensmit-
tel mit solchen Keimen an, die auch die Hürde Magensaft überstehen sollen und
sie nennen diese Lebensmittel probiotisch.
Präbiotische Lebensmittel oder Aktivballaststoffe fördern einige "gute" Darm-
bakterienstämme (z. B. Bifidobakterien). Zu diesen Ballaststoffen gehören Oli-
gosaccharide (Mehrfachzucker wie Oligofructose, z.B. bis 15 g Inulin pro Tag),
man kann auch die Milchsäurebakterien gewissermaßen mit Milchzucker (Laktose)
bevorzugt füttern.

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Die nachfolgenden Ausführungen gehen etwas mehr in die Tiefe:

Mund (os, gr. stoma) und Speiseröhre (gula, gr. Oesophagus)
FUNKTION Aufnahme der Nahrung, Zerkleinerung, Durchspeichelung
ANATOMIE Länge der Speiseröhre rund 25 cm.
Transport durch die Tunica muscularis, ausgekleidet mit einer
dreischichtigen Schleimhaut (Lamina epithelialis, L. propria, L.
muscularis mucosae
) bis zu einem Schließmuskel (M. sphincter
abdominalis
) vor dem Magenmund (Cardia).
MECHANIK Kaukraft über 100 kp.
Weitertransport in drei Phasen des Schluckaktes:
1. Der Mundinhalt wird durch Hochdrücken der Zunge in den Rachen-
raum gedrückt.
2. Aus dem Rachenraum in die Speiseröhre, dabei Verschluss der
Luftröhre und Anhalten der Atmung.
3. Peristaltische Weiterbeförderung durch die Speiseröhre, wobei
sich die Wandmuskulatur bis zum Mageneingang ringförmig ein-
schnürt. Dauer der peristaltischen Welle 5 s.
CHEMIE Etwa 0,2..2 l Speichel/d. Die Zusammensetzung richtet sich nach
der Nahrung, die Menge auch nach Gesichts-, Geruchs- und psychischen
Reizen. Speichel enthält 99 % Wasser; in 100 ml: 200..500 mg Gesamt-
protein, 200..400 mg Muzin, 11..28 mg reduzierende Kohlenhydrate,
20..55 mg Na+, 50..60 mg K+, 4..11 mg Ca++, 0,2..1,3 mg Mg++,
30..60 mg Cl-, 12..26 mg Phosphat; pH=6,6. Muzin als Gleitmittel.
Mit einer Amylase (Ptyalin) beginnt die Kohlenhydrat-Spaltung. Der
Speichel besorgt die Verdünnung (Senkung der Viskosität), die Gleit-
fähigkeit und Lösung von Geschmacksstoffen.
SIGNALE Das Kauen erfolgt willkürlich oder reflektorisch. Der Kaudruck
wird durch einen Tonusreflex durch Rezeptoren in der Wangenmus-
kulatur dem Widerstand der Nahrung angepasst.
Schlucken nach Reflex von Berührungsrezeptoren im Zungengrund,
Rachenwand und Gaumenbögen, weiter geleitet vom Nervus vagus.
Der Schließmuskel wird durch die Druckdifferenz zwischen Speise-
röhre und Magen geöffnet.
KRANKHEITEN (Auswahl): Divertikel, Entzündungen, Karzinom, Krämpfe, Ösophagus-
achalasie, Schluckstörungen, Sodbrennen, Säurereflux, Varizen,
Verengungen, Zwerchfellbruch
PFLANZEN bei Appetitlosigkeit
Andorn Ehrenpreis Hopfen Silberdistel
Angelika Eisenkraut Isländisches Moos Sterndolde
Artischocke Enzian Kalmus Schafgarbe
Augentrost Estragon Krauseminze Tausendgüldenkraut
Benediktenkraut Fieberklee Lindenblüten Wegwarte
Brunnenkresse Gamander Löwenzahn Wermut
Dill Gundermann Majoran
Dost Hafer Meerrettich
Eberraute Hohlzahn Petersilie

bei Sodbrennen
Nicht zu viel, nicht zu fett, nicht zu scharf, nicht zu süß essen. Mehrere
kleinere Mahlzeiten. Beim Schlafen Kopf nicht zu tief halten. Morgens Müsli
(Haferflocken mit Fruchtsaft). Versuchen Sie es mit dem Fletschern (nach
Horace FLETCHER, 1849-1919), der empfohlen hatte, jeden Bissen 32 Mal zu
kauen. Es wäre schon viel gewonnen, wenn man den Mund immer leerkaute, ehe
ein neuer Bissen zugeführt würde.
Meiden:
Kaffee Nikotin Porree Zwiebeln
Alkohol Knoblauch Schnittlauch
Bevorzugen:
Frische Kräuter Kürbiskerne Magnesiumsilikat 50 ml Saft von
Kräutertee Mandeln Natron rohen Kartoffeln
Kamille Nüsse Heilerde vor den Mahlzeiten
Malve Samen Ingwer 3 Wochen lang
Melisse Sonnenblumenkerne
Stilles Wasser Johannisbeersaft, rot

Magen, Ventriculus (grch. gaster)
FUNKTION Zwischenspeicher für den Speisebrei (Chymus). Verdauung von Eiweiß
durch Magensaft, Beginn der Fettverdauung und Aufschluss weiterer
unverdaulicher Nahrungsbestandteile, Abtötung von Mikroorganismen.
ANATOMIE Oberer Teil weit (Fundus), häufig mit verschluckter Luft, etwas
darunter Einmündung der Speiseröhre (Kardia), nach unten zu ver-
jüngt sich der Magen. Der leere Magen kann darmähnlich dünn sein.
Magenwände von Schleimhautfalten überzogen. Die Belegzellen der
Fundusdrüsen sondern bei Nahrungszufuhr Salzsäure und Enzyme (Pepsi-
nogen, Chymosin (=Rennin)) ab, die Nebenzellen erzeugen Schleim zum
Schutz der Magenwände.
MECHANIK Im oberen Magenteil herrscht tonische Kontraktion, im unteren
Peristaltik vor, wodurch der Speisebrei mit Magensaft durchmischt
und weiter transportiert wird in 2..4 sich überlappenden Wellen je
Minute, die Geschwindigkeit der Wellen beträgt 30 cm/min. Die Stär-
ke der Wellen nimmt zum Magenausgang hin zu. Der Verschluss der
Kardia zum Oesophagus ist umso fester, je saurer der Mageninhalt und
je voller der Magen ist.
CHEMIE Vom Magensaft werden in Ruhe 10 ml/h, beim Essen bis 1 l/h abge-
sondert. Der Magensaft enthält bis 0,5 % Salzsäure, Phosphate,
organische Säuren, Schleim, Enzyme (besonders 0,3 % Pepsin, das
die Spaltung der Proteine einleitet; Lipasen, Rennin, Kathepsin
als fettspaltende und kaseinflockende Stoffe), Hämopoetin für
die Verwertung von Vitamin B12.
Die Salzsäure HCl aus den Belegzellen der Magenfundusdrüsen, wo die
Wasserstoffionen vermittels der Carboanhydrase im Austausch gegen
Hydrokarbonat herkommen, aktiviert eiweißverdauende Enzyme, verhin-
dert Gärung und Fäulnis, löst Gerüsteiweiße, pflanzliche Hüllen und
schwerlösliche Salze auf. Reize durch Eiweißabbauprodukte (Peptide),
Alkohol, Koffein, Gewürze; die erste Stufe der Sekretion entsteht
durch Geruch und Geschmack, die zweite Stufe bei Ankunft im Magen.
Das Hormon Gastrin, namentlich aus der Pylorusschleimhaut, regt
Salzsäure- und Schleimabsonderung, Gastrozymin die Enzymsekretion
an.
Pepsin stammt aus den Magenfundusdrüsen, es ist als Pepsinogen
gespeichert. Pepsin spaltet die Nahrungseiweiße hydrolytisch zu
noch hochmolekularen, aber schon wasserlöslichen Peptiden.
Pepsin ist nur im sauren Milieu (pH=1,5..2,0, 0,1..0,2 % HCl)
wirksam. Kathepsine lassen Kaseine gerinnen, pH=3,5..4 optimal.
Fette werden im Magen nur wenig gespalten, sie lassen im Zwölf-
fingerdarm den Hemmstoff Enterogastron entstehen, der die Magen-
peristaltik bremst, weshalb fettreiche Mahlzeiten länger im
Magen verweilen (bis zu 5 Stunden). Auch die Stärkeverdauung ist
im Magen gering, anfänglich wird zwar die Zerlegung durch Spei-
chel-Amylase fortgesetzt (daher ist gutes Kauen wichtig!), aber
dann durch das saure Medium gestoppt. Nur Disaccharide werden
durch die Säure aufgespaltet.
SIGNALE Chemische Reize in der Mundhöhle bewirken vegetative Reflexe.
Bewegung erfolgt nicht auf Reflexe hin, sondern auf Reize durch
Dehnung und Eiweißabbauprodukte über muskeleigene Ganglienschich-
ten. Nach Druckanstieg durch die Peristaltik wird der Magenausgang,
der Ringmuskel M. sphincter pylori ("Pylorus", der "Pförtner")
schubweise geöffnet. Durch chemischen Reiz des Dünndarms und dessen
Abgabe des Hormons Enterogastron schließt der Pylorus wieder. Durch
Stress, Schreck, Sport kurz nach einer Mahlzeit kann der Übertritt
des Speisebreis in den Zwölffingerdarm verzögert werden, hingegen
kann leichte körperliche Bewegung den Fortgang fördern.
KRANKHEITEN (Auswahl) Gastritis, Magengeschwüre, Befall mit Helicobacter
pylori
, Pylorusstenose, Erbrechen, Karzinom, Reizmagen
PFLANZEN bei Magen- und Darmbeschwerden
Andorn Holunderblüten Leinsamen Sanikel
Anis Hopfen Lindenblüten Schafgarbe
Angelika Ingwer Majoran Schwarzkümmel
Baldrian Melisse Senfkörner
Bohnenkraut Kalmus Meisterwurz Süßholz
Bruchkraut Kamille Mutterkraut Tausendgüldenkraut
Eibisch Kardamom Nelkenwurz Thymian
Erdbeerblätter Kartoffelsaft Oregano Walnussblätter
Fenchel Königskerze Paprika Wermut
Frauenmantel Koriander Pfeffer Wiesenknopf
Estragon Kümmel Pfefferminze Wolfstrapp
Gamander Melisse Ringelblume Zwiebelsaft
Gänsefingerkraut Labkraut Robinie

Bei den Dreimonatskoliken der Säuglinge wird oft der Bauch mit Kümmelöl ein-
gerieben, was dem Schreien nur kurzzeitig abhelfen mag. Ich weiß etwas viel
Besseres: Sie legen das Baby vor sich auf den Wickeltisch, lassen das Hemd-
chen auf seinem Bäuchlein, beugen sich herab und summen durch die halbgeöff-
neten Lippen auf den Bauch. Sie kennen das sicher schon: Es wird warm. Die
Wärme und die Vibrationen werden die Krämpfe lösen. Kaum eine andere Aktivi-
tät nach dem Stillen sorgt für so einen innigen Kontakt zwischen Eltern und
Kind und vielleicht erleben Sie sogar, wie Ihr Baby bei den nächsten Beschwer-
den auf seinen Bauch deutet. Und - das Summen tut auch Ihnen gut!

Erbrechen, Brechreiz und Übelkeit
Die meisten Giftpflanzen, bestimmte Salze (auch größere Mengen Kochsalz),
führen in entsprechender Menge zum Erbrechen, auch gebräuchliche Pflanzen
können bei Überdosierung so wirken:
Bärentraube Granatapfelrinde Senf Yohimbe
Bucheckern Kava Kava Sennesblätter
Ginkgo Safran Waldmeister
Gegen Übelkeit, Brechreiz und Erbrechen sind gebräuchlich:
Anis Ingwer Mandarine Speierling
Basilikum Kammminze Melisse Tamarinde
Bohnenkraut Kardamom Nelkenwurz Zimt, Gelbseidiger
Erzblatt Koka Pfeffer
Fieberklee Kümmel Pfefferminze
Hanf Leinkraut Schwarznessel
Mitunter sind zuverlässige Brechmittel gewünscht, als geeignet erscheinen
Benediktenkraut Faulbaumrinde Olivenöl
Brechwurzel Haselwurz
Efeubeeren Kreuzdornrinde

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Dünndarm, Intestinum tenue
FUNKTION Transport des Chymus, Hauptort der Verdauung und Resorption der
zerlegten Nahrungsbestandteile
ANATOMIE Länge rund 6 m. Die Oberfläche ist zur besseren Resorption durch
Falten, Zotten und Krypten (Einbuchtungen) vergrößert.
1. Zwölffingerdarm, Duodenum
Länge 25..30 cm, oberer Teil nahezu glatt, absteigender Schen-
kel mit besonders vielen (KERKRINGschen) Falten. Becherzellen
und BRUNNERsche Drüsen schützen mit ihrem Schleim vor dem
salzsauren Chymus und damit vor der Selbstverdauung. In das
Duodenum münden gemeinsam Pankreas- und Gallengang.
2. Leerdarm, Jejunum
2/5 der Dünndarmlänge. KERKRINGsche Falten. Zottendichte etwa
20..50 Zotten/mm², insgesamt etwa 10 Millionen. Die Zotten
(Villi intestinales) sind in das Blutkapillarnetz und in das
Lymphkapillarnetz eingebunden. 2/5 der Dünndarmlänge. Geht
ohne scharfe Grenze über in den
3. Krummdarm, Ileum
3/5 der Dünndarmlänge. Neben Zotten beetartige Anhäufungen von
lymphatischem Gewebe. Das Ileum endet an der BAUHINschen Klappe,
wo der Dünndarm in den Dickdarm einmündet.
Die Drüsenepithelien haben eine kurze Lebenszeit (1..5 Tage!),
werden aber schnell erneuert. Die Hälfte der Stuhlmasse besteht
aus abgeschilferten toten Zellen. Bei Mangel an den Vitaminen A,
Folsäure und B12 ist die Erneuerung des Darmepithels gestört.
MECHANIK Rhythmische Kontraktion der Ringmuskulatur alle 5..10 s mit einer
maximalen Geschwindigkeit von 5 cm/s.
Zusätzlich wechselnde Kontraktion der Längsmuskulatur lässt den
Darminhalt 10..20mal/min hin und her pendeln und durchmischen, so
dass die Schleimhaut maximal resorbieren und ihre Sekrete einarbei-
ten kann. Weitertransport durch Peristaltik (wellenförmige Kon-
traktionen der Ringmuskulatur, Geschwindigkeit 2 cm/min, selten
bis 25 cm/min). Zur Verbesserung der Resorption dient auch die
rhythmische Verkürzung der Zotten (Zottenbewegung, Zottenpumpe)
etwa alle 10..20 s. Resorbierte Kohlenhydrate und Aminosäuren wer-
den über das Blut, Fettstoffe überwiegend auf dem Lymphweg abtrans-
portiert.
CHEMIE Der eingeleitete Pankreassaft enthält 98..99 % Wasser, 0,5 % Alka-
lihydrogenkarbonate (160 mval/l), Enzyme: Proteasen (Trypsinogen,
das erst durch Enterkinase und Autokatalyse zu Trypsin aktiviert
wird; Chymotrypsinogen, Procarboxypeptidase, Proelastase), Ribo-
nuklease, Amylase, Lipase. pH=(7,5..)8,5. Tagesmenge 800 ml. Fett-
zufuhr fördert die Pankreassekretion.
Galle
Die Gallenblase fasst etwa 50 ml. Durch Resorption von Natrium-
chlorid und Wasser wird die Lebergalle in wenigen Stunden auf das
5..10fache eingedickt. Blasengalle ist schwach alkalisch, sie ent-
hält 86 % Wasser, 9 % gallensaure Salze (20..30 g/d) und 1 % Muzin,
Gallenfarbstoffe, Cholesterin, Fettsäuren, Phospholipide, Komplexe
mit Schwefel- und Glukuronsäure. Bei einem Druck von 1 kPa (100
mmWS) fließt Galle ins Duodenum ab.
Darmsaft
stammt aus Drüsenzellen der Propria und der Submukosa. Er enthält
98..99 % Wasser, Enzyme (Enteropeptidase aktiviert Trypsinogen,
Aminopeptidasen und Dipeptidasen spalten Peptide bis zu Aminosäuren
auf, alpha-Glukosidase spaltet Maltose und Saccharose, ß-Galaktosi-
dase spaltet Laktose, alpha-1,6-Amylase knackt die Bindungen des
Amylopektins, Nukleotidasen zerlegen Nukleotide in Nukleoside und
Phosphat). pH=7,5..9.
Leber- und Bauchspeicheldrüsensekrete neutralisieren den sauren
Chymus bis in den alkalischen Bereich (pH=7,5..7,8) und erhöhen
auch das Chymusvolumen; aus den Drüsen der Darmschleimhaut kom-
men weitere 1,5..2 l Sekret dazu. Durch die Neutralisation werden
die Pankreasenzyme nicht mehr durch das Magensaftpepsin angegrif-
fen. Die Gallensäuren (Glykocholsäure, Taurocholsäure) emulgieren
die Lipide sowie fettlösliche Vitamine und vergrößern damit die
Oberfläche. Die Resorption von Aminosäuren benötigt ATP als Ener-
giespender. Die Resorption verläuft relativ selektiv: Zuerst Chlo-
rid, dann Na-Ionen, relativ langsam Mg-Ionen, so dass durch das
Magnesium der Chymus einen höheren osmotischen Druck hat als das
Blut (dadurch wirkt Magnesium abführend). Kohlenhydrate werden nur
als Monosaccharide resorbiert, Hexosen schneller als Pentosen in
der Reihenfolge Galaktose, Glucose, Fructose, Mannose. Eine Stei-
gerung der Kaliumionenkonzentration steigert die Durchlässigkeit
gegenüber Glucose, Calciumionen wirken entgegengesetzt.
Nicht hydrolysierte Peptide oder Nahrungs-Proteine wirken körper-
fremd und werden normalerweise nicht resorbiert, Störungen der
Abwehr äußern sich als Nahrungsmittelunverträglichkeit oder Aller-
gie.
Fette werden mehrstufig zu Fettsäuren und Glyzerin verseift und
getrennt resorbiert; in den Lymphräumen der Zotten erfolgt eine
Resynthese zu Neutralfett. Auf diese Weise gelangen 60 % des Fettes
in den Lymphstrom bis zum "Brustmilchgang" (Ductus thoracicus),
der in den linken Venenwinkel (unter dem Hals) mündet. Der Rest der
Fette wird mit dem Blutstrom über die Pfortader zur Leber transpor-
tiert. Die Darmschleimhaut produziert verschiedene Enzyme (Carbo-
hydrasen, Peptidasen), die Krypten liefern Dipeptidase sowie Sero-
tonin für die Kontraktion der glatten Muskulatur des Darmes und zur
Einstellung des Blutdruckes.
Die Darmabschnitte resorbieren unterschiedlich:
Duodenum Jejunum Ileum
Fette----------------------
Aminosäuren----------
Glucose---------------------
Eisen---------
Phosphate-
Calcium------ Gallensäuren
Folsäure Vit. B12

SIGNALE Steuerung der Pendelbewegung, der Segmentationsbewegung und der
Peristaltik durch chemische und Dehnungsreize über Plexus myenteri-
cus
(Ganglienzellgruppe zwischen den Muskelschichten) und Plexus
submucosus
(Ganglienzellgruppe unter der Schleimhaut). Der Nervus
vagus
kann fördernd, der Sympathikus hemmend darauf einwirken.
Fremde Einflüsse (z.B. psychische) können den Vagus oder den Sym-
pathikus beeinflussen. Die Zottenbewegung steuert der Plexus sub-
mucosus
auf mechanische oder chemische Reize (Hormon Villikinin)
hin. Nach Eintritt des Chymus wird von der Dünndarmschleimhaut Pan-
kreozymin-Cholezytokinin abgegeben, das die Entleerung der Gallen-
blase anregt. Fette, Proteine und Sekretin stimulieren die Gallen-
sekretion.
Kurz nach dem Eintritt des Speisebreis finden Rezeptoren (Sensor-
zellen) heraus, ob Allergene enthalten sind. In solchem Fall werden
alle folgenden Darmabschnitte gewarnt, die Resorption wird einge-
stellt, stattdessen aber Schleim und Gas erzeugt, um den gefährli-
chen Nahrungsbrei beschleunigt - bis zum Durchfall - loszuwerden.
Alkoholische Aperitifs - etwa eine halbe Stunde vor dem Essen -
vermögen u.U. die Sensoren zu lähmen, so dass allergische Reak-
tionen eventuell abgeschwächt werden.
KRANKHEITEN (Auswahl): Brüche (Hernien), Divertikel, Geschwüre, Ileus, Karzi-
nome, Koliken, Malabsorption (Zöliakie, Sprue), Morbus Crohn,
Whipple-Krankheit
PFLANZEN Pflanzen bilden mitunter zur Abwehr von Fraßfeinden Abwehrstoffe
(Phytoalexine) wie z.B. Lektine. Manche Lektine lähmen 2..4 Stun-
den nach der Aufnahme die Darmzotten, die sich erst nach Stunden
(bis 20) wieder erholen. Während dieser Zeit können unvollständig
abgebaute Substanzen resorbiert werden und zu Gesundheitsstörungen
bzw. Nahrungsmittelallergien führen.
bei Leber- und Gallenflussstörung
Andorn Eisenkraut Leinkraut Ringelblume
Artischocke Enzian Lindenblüten Sauerkirschsaft
Bärlapp Faulbaum Mariendistel Tüpfelhartheu
Benediktenkraut Hafer Odermennig Wegwarte

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Dickdarm, Intestinum crassum
FUNKTION Eindickung des Dünndarminhalts durch Wasserresorption zu Kot
ANATOMIE Länge 1,2..1,4 m. Hat keine Darmzotten, dafür Saumepithel bis in
das obere Drittel der Krypten. Die dichtstehenden Krypten fassen
zahlreiche Becherzellen. Aus den Krypten stammt relativ sauerer
Schleim als Gleitmittel. Von physiologischer Darmflora besiedelt.
Abschnitte
Blinddarm, Caecum, Zökum
Er ist der weiteste Dickdarmabschnitt, Länge rund 7 cm,
individuell sehr verschieden. Daran der Wurmfortsatz, Appendix,
durchschnittliche Länge 9 cm (individuell bis 30 cm)
Grimmdarm, Colon
Eigentlicher Dickdarm ("Dickdarm" deutet nur auf die Dehnbar-
keit hin, er kann sogar dünner als der Dünndarm sein). Durch-
laufende Längsmuskelbänder (Taenia). Zwischen den Taenien befin-
den sich die Haustra coli ("Schöpfeimer") als Vorbuchtungen zwi-
schen tiefen Einschnürungen der Ringmuskulatur. Die Haustren
wandern mit der Peristaltik über die Darmoberfläche ("Fließen
der Haustren"). In 24 Stunden erfolgen zwei- bis dreimal starke
Vorschübe.
Mastdarm, Rectum
ab einer Einengung des Colons, Länge 15..20 cm. Die Ampulla
recti
ist ein dehnbarer Abschnitt zur Ansammlung des Faeces
vor der Defäkation (Stuhlgang).
Abschluss mit dem Schließmuskel Musculus sphincter ani internus
und außen mit dem M. sphincter ani externus.
MECHANIK Die Entleerung des Enddarms folgt auf einen Reflex des vegetativen
Nervensystems. Die Dehnung der Wand des Enddarmes verursacht
große Kolonbewegungen, das Einsetzen der Bauchpresse durch Kontrak-
tion der Bauchwandmuskulatur mit einem Druck von 25 kPa (200 mm Hg)
und höher sowie die Öffnung der Schließmuskeln realisieren die
Defäkation. Ein zu Regelmäßigkeit erzogener Darm leitet den Entlee-
rungsvorgang durch Schleimabsonderung und Druckerhöhung (auch durch
Schaffung eines geeigneten Milieus für gasbildende Bakterien) für
10..15 min ein. Verpasst man den geeigneten Zeitpunkt, dickt er den
Kot weiter ein, im schlechtesten Fall bis zur Verstopfung (Obsti-
pation).
CHEMIE Besonders bei eiweißreicher Ernährung verursachen Enterokokken,
Milchsäurebakterien, Escherischia coli u.a. Fäulnis aus nicht-
resorbierten Aminosäuren, es entstehen Ammoniak, übelriechende
Amine (Kadaverin, Putreszin, Histamin) und Phenole (Skatol, Indol
durch Bacillus putrificus). Die Fäulnisprodukte werden zum Teil
resorbiert bzw. in der Schleimhaut durch Enzyme oxidiert. Auch die
Leber wandelt sie um (Glukuronide aus Phenolen) oder verestert sie
mit Schwefelsäure.
Namentlich bei Pflanzenfressern bauen die Mikroorganismen Fett und
Kohlenhydrate (Zellulose) zu flüchtigen Fettsäuren (Essigsäure,
Propionsäure, Buttersäure, der pH-Wert fällt bis auf pH=4,5),
Kohlendioxid und Methan ab, ferner erzeugen sie Vitamine (K, B).
Die Dickdarmschleimhaut produziert wenig Enzyme (Amylase, Inverta-
se, Peptidase), aber mehr Muzin aus Becherzellen. Muzin bindet
Wasser, mit ihm werden auch Calcium und Magnesium als unlösliche
Salze ausgeschieden, sofern die Säurereste für eine Ausscheidung
über die Nieren fehlen.
Stuhlmasse durchschnittlich 150..250 g/d, Trockenmasse etwa 30..50
g/d. Die Hälfte des Kots besteht aus abgestorbenen Bakterien (1 g
Kot enthält 15 Milliarden Bakterien!), die andere Hälfte aus abge-
schilferten Epithelzellen, Fettsäuren, Ballaststoffen (Zellulose,
Lignin, Pektin), Gallenfarbstoffen, Mineralien.
SIGNALE Es erfolgt eine starke Beeinflussung durch das Gehirn, das den
Stuhldrang wahrnimmt. Der Stuhldrang stammt einesteils vom Fül-
lungsgrad, andererseits durch vegetative Reflexe (Gewöhnung durch
Regelmäßigkeit). Der Parasympathikus vermittelt die Steigerung
der Muskelanspannung. Das vegetative Nervensystem wirkt auf die
Schleimhaut, wonach die Becherzellen mehr Schleim absondern. Durch
einen noch nicht definierten Mechanismus (z.B. durch reduzierte
Resorption) kann auch der Druck durch Darmgase kurzzeitig erhöht
sein. Der Stuhldrang ist umso stärker, je schneller sich das Rek-
tum gefüllt hat, der Reflex setzt im Allgemeinen über 6,5 kPa
(50 mm Hg = 50 Torr) ein. Unter extremen Bedingungen (z.B. Angst)
kann die Erregung des Sympathicus in eine Überbelastungshemmung
umschlagen, wonach eine Massenperistaltik den gesamten Darm ent-
leert.
KRANKHEITEN (Auswahl): Appendizitis, Colitis ulzerosa, Colon irritable, Dia-
rrhoe, Dysbakteriosen (Paratyphus, Salmonellose, Typhus, Cholera),
Enddarmvorfall, Entzündungen, Karzinom, Proktitis, Verstopfung
Falls es mit der Verdauung nicht wie gewünscht klappt, dann hilft vielleicht
ein Kräutlein:
Pflanzen bei Blähungen
Angelikawurzel Diptam Liebstöckel Schafgarbe
Anis Eberraute Lindenblüten Schwarzkümmel
Augentrost Fenchel Majoran Sonnenblumen
Baldrian Frauenmantel Meisterwurz Tausendgüldenkraut
Basilikum Himbeerblätter Pfefferminze Wegwarte
Benediktenkraut Kamille Salbei Wermut
Bibernelle Koriander Sanikel
Bohnenkraut Kümmel Sauerkirschblätter Ananas

bei Durchfall
Beinwell Frauenmantel Knöteriche Rotklee
Benediktenkraut Gamander Krauseminze Ruprechtskraut
Berufkraut Gänseblümchen Meisterwurz Salbei
Bibernelle Gänsefingerkraut Melisse Schafgarbe
Bohnenkraut Gundermann Nelkenwurz Schwarzerle
Braunelle Hauswurz Odermennig Spitzwegerich
Brennnessel Heidelbeere Pfefferminze Tormentillwurzel
Brombeere Herzgespann Pfennigkraut Ulme
Dost Hirtentäschel Preiselbeere Walnussblätter
Eberraute Huflattich Quendel Wasserpfeffer
Eichenrinde Johannisbeere,Sw. Quittensamen Weißklee
Erdbeerblätter Kalmus Rhabarberwurzel Wiesenknopf
Fenchel Kamille Rose Ziest
Fingerkraut Katzenpfötchen Rosskastanie

Verstopfung und Darmträgheit
Kein Mittel gegen Verstopfung, ob nun synthetisch oder pflanzlich, ist für
den Dauergebrauch geeignet! Abführmittel entziehen dem Körper Wasser und Mine-
ralstoffe (namentlich Kalium) und das führt leicht in einen Teufelskreis.
Augentrost Färberginster Malve Silberdistel
Basilikum Feigen Petersilienwurzel Stockrose
Blasentang Fenchel Rhabarberwurzel Süßholz
Braunwurz Holunder Rizinus Trockenpflaumen
Diptam Kalmus Sauerdornwurzel Tüpfelfarn
Ebereschenfrüchte Kornblume Sauerkraut Wacholderbeeren
Erdrauch Kreuzdorn Schachtelhalm Wegwarte
Esche Leinkraut Schafgarbe Wundklee
Estragon Leinsamen Schwalbenwurz Weizenkleie
Faulbaumrinde Löwenzahnwurzel Schwarzdorn Zaunwinde

Candida-Befall
Dieser Hefepilz dürfte sich in jedem Darmmilieu finden, nur sein Überhandneh-
men äußert sich in unregelmäßigem Stuhlgang und Blähbauch besonders nach dem
Verzehr von Süßigkeiten, andere Symptome sind Hautausschlag, Schnupfen oder
Dickdarmentzündung. Zur Abhilfe wird die Stärkung des Immunsystems mit Selen,
Sonnenhut und Thuja (Lebensbaum), probiotischen Lebensmitteln, Molke, Joghurt
und ballaststoffreiche Kost ohne zu leicht verdauliche Kohlenhydrate empfohlen.

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