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KOHLENHYDRATE

 
6. Inhaltsstoffe der Pflanzen, Naturstoffe
Ihre Chemie, ihre Wirkung im Körper und ihre Bedeutung


Wörterbücher hierzu Naturstoffe A..K
und Naturstoffe L..Z

Die vorliegende Auswahl an Naturstoffen kann natürlich nur einen winzigen Teil
der in der Natur vorkommenden Verbindungen - über 7 Millionen! - berücksichtigen.

6.1. Kohlenhydrate

Kohlenhydrate sollen 50..60 % der Nahrungsmenge darstellen. Sie haben Energie
für Körperwärme, für die Biosynthese von Metaboliten (das sind die Zwischen-,
Neben- und Hilfsstoffe für die Fettbildung und die Synthese nichtessentieller
Aminosäuren) zu liefern. In der Pflanze entstehen sie in Chloroplasten und ande-
ren Plastiden wie z.B. in Leukoplasten der Zellen.
Kohlenhydrate teilt man z.B. ein nach der Anzahl ihrer Grundbausteine:

Monosaccharide sind Zucker mit 5 (Pentosen) oder 6 (Hexosen) Kohlenstoffatomen
(C-Atome) wie
Hexosen:
D-Glucose (Glc), Dextrose, Traubenzucker. Das "D" kommt von "dexter"
(lat. "rechts") und weist auf die Eigenschaft hin, dass solche Verbin-
dungen auf Grund eines asymmetrischen C-Atoms die Achse polarisierten
Lichts nach rechts drehen. Wird das Licht nach links gedreht, steht da-
für "L" (wie "laevus", links). Siehe ANALYSE
D-Fructose (Fru), Fruchtzucker, Lävulose
Technisch wird Fructose aus hydrolysierter Stärke unter Einwirkung von
Glucose-Isomerase gewonnen. Fructose steht im Verdacht, Gicht zu beför-
dern.Polymere mit bis zu 60 Fructose-Einheiten sind Fructane (z.B. in
Zwiebeln)
D-Galactose (Gal)
D-Mannose (Man)
D-Glucuronsäure (GlcA), kaum im Pflanzenreich, einige Tiere bilden über
diese Stufe Vitamin C; auch 2-Amino-2-desoxy-Glukose (GlcN)
D-Talose (Tal)
Pentosen:
L-Rhamnose (Rha)
D-Ribose (Rib)
D-Allose (All),
D-Apiose (Api)
D-Arabinose (Ara)
D-Fucose (Fuc)
D-Chinovose (Chi)
D-Xylose (Xyl)
Die in Klammern stehenden Abkürzungen werden benutzt, um in Glykosiden die
Zucker zu bezeichnen [1].

Oligosaccharide, die aus 2..10 Monosaccharidbausteinen bestehen
Disaccharide aus 2 Monosacchariden wie
Saccharose, Rohrzucker, Rübenzucker aus D-Glucose und D-Fructose, nicht
optisch aktiv (nicht lichtdrehend)
Maltose, Malzzucker aus 2 x Glucose. Aus hydrolytischem Abbau von Stärke
mit dem Enzym Diastase, auf diesem Vorgang basiert die Brauindustrie.
Laktose, Milchzucker, aus Galactose und Glucose.
Milchzucker wird aus dem ursprünglichen Abfallprodukt Molke gewonnen.
Milchzucker bindet Wasser und Aromastoffe, maskiert bitteren Geschmack
(z.B. in Wurst), bringt durch die MAILLARD-Reaktion Bräune selbst in
der Mikrowelle. Für Fertiggerichte, Süßwaren (die werden weicher). [29]
Im Körper bewirkt das Enzym Lactase die Zerlegung in die beiden Hexosen.
Bei bestimmten Personengruppen wird das Enzym nach der Säuglingszeit
nicht mehr gebildet, den Abbau besorgen dann die Mikroorganismen des
Darmes unter Verdauungsstörungen (Blähungen, Schmerzen, Verstopfung,
Durchfall). Dann muss die Milchzuckeraufnahme unterbleiben oder zusätz-
lich Lactase aufgenommen werden. Laktoseintoleranz entwickelt sich
bei vielen Erwachsenen schleichend, vielfach ist damit eine Fructoseun-
verträglichkeit verbunden. (Kuhmilchallergie hängt nicht mit der Lakto-
se, sondern einem spezifischen Protein zusammen).

Polysaccharide mit mehr als 10 Monosaccharid-Bausteinen wie
Stärke aus 100..6000 Glucose-Einheiten
Stärke setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: Linearkettige Amylose
(20..30 % der Stärke) und verzweigtkettiges Amylopektin 70..80 %. In
den mikroskopisch kleinen Stärkekörnern befindet sich im Innern die
heißwasserlösliche Amylose, umgeben von unlöslichem, aber quellendem, ab
70 °C verkleisterndem Amylopektin. Deshalb gehören Teigwaren in kochen-
des Wasser, damit die Form erhalten bleibt, weil dann die lösliche Amy-
lose eingeschlossen bleibt. Dagegen müssen Mehl bzw. Stärke zum Andicken
erst in kaltem Wasser angerührt werden. Gäbe man sie in heißes Wasser,
bildeten sich Klumpen. Schließlich darf man zur Herstellung von Kartof-
felbrei nicht den Pürierstab verwenden: der würde die Stärkekörner zer-
schlagen, wodurch das Amylopektin verkleistert und der Brei fest und
klebrig wird. Zur Gewinnung wird das Pflanzenmaterial mit Wasser aus-
gelaugt - damit sind die unlöslichen Teile abzuscheiden. Die stärkehal-
tige Suspension lässt man absetzen, der Niederschlag wird mehrmals mit
Wasser ausgewaschen und abschließend getrocknet.
Stärke in Lebensmittel wird mit der Jodprobe nachgewiesen: Mit einem
Tropfen LUGOLscher_Lösung (wässrige Jodjodkaliumlösung) färbt sich Stär-
ke (speziell die Amylose) blau, Amylopektin rotviolett.

Dextrine stehen zwischen Zuckern und Stärke. Je nach Herstellungsmethode
kennt man Säuredextrine (durch Erhitzen mit Schwefelsäure, Salzsäure,
Salpetersäure oder Enzyme) und Röstdextrine (durch Erhitzen von Stärke
bis 200 °C). Mit Wasser angerührt kleben sie stark (z.B. als Kleber für
Briefmarken) und dienen als Ersatz für Gummi arabicum, siehe Akazien
Dextrine sind amorphe, geruchlose, geschmacklose, sauer reagierende, in
Wasser, aber nicht in Alkohol lösliche Stoffgemische.
Inulin, ein Fructosan bzw. Oligofructose
Zellulose aus 3000..10000 Glucose-Einheiten,
(Glykogen, die "tierische Stärke", ist in Leber und Muskeln speicherbar.
Beim Hungern sind die Vorräte in der Leber bereits nach 8 Stunden auf-
gezehrt, ist also nur ein Puffer für den Blutzuckerspiegel zwischen
den Mahlzeiten.)
Heteropolysaccharide
Hemizellulosen, Pflanzengummis,
Pektinstoffe: Sammelbegriff für die Pektinsäure (Polygalacturonsäure
und ihre Salze); Pektin ist wasserunlösliches Protopektin mit Pektin-
säure-Methanol-Estern. Pektin ist der wirksame Bestandteil in Lein-
samen- oder Quittenschleim. Trockener Apfeltrester enthält 15 % Pektin,
Hauptmengen werden aus Zuckerrübenschnitzeln und Apfelsinenschalen
gewonnen.
Die Pektin-Hauptformen sind
1. In Pflanzensäften gelöstes Pektin (Beeren, geliert besonders stark).
Durch Auskochen gewonnener Saft eignet sich nicht zur Likörherstel-
lung, da Alkohol das Pektin ausfällt.
2. In heißem Wasser leicht lösliches Pektin aus entsaftetem Frucht-
fleisch.
3. Pektin aus der Mittellamelle der Zellwände, in kaltem Wasser unlös-
lich; chemisch unverändert kaum zu isolieren.
4. In Pektin-Lignin-Verbindungen der Stützgewebe.
Xylan ist ein Pflanzengummi aus Birkenholz, Holzspänen, Stroh, Mais-
spindeln, Nussschalen und Abfällen der Papierindustrie.

Der kalorische Wert (Brennwert, Energiegehalt, Energieinhalt) der verdaulichen
Kohlenhydrate beträgt rund 17,2 kJ/g. Die veraltete Maßeinheit "Kalorie"
ist wie folgt in J (Joule, sprich "dschul") umzurechnen:
1 cal = 4,1868 J 1 kcal = 4,1868 kJ 1kJ = 238,85 cal

Diabetiker müssen den Anteil an Kohlenhydraten in ihrer Nahrung beschränken.
Die Angabe für sie erfolgt in "Broteinheiten" (1 BE = 12 g Kohlenhydrate),
oder auch in Kohlenhydrateinheiten (1 KHE = 10 g Kohlenhydrate).
Siehe auch Diabetes - Glucosehaushalt
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Zellulose kann vom Menschen nicht verdaut werden (das machen höchstens bestimmte
Bakterien im Darm), diese auch "Rohfaser", "Nahrungsfaser", "Faserstoff"
genannten Ballaststoffe sind aber unerlässlich für die Aufrechterhaltung der
Peristaltik (Darmbewegung) und der Ausscheidung.
Eigentlich unterteilt man die Ballaststoffe in Quellstoffe (Hemizellulosen,
Pektinstoffe, Pflanzengummis, lösliche Polysaccharide), die die Verdauungspro-
zesse in Magen und Darm beeinflussen sowie in die Füllstoffe (Zellulose, Lignin).
Die Füllstoffe bewirken eine Beschleunigung der Passage des Speisebreis im Darm,
während die Quellstoffe auch den Cholesterolgehalt im Blutserum senken und die
Ausscheidung von Gallensäuren befördern.
Ballaststoffe binden im Darm Gallensäuren und unterbrechen damit den enterohepa-
tischen Kreislauf. Dadurch muss die Leber vermehrt Gallensäuren aus Cholesterin
(= Cholesterol) synthetisieren. Die Leberzellen decken den erhöhten Cholesterin-
bedarf durch Vermehrung ihrer LDL-Rezeptoren. Damit kann mehr LDL-Cholesterin
aus dem Blut aufgenommen werden, es resultiert eine Senkung des "schlechten"
Cholesterins im Serum. Ebenso wird die Gefahr der Gallensteinbildung aus Chole-
sterin verringert [2]. Eine Dauerwirkung ist durch Quellstoffe nicht zu errei-
chen, da Darmbakterien gefördert werden, die die Quellstoffe zerlegen.
Faserreiche Ernährung begünstigt die Vermehrung der Darmbakterien, die ihrer-
seits den Stoffwechsel von Steroiden und die Entgiftung von Fremdstoffen be-
sorgen. Demnach vermindern Ballaststoffe das Auftreten von Darmerkrankungen.
Auch tragen Ballaststoffe zur Energiezufuhr bei, da Bakterien (speziell Firmi-
cutes) im Dickdarm daraus niedere Fettsäuren spalten, die wieder aufgenommen
werden. Die Energiezufuhr - abhängig von der Darmflora - des Körpers aus Bal-
laststoffen wird auf 5 % geschätzt. Über den Umweg Darmbakterien bezieht der
Mensch aus 100 g Zellulose doch noch 507 kJ (121 kcal), aus 100 g Pektin 1185
kJ (283 kcal).
Die zur Zeit durchschnittliche Aufnahme von 20..25 g Ballaststoffe am Tag halten
Mediziner für zu gering. Erhöhte Aufnahme pflanzlicher Nahrung könnte diese For-
derung erfüllen.
Füllstoffe wie Kleie sind auch von Schadstoffen begleitet, die sonst in der
Mühle abgetrennt würden. Viele Menschen erleiden durch Ballaststoffe eine starke
Darmgasbildung. Ein übermäßiger Genuss stark ballaststoffhaltiger Stoffe wie
Kleie hat auch weitere Nachteile. Gerade außen am Getreidekorn findet sich die
Phytinsäure (ein Hexaphosphorsäureester des Inosits), die mit dem Calcium ein
unlösliches Salz - Phytin - bildet. (Siehe auch 6.6 Säuren
Phytin bremst auch die Aufnahme anderer Mineralstoffe und Vitamin B1, was aller-
dings nur bei Unterernährung auffällt. Phytin ist der Energiespeicher der Samen,
der für die Keimung benötigt wird, wobei wieder Inosit rückgebildet wird. Wenn
nicht zugleich mit der Phytinsäure Calcium zugeführt wird (z.B. durch Milch zum
Müsli), wird Calcium dem Körper entzogen. Beim Brotbacken zerstört Sauerteig
die Phytinsäure (der "Kunstsauer" macht es dagegen nicht). Eine gewisse Menge
Phytinsäure braucht jedoch der Körper zum Aufbau von Mitochondrienmembranen und
Nervenfasern sowie zum Abtransport von Fettsäuren aus der Leber [E25].

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Industrielle Bedeutung der Kohlenhydrate
Die Zucker sind ein starker Welt-Wirtschaftsfaktor, Zahlen (Anfang der 90er
Jahre in Jahrestonnen (jato)/ Preis in DM/kg) mögen das widerspiegeln
(1 DM war rund 0,50 Euro):
D-Saccharose 113 614 000 / 0,60 D-Isomaltulose 20 000 / 5,00
D-Glucose 5 000 000 / 1,15 D-Glucuronsäure 40 000 / 7,00
D-Sorbitol 650 000 / 1,20 D-Xylose 1 000 / 12,00
D-Lactose 180 000 / 1,20 Dianhydrosorbitol 1 000 / 12,00
D-Fructose 50 000 / 2,50 Xylitol 3 000 / 14,00
D-Mannitol 8 000 / 5,00 L-Sorbose 25 000 / 35,00
D-Maltose 3 000 / 5,00 [3]
Weitere Ausführungen zur technischen Bedeutung der Stärke, Zucker, Zellulose
siehe Technologien von Veredlungsverfahren
Nutzung von Biomaterialien

LITERATUR
[1] Pharmazie (1987), 9, 577
[2] Zeitschr. für ärztliche Fortbildung (1989), 13, 698
[3] EGGERSDORFER, M.; L.v.d.BUSSCHE-HÜNNEFELD: "Einsatzchancen von Zuckern
in der chemischen Industrie", Verfahrenstechnik (1995) 7/8, 38-40
[4] ZOEBELEIN, H.: Chemische Industrie (1988), 3, 30

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