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BIRKE

 
NAMEN
(1) Gemeine Birke, Hängebirke, Sandbirke, Warzenbirke
L: Betula pendula ROTH (syn. B. verrucosa)
E: Birch, F: buleau, N: berkeboom, R: berjosa
(2) Moorbirke, Haarbirke, Ruchbirke, Weichhaarige Birke
L: Betula pubescens EHRH.
(3) Papierbirke
L: Betula papyrifera MARSH. (syn. P. papyracea AIT.)

BOTANIK: Fam. Betulaceae (Birkengewächse)
(1) Baum bis 25 m hoch, Rinde weiß, glatt, später tief rissig, schwarz.
Zweige jung klebrig. Blätter 4..6 cm lang, an kahlen, 2..3 cm langen
Stielen, oben dunkelgrün, unterseits heller graugrün, auffallend enge
genetzte Nerven, Blattnerven hellbraun bis weißlich, kahl, dicht drüsig
punktiert. Flachwurzler. Blüte April bis Mai, hängende Kätzchen: die männ-
lichen sind bräunlich, bis 10 cm lang; die weiblichen grünlich, bis 3 cm
lang. 2n=28. Einhäusig. Samenreife Juli bis August, eiförmige Nüsschen,
mit ovalem Fruchtflügel und kleinem Mittellappen 2 mm groß. TKM 0,2 g.
Keimung sofort nach dem Ausfallen. Das Holz hat eine feine Struktur, es ist
fast weiß, mit dichter, oft interessanter Maserung.
Bild Birkenbestand
(2) Baum bis 15 m hoch, Rinde weiß, Zweige dichtflaumig behaart, abstehend,
nicht klebrig. Blätter auf 2 cm langen, jung stets behaarten Stielen.
Weniger Drüsenhaare als (1), unterseits kleine gelblichgraue Haarbüschel
in den Aderwinkeln. Kleiner als (1). Blüte April bis Mai; Kätzchen wie
Gemeine Birke, 2n=56. An Samen Fruchtschuppen mit verlängertem Mittellap-
pen. Wächst vorzugsweise auf moorigen bis sumpfigen Böden.
(3) Baum bis 30 m hoch, sehr weiße Rinde. Blätter bis 10 cm lang.
Kanada und nördliche USA.

WERT
(1) Die Birkenblätter (Betula folium) enthalten ätherisches Öl (darin 25 %
Betulol, Methylsalizylat), Gerbstoffe, Flavonoide (lt. [4] mindestens 1,5 %
bezogen auf Hyperosid), Harz, Saponine. Harntreibend, ohne dass wie z.B.
bei Wacholderbeeren Nierenreizung auftritt; bei Ödemen, schmerzhaften Glie-
derschwellungen, Steinleiden, Gicht, Rheuma, Nieren- und Blasenerkrankungen.
Die Blätter schmecken aromatisch, bitter. Durch die harntreibende Wirkung
günstig bei Bluthochdruck und Herzschwäche, geeignet für die Langzeitanwen-
dung. Im Birkensaft befinden sich u.a. die Aminosäuren Citrullin und
Glutaminsäure. Birkenteer.
Pioniergehölz. Das Holz ist fast so schwer wie Eiche und hart wie Esche, so-
gar noch dauerhafter. Es reißt nicht, wird aber bei Feuchtigkeit leicht von
Insekten befallen.
Die weiße Farbe der Rinde stammt von Betulin.
Die Knospen geben bei der Destillation einen dem Copaivabalsam ähnlichen
Balsam ab. Birkensaft wurde gegen Erkrankungen der Harnorgane verwendet. Der
aus dem Saft zu gewinnende Zucker ist nie so rein wie Ahornzucker. [3]
Die Birke erzeugt große Mengen Pollen (von einer Blüte stammen 20000 Pollen-
körner, von einem Kätzchen 5,5 Millionen!). Es genügen 20..30 Pollen je Ku-
bikmeter Luft, um die Reizschwelle von Pollenallergikern zu überschreiten.
Weitere Pflanzenarten, die Pollenallergie hervorrufen können, sind
Ahorn, Beifuß, Brennessel, Edelkastanie, Eibe, Eiche, Esche, Getreide, Gold-
rute, Gräser ("Heuschnupfen"), Haselnuss, Holunder, Linde, Pappel, Platane,
Robinie, Rotbuche, Spitzwegerich, Ulme, Weiden und Weißbuche.
(3) Holz geeignet zur Papierherstellung, Drechslerwaren. Die Indianer bauten
aus der Rinde Kanus und Zelte.

ANSPRÜCHE
Armer, trockener bis feuchter, saurer Boden, weniger auf moorigem Boden.
Zehrt Boden stark aus, in der Nachbarschaft wachsen daher nur anspruchslose
Pflanzen, dafür Birkenpilz, Rotkappe, Birkenreizker, Grüner Täubling, Fliegen-
pilz u.a.

ANBAU: Kaum im Garten.
Anzucht aus Samen durch Aussaat im November oder durch Steckholz.

VERWERTUNG
(1) Blätter werden von Mai bis Juli gepflückt, zwei Monate nach dem Ausschlagen,
nicht gedrückt, in dünner Schicht unter gelegentlichem vorsichtigem Wenden
bis 40 °C getrocknet. Die Blätter lassen sich bis zu 5 Jahren lagern.
Tee: Als Tagesmenge 4 Essl. voll mit 1..2 l kaltem Wasser ansetzen, zum Sie-
den erhitzen, nach Abkühlen abseihen und mit einer Messerspitze Natron ver-
setzen zu obigen Beschwerden.
Birkenblätter sind Bestandteil von Nieren-, Rheuma- und Gichtteemischungen.
Birkensaft: Zur Gewinnung werden die Stämme im April in 0,5 m Höhe mit
einem 10mm-Bohrer an drei bis vier Stellen waagerecht 4 cm tief angebohrt
und 20 cm lange passende Metallröhrchen eingesetzt. Aus einer Bohrstelle
tropfen bis 2 l Saft täglich. Nach der "Ernte" werden die Löcher unbedingt
wieder verstopft. Außer zu Haarwässern kann daraus auch der schäumende
"Birkenwein" gegoren werden. Der frische Saft, getrunken, ist wirksam wie
der Tee aus Birkenblättern. Durch trockene Destillation von Wurzeln, Rinden,
Zweigen entsteht Birkenteer (Oleum betulinum) zur Behandlung von Haut-
krankheiten, für die Parfümerie ("Juchtenöl") und zur Lederbehandlung.
Zum Abdichten von Schuhwerk wurde ein schwererer Teer (Pix Betulae) aus im
Sommer vorsichtig abgeschälter Rinde gewonnen. In Russland fand der Teer
auch als Konservierungsmittel Einsatz ("in ein Fässchen Honig ein Löffel
Birkenteer").
Holz zu Schnitz- und Drechselarbeiten, Sperrholz, Möbelbau, Paneele, gutes
Brennholz.
Traditionelle Reiserbesen werden aus frisch geschnittnene Birkenreisig ge-
fertigt. Man wartet mit dem Schnitt bis Januar..Februar, denn früher ge-
schnitten bleiben die Ruten brüchig.
(2) Verwendung wie Gemeine Birke.

Die Pilzflora ist unter Birken nicht ganz so umfangreich wie in Kiefernwäl-
dern, erwähnenswert sind (ohne Differenzierung auf Bekömmlichkeit):
Birkenpilz, Fliegenpilz!, Heiderotkappe, Kahler Krempling!, Marone, Milchlinge,
Perlpilz, Porlinge, Rotfußröhrling, Samtfußrübling, Steinpilz, Täublinge

HISTORIE
Das althochdeutsche bircha taucht in wenig abgewandelten Formen in fast al-
len indogermanischen und slawischen Sprachen auf.

LITERATUR
[1] FINDEISEN, D.G.R.: "Asthma bronchiale", Gustav Fischer Verlag Jena,
4. Aufl. 1987
[2] SOLOUCHIN, W. "Die dritte Jagd"
[3] SIEGMUND, F.: Omas Lexikon der Kräuter- und Heilpflanzen, Bechtermünz
Augsburg 1997
[4] EAB 4.00/1174, S. 1308

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