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BRUNNENKRESSE

 
NAMEN
Bachsalat, Bornkresse, Gemeine Brunnenkresse, Kerschel, Quellenrauke,
Wasserkresse, Wassersenf

L: Nasturtium officinale R. BR. (syn. Rorippa nasturtium-aquaticum (L.) HAYEK)
E: water cress, F: cresson de prés, cresson de fontaine, I: crescione di
fontana, N: waterkers, R: wodjanoi kress, S: berro, U: vizi torma

BOTANIK: Fam. Brassicaceae (Kreuzblütler)
Ausdauernde Wasserpflanze von 0,3..0,9 (vereinzelt bis 3) m Länge. Überwinte-
rung der im Wasser befindlichen Teile. Die Wurzel schwindet frühzeitig und
wird durch waagerecht kriechende, reichlich bewurzelte Ausläufer ersetzt. Auf-
steigende kantige Stengel. Blätter fleischig, eiförmig mit gewelltem Rand, gras-
grün. Geruch zerriebener Blätter scharf würzig, Geschmack rettichartig. Blüte
weiß, von Mai bis August und noch einmal im Oktober. 2n=32. Die Frucht ist eine
10 bis 25 mm lange Schote, die Samen sind etwa 1 mm groß.
Bild Brunnenkresse-Samen
Ähnlichkeit: Bitteres Schaumkraut, aber dessen Wurzeln ragen nicht aus den
Achseln und dessen Staubbeutel sind violett und nicht gelb.

WERT
In 100 g frischen Trieben sind enthalten:
92 g Wasser; 1,7 g Proteine; 0,3 g Fette; 2,9 g Kohlenhydrate; Rohfaser 0,6 g
(3 g Ballaststoffe); Energieinhalt 75 kJ.
Vitamine (in mg: 0,45 Pro-A; 0,1 B1; 0,2 RF; 0,8 PP; 0,04 FS; 0,13 B6; 5,5 E;
51..75 C). Mineralstoffe (in mg: 190 Ca!, 3 Fe, bis 15 J!; 300 K, 35 Mg; 0,5
Mn; 12..52 Na, 64 P, 145 S; 0,1 Zn).
Der scharf-würzige Geschmack (etwa wie Gartenkresse) rührt von schwefelhaltigen
ätherischen Ölen und Glykosiden mit den Inhaltsstoffen Glukonasturtiin und
Phenylpropionsäurecyanid her. 2,5 mg Purin-N.
Desinfizierend. Zu Frühjahrskuren. Gegen Schilddrüsenerkrankung, Diabetes, Rheu-
ma, Gicht, Wassersucht, Nierenerkrankung, Blasen- und Gallenleiden, Arterio-
sklerose. Bei Schwangerschaft meiden! Tagesmenge pro Person nicht mehr als eine
Handvoll und nicht länger als drei Wochen! Nicht für Kinder unter 4 Jahren!
Brennen in der Harnröhre verlangt Abbruch des Verzehrs. Medizinische Anwendung
nur auf ärztliche Anweisung! Die gelegentliche Kostprobe ist natürlich unbedenk-
lich. Man muss sich aber von der Güte des Wassers überzeugen, Verunreinigung
durch Vieh macht Infektion mit Leberegeln möglich!

KENNZAHLEN
TKM=0,2 g. Keimgewähr 4..5 Jahre, Keimdauer 6..8 Tage.
Sätiefe 0 cm (Lichtkeimer), Reihenabstand 20 cm, Abstand in der Reihe 5..10 cm,
Ertrag: 3,5..5 kg/m² Grabenfläche.

ANSPRÜCHE
WASSER
Die Wasserpflanze Brunnenkresse stellt an die Wasserqualität besonders hohe An-
forderungen: rein, frisch, klar, fließend; Qualität wie von Quell- oder Forel-
lenbächen; eine Härte bis 70°dH und auch höhere Salzgehalte sind durchaus zu-
lässig, aber es darf nicht zuviel Kalium und Stickstoff enthalten sein.
Die Wassertemperatur soll möglichst immer 10..12 °C ohne größere Schwankungen
betragen und im Winter stets eisfrei bleiben (über +2 °C). In Erfurt gibt es
drei warme Quellen von 12 °C, die sich zum Anbau vortrefflich eignen.

ANBAUPRAXIS
1. Der berufsmäßige Anbau erfolgt in Gräben ("Klingen") von 30..150 m Länge,
0,5..3 m Breite und 0,4 m Tiefe. Das Gefälle betrage 0,2..0,5 m auf 100 m in
südlicher bis westlicher Richtung. Die Größe einer Klinge muss sich der Ergie-
bigkeit der Quelle anpassen. Zur Regulation der Wasserhöhe und Abstellung sind
Staus (Stauhöhe 12 cm) einzubauen.
Neuanlage von Gräben: Bei abgestelltem Wasser wird die Grabensohle mit Kompost
oder gut verrottetem Stallmist angereichert; es können bis zu 6 g P / m², aber
nicht Kalium und Stickstoff eingearbeitet werden.
Die Zwischenräume zwischen den Klingen lassen sich zum Anbau von Blumenkohl,
Sellerie, Kohlrabi und Kopfsalat nutzen.
Vermehrung durch Stecklinge: Von Juli bis August sind 15 cm lange Spitzentrie-
be der vorjährigen Kultur knapp über der Wasseroberfläche abzuschneiden. Der
Bestand ist vorher alle 3..4 Wochen durch Absicheln am Blühen zu hindern.
Die Schnittlinge werden büschelweise in die vorher gereinigte, gedüngte und
eingeebnete Klingensohle eingedrückt, so dass die Triebspitzen in Flussrichtung
zeigen. Ein leichtes Andrücken mit Schwallbrettern bremst das Freispülen der
Stecklinge beim Wassereinlassen.
Vermehrung durch Aussaat: Im Juni wird in feucht zu haltende Saatbeete oder
Töpfe gesät und im August gepflanzt. Mit der Überfluten ist erst zu beginnen,
wenn die Sämlinge 2..3 cm hoch sind, zuerst 1..2 cm, danach allmählich auf
6..8 cm.
Laufende Pflege: Während des Sommers im Ertragsjahr ist der Wasserstand so zu
halten, dass die Triebspitzen aus dem Wasser herausragen; im Winter dagegen
sind die Pflanzen völlig zu überfluten; bei Frostwetter muss man die Triebe mit
Klatschbrettern täglich unter die Wasseroberfläche drücken - gefrorene Brunnen-
kresse schmeckt nicht mehr so gut.
Nach jeder Ernte im Herbst oder Winter müssen die Pflanzen wieder fest in den
Grund gedrückt werden. Nach jedem Schnitt erfolgt auch eine Düngung mit Kompost.
Im Mai ist der Graben zu räumen, sofern der Bestand nicht der Stecklingsgewin-
nung dient.

2. Kleinanbau im Garten
Im Garten hebt man eine 25..30 cm tiefe Grube aus, die mit Polyethylenfolie
dicht ausgeschlagen wird (auch Kästen, Balkonkästen, Eimer, Schüsseln sind
gleichermaßen geeignet). In die Grube kommt eine 10 cm dicke Schicht Gartenerde,
auf die von April bis Mai zu säen ist. Nun darf die Fläche nicht mehr austrock-
nen. Nach dem Auflaufen (8..10 Tage) staut man erst 5 cm, später bis 15 cm hoch
mit Wasser der beschriebenen Qualität auf. Die erste Ernte ist nach 6..8 Wochen
zu erwarten und hält bis in den Dezember hinein an.

ERNTE
Der Erntezeitraum (auch aus Wildaufkommen) reicht vom Oktober bis zum April,
allerdings wird bei Frostwetter nicht geerntet und der Zuwachs ist von Dezember
bis Januar auch zu gering, so dass die Haupternte vom Februar bis zum Blühbe-
ginn im April läuft. Die 6..8 cm langen Triebspitzen werden demnach alle 3..8
Wochen vorsichtig abgeschnitten. Diese Arbeit wird durch ein über den Graben
gelegtes Brett erleichtert.
Güteanforderungen: Sauber, frisch, ohne vergilbte Blätter, nicht blühend,
unkrautfrei.
Verpackung: 2,5 kg je Spankorb oder 10 kg in einer mit Folie ausgelegten
C-Steige, mit Eisstückchen gekühlt. Transportdauer nicht über 24 Stunden.
Kühllagerung bei 0..1 °C bis zu vier Tage.

VERWERTUNG
Die Blätter sind von oben nach unten vom Stengel abzuziehen. Nur frisch zu
Salat, zu Quark, als Brotbelag.

SCHÄDLINGE, KRANKHEITEN
Im Sommer Erdflöhe, Schnecken, Köcherfliegenlarven.

ARBEITSKALENDER
2 .. 4 Ernte
5 Räumung des Bestandes
6 Aussaat
7 .. 8 Stecklingsgewinnung, Pflanzung
10 .. 11 Erntebeginn

HISTORIE
HILDEGARD schreibt zur Brunnenkresse: "Und wer gegessene Speisen kaum verdauen
kann, der dünste Brunnenkresse in einer Schüssel, weil ihre Kräfte aus dem Was-
ser stammen, und so esse er, und sie wird ihm helfen." [2]

LITERATUR
[1] REINHOLD u.a.: Ratgeber für den Feingemüseanbau im Freiland, Deutscher
Landwirtschaftsverlag Berlin 1962
[2] STREHLOW, W.: Die Ernährungstherapie der Hildegard von Bingen, Weltbild 2005
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