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CHAMPIGNON
NAMEN:
(1) Champignon, Zweisporiger Egerling
L: Agaricus bisporus (LGE.) SING. syn. Psalliota bispora LGE., SCHÄFF.
et MÜLLER
E: mushroom, F: champignon de couche, I: fungo (prataiolo), N: champignon,
P: szampinia, pieczarka, R: schampinjon, S: champinon, U: csiperkegomba
(2) Brasilianischer Mandelegerling, Cogumelo Piedade, Cogumelo do Sol
Agaricus blazei MURILL; ABM
(3) Reisstrohchampignon, Strohpilz
Volvariella volvacea
BOTANIK: Fam. Agaricaceae (Edelpilze)
Die Basidien sind zweisporig, daher der Name. Sporen fast rundlich, dunkel-
braun, in den Sporen vier haploide Kerne. Chromosomen 2n=18.
Drei Entwicklungsphasen:
1. Vegetatives Myzelwachstum vom Spicken an.
2. Zeit nach dem Aufbringen der Deckerde (pre-cropping)
3. Generative Periode, Ertragsperiode.
Hut blassbraun, dicker, abwärts angewachsener Ring, rötendes Fleisch.
Futter braun oder weiß je nach Zuchtrasse.
Für die Fruchtkörperbildung ist die Anwesenheit bestimmter Mikroorganismen
förderlich.
Verwechslungsmöglichkeiten:
( ) Stadtchampignon, Scheidenegerling, Agaricus edulis VITTADINI
( ) Wiesenchampignon, Feldegerling, Agaricus campester L. ex FR.
VORKOMMEN
(2) Anbau in Brasilien, Uruguay, Mexiko, Japan, USA
WERT
Guter Speisepilz. In 100 g sind enthalten:
2,8 g Proteine; 10..40 mg Purine; 0,24 g Fette; 1..4,8 g Kohlenhydrate,
(300 g/KHE); 93 g Wasser; Energieinhalt 50..160 kJ.
Vitamine (in mg: 0,1 B1; 0,4 RF; 6 PP; 2 PS; 0,05 B6; 0,03 FS; 8 C; 150! IE D;
0,8 E; 0,02 H). Mineralstoffe (in mg: 9 Ca; 1 Fe; 520 K; 13 Mg; 5 Na; 115 P).
Champignons enthalten bis 0,95 mmol Ergothionein/100 g. Dieser Stoff schütze vor
Herzkrankheiten und (Brust-)Krebs. [6]
(2) Der Cogumelo enthält in 100 g getrockneter Masse:
Vitamine (in mg: 2,5 B2, 32 Niacin, 0,14 FS), Mineralstoffe (in mg: 2360 K,
905 Phosphat, 14,8 Fe, 8 Zn, 0,07 J), dazu Polysaccharide, ß-D-Glucan, einen
RNA-Eiweiß-Komplex. Schadstoffe halten sich in Grenzen (<0,008 mg Hg, <0,01
mg Cd, <0,12 mg Pb, <0,005 mg As).
Gilt namentlich in Japan als Wundermittel gegen Krebs (an Magen, Darm, Hirn,
Lunge, Brust, Bauchspeicheldrüse, Leber, Unterleib, Prostata).
Hauptanwendung ist die Stärkung des Immunsystems (bei Bakterien- und Virus-
infektionen). Weiterhin verzeichnet man mit ihm Erfolge bei Allergien, An-
gina pectoris, Arthritis, Arthrose, Asthma, Bronchitis, Gastritis, Hepati-
tis, Diarrhoe, er reguliert Cholesterin, Blutdruck, Blutzucker. [7]
ANSPRÜCHE
LICHT, LUFT, WÄRME
Champignons benötigen zum Wachstum kein Licht, daher ist es gleichgültig, ob
der Kulturraum dunkel oder hell ist. Der Temperaturgebung ist dagegen höchste
Aufmerksamkeit zu widmen; um hohe Erträge zu erzielen, sollten geschlossene
Räume (Gewächshäuser, Keller, Scheunen) möglichst mit einer Klimaanlage ausge-
stattet sein. Die Klimaanlage soll auch fremde Sporen und Schadstoffe heraus-
filtern.
Temperaturverlauf:
Entwicklungsphase 1 2 3
min opt max min opt max min opt min
Raumtemperatur 15 23 30 13 20 21 11 17 22
Beettemperatur 18 25 28 16 22 28 13 18 28
Luftfeuchte in % 85 93 99 85 93 95 75 88 95
CO2-Gehalt der Luft 0,5 2 0,05 0,1 0,2 0,05 0,15 0,3
Es ist zu lüften, sobald die angegebenen Temperaturen überschritten werden;
im Ertragszeitraum steigt der Luftbedarf auf 4..7 m³ Luft je m² und Stunde.
WASSER
Die optimale Luftfeuchtigkeit beträgt 80..90 %, die Feuchtigkeit des Substra-
tes 65..68 %. Die Deckerde darf nicht austrocknen und verkrusten. Sie ist mit
feiner Brause gleichmäßig zu befeuchten; bis zum Abdecken mit Erde genügt oft
das Besprengen der Wege und Wände.
SUBSTRAT
Das Substrat soll leicht alkalisch sein (pH 7,0..7,5) und niemals tropfnass.
Nährstoffgehalte in der Trockensubstanz: 1,5..2,5 % N; 0,3..0,44 % P; 0,8..
1,25 % K; 1,4..2,8 % Ca. Freies Ammoniak (stechender Geruch) soll nicht mehr
wahrnehmbar sein. Das Substrat ist zu kompostieren, bis die Strohanteile weich
und wollig geworden sind. Im Erwerbsanbau ist das Substrat nach der Kompostie-
rung noch zu pasteurisieren.
Rezepturen:
1. Aus Pferdemist
Der Pferdemist darf nicht zu alt, verfault oder stark zersetzt sein und soll
von gut ernährten Pferden stammen; ein Anteil von bis zu 75 % Roggen- oder
Weizenstroh ist sinnvoll. Täglich 5 kg Stroh für ein Pferd liefert Substrat
für 500 kg Champignons im Jahr. Die Kompostierung läuft bei Mengen über 5 m³
am besten, dazu wird der Dünger noch mit 3 kg Harnstoff je Tonne versetzt
und bis auf 1,5 m Höhe aufgestapelt. Zu trockener Dung muss schichtweise an-
gefeuchtet werden. Nach einer Woche wird er wie Kompost umgesetzt und bei
Bedarf wieder angefeuchtet. Er erhitzt sich nach jedem Umsetzen auf 50..60°C.
Normalerweise ist er nach 5 und nach weiteren 4 Tagen umzusetzen. Manche
Hersteller setzen noch 10 % Hühnermist zu.
2. Kunstmist
Auf 100 kg gehäckseltes Weizen- oder Roggenstroh kommen 250..300 l Hühner-
mist (ungefähr 2..3 Schubkarren voll), 1..3 kg Harnstoff, 1..2 kg Super-
phosphat, 3 kg Kalk und 0,5..1 kg 40%iges Kalidüngesalz. Kompostieren wie 1.
oder
3. 100 kg Weizen- oder Roggenstroh, 180 kg Pferdemist (30 % Wasseranteil),
100 kg Hühnertiefstreu (35 % Wasser), 12 kg Gips.
4. MRA-Substrat nach EDWARDS
100 kg Stroh, 15 kg Blutmehl, 650 g Superphosphat, 650 g Kaliumsulfat, 1,6 kg
Gips, 2,3 kg Kalk, 100 g Mikronährstoffe.
5. Heu-Maisstroh-Substrat nach SINDEN
100 kg Weizenstroh, 100 kg zerschlagene Maisstengel, 40 kg Heu, 16 kg Treber
(Rückstand der Bierherstellung), 12 kg Hühnerdung, 2 kg Gips, 2,4 kg Super-
phosphat.
6. Gedämpfter Kompost, Ausbeute bis 12 kg Champignons je m² bzw, 240 kg
je Tonne Kompost.
Alle Substrate können in beliebigem Verhältnis mit Pferdemist gemischt werden.
Deckerde:
Ohne Deckerde bilden Champignons wenige oder keine Fruchtkörper. Die Deckerde
soll schwach alkalisch sein (ph 7,5..8,0)
1. Niedermoortorf mit Kohlensaurem Kalk, bis der pH-Wert stimmt oder
2. Gemisch aus 50..60 % lehmiger Erde, 30..40 % angefeuchtetem Torf und
5..10 kg Kohlensaurem Kalk.
3. In Deutschland werden fast 150 000 m³ Torf im Jahr als Deckmaterial ver-
braucht. Als Ersatz lässt sich Papier als Torfersatz verwenden. Das Papier
wird kompostiert, gewässert, gekrümelt und im Freien, aber unbelüftet,
gelagert. Die Ertragsunterschiede sind unerheblich [1].
In Großanlagen wird die Deckerde 6 Stunden bei 65 °C pasteurisiert gegen
Mycogone perniciosa.
ANBAUPRAXIS
(1) Anlage der Beete:
1. Auf dem Boden im Kulturraum
Auf dem Boden werden flache Hügel von 20..35 cm Höhe und 40..70 cm unterer
Beetbreite mit schräg abfallenden Seiten errichtet. Je nach Beschaffenheit
ist mehr oder weniger festzutreten. Erleichtern kann diese Arbeit ein
Bretterrahmen für die Beetbegrenzung, er wird nach dem Festtreten entfernt.
2. Anbau auf Stellagen im Kulturraum
Durch den Etagenanbau wird der Kulturraum optimal genutzt. Die Beete liegen
jeweils 80 cm übereinander, die Breite wird mit 0,8 m, die Länge mit 2 m
empfohlen. Bild Kultur im Kunststoffkasten
3. Anlage der Beete im Freiland
Unter einem schattigen Baum oder an der Nordseite von Gebäuden hebt man
Gräben von 0,8 m Breite und 0,4 m Tiefe aus. In diesen Gräben sind die Beete
0,5..0,6 m breit und 0,35 cm hoch anzulegen. Aufgelegte Bretter, Folie oder
Dachpappe schützen vor Regen und zu raschen Temperaturschwankungen.
4. Anbau in Plastfoliesäcken
Das Substrat wird in durchlöcherten, oben offenen Plastfoliesäcken unterge-
bracht und im Kulturraum aufgestellt.
Beimpfen:
Zum Spicken des Substrates mit Brut muss die Beettemperatur unter 30 °C liegen
(Thermometer!). Die Brut wird in hühnereigroße Stücke gebrochen und in Ab-
ständen von 20 cm 5 cm tief eingedrückt. Benutzt man Körnerbrut, so entfallen
etwa 0,8 l auf den m². Zum Schutz vor Austrocknung sind die Beetflächen mit
ständig befeuchteter Wellpappe abzudecken und die Temperaturen zu kontrollieren.
Nach etwa 14 Tagen soll das Myzel das Substrat wollig durchsponnen haben.
Unter Umständen setzt man jetzt Insektizide ein und deckt mit 2..3 cm Deckerde
ab. Im Erwerbsanbau werden nach dem Abdecken auch Fungizide gesprüht und gegen
Insekten entsprechende Mittel verdampft. Wächst das Myzel erneut an die Ober-
fläche, sind nochmals 2 cm Deckerde aufzubringen und ständig feucht zu halten.
(2) Mandelegerling
Anbau auf sterilem Schüttsubstrat oder fermentiertem Kompost. Beimpfung mit
Körnersubstrat. Verlangt Wärme, da seine Heimat Südamerika ist.
Auf Baumstämmen gedeiht er nicht.
(3) Reisstrohchampignon: Anbau auf Stroh. Es werden durchgehend 30 °C benötigt,
ein Anbau ist nur im Gewächshaus möglich. Er ist sehr ertragreich, unter
idealen Bedingungen fruchtet er 8..14 Tage nach dem Beimpfen. [5]
ERNTE
Die ersten Fruchtkörper zeigen sich nach 16..22 Tagen nach dem Bedecken, die
Ernte kann sich über 8..10 Wochen hinziehen. Die Fruchtkörper sind täglich zu
ernten, bevor sich die Hüte öffnen. Sie werden vom Myzel abgedreht, denn beim
Abschneiden siedeln sich im verbleibenden Stumpf zu leicht Maden und andere
Schädlinge an. 90 % des Gesamtertrages fallen in den ersten 35 Tagen an. Der
Ertrag liegt bei 0,7..1 kg Frischpilze pro kg Trockensubstanz des Substrates,
also je nach Beetdicke 3..15 kg/m² oder 130..300 kg je t feuchtes Substrat.
Wildsammlung: Besonders gilbende Champignonarten sammeln viel Cadmium auf,
daher von belasteten Standorten Verzehr begrenzen!
Lagerung: so kurz wie möglich; bei 5 °C sind in 8 Stunden schon 10 % Verlust
zu verzeichnen.
VERWERTUNG
Frisch, nasskonserviert, tiefgefroren, getrocknet, gefriergetrocknet. Einsal-
zen bringt zu hohe Qualitätseinbußen.
Geeignete Gewürze: Dill, Estragon, Gewürzpaprika, Knoblauch, Petersilie, Pfef-
fer, Senfkörner.
SCHÄDLINGE, KRANKHEITEN
Fliegenmaden, Mehltau, Verticillum
Nach der Ernte sind die Beete aus dem Kulturraum zu entfernen, sie sind tadel-
lose Erde für den Gemüseanbau. Der Raum wird gründlich gesäubert, die Wände
und der Fußboden sind gründlich zu reinigen. Desinfektion mit phenolhaltigen
Mitteln bei 35 °C, Einwirkungszeit 60 min. Abspritzen, danach Formalin verne-
beln (1 l auf 100 m³, Atem- und Hautschutz!). 8 Stunden geschlossen halten,
danach lüften.
Leere Stellagen mit Dampf über 70 °C 6 Stunden lang dämpfen.
Nach dem Einbringen des Substrates kann man erneut Formalin vernebeln, Beet-
flächen mit Fungiziden und Insektiziden gießen [4].
SORTEN: Blondine, Bräunling, Schneeköpfchen, Schneekristall, Sommerfreude,
Trolli
HISTORIE
Schon TOURNEFORT hatte ein Buch über den Champignonanbau geschrieben. Joseph-
Pitton de TOURNEFORT (1656-1708), französischer Arzt und Botaniker, erschuf
ein vortreffliches botanisches System, gab den Gattungen erstmals kurze Charak-
teristiken bei. In Griechenland und Kleinasien entdeckte er über 1000 Arten.
Er unterschied auch schon 6 Gattungen von Pilzen. Etwas später perfektionierte
LINNÉ durch die binäre Nomenklatur die Botanik, allerdings hat sich LINNÉ für
die "Kryptogamen" oder niederen Pflanzen nicht sonderlich interessiert. Heutzu-
tage zählen Pilze nicht mehr zu den Pflanzen, sondern bilden ein eigenes Reich.
siehe auch dazu Wildpilze
LITERATUR
[1] KINDT, V.: Champignon und Träuschling selbst angebaut. Reihe Bücher für
den Gartenfreund, Dt. Landwirtschaftsverl. Berlin, 3.Aufl. 1974
[2] MICHAEL-HENNIG: Handbuch für Pilzfreunde, Bd. 1 und 3, Gustav Fischer
Verlag Jena 1968
[3] Versuchsanstalt für Pilzanbau der Landwirtschaftskammer Rheinland
Großhüttendorf, Naturwissenschaftliche Rundschau (1992), 7, 286
[4] Gartenbau (1988), 1, 8
[5] http://www.fungi.at/pilzinfo/default.htm (Abfrage 1/2006)
[6] DUBOST, J. Pennsylvania State University (USA); Apotheken Umschau 9/2006
Ref. PIRHALLA, R. (http://www.presseportal.de/story_rss.htx)
[7] http://www.hjs-international.com/abminfo.htm (Abfr. 9/2006)
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