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EBERESCHE

 
NAMEN
(1) Edeleberesche, Süße Eberesche, Essbare Eberesche, Mährische Vogelbeere
Sorbus aucuparia L. var. edulis DIECK, syn. S. aucuparia L. var. dulcis
KRÄTZL, S. aucuparia var. moravica DIPP., S. aucuparia var. moravia
ZENGERT

E: mountain-ash, rowanberry, F: sorbier des oiseliers, sorbes un Fruits de
cochène, I: sorbi degli uccelatori , N: lijsterbes, P: jarzab pospolity,
R: rjabina obuknovennaja, S: serbo, capudrio, T: jeráb obecny, ptaci,
U: vorös berkenye
(2) Russische Edeleberesche, Neschinskaja
Sorbus aucuparia rossica (L.) SPÄTH
(3) Eberesche, Gemeine Vogelbeere
Sorbus aucuparia L. em. HEDL. subsp. aucuparia

BOTANIK: Fam. Rosaceae (Rosengewächse)
(1) Ausdauernder Baum, bis 15 m hoch. Blüte Mitte Mai in weißen Doldentrauben
bzw. Schirmrispen, Chromosomen 2n=34. Mäßiger Pollen- und Nektarspender.
Reife der roten, etwa 1 cm großen, runden Äpfelchen ab Ende August bis
Oktober.
Bild 1 Edeleberesche Bild 2 Edeleberesche
Anmerkung:
Von MITSCHURIN stammt eine Kreuzung Sorbus aucuparia L. x Crataegus san-
guinea PALL.
, Sorte "Granatnaja" mit kirschgroßen, süßsäuerlichen, nicht
bitteren Früchten.

WERT
(1) In 100 g sind u. a. enthalten:
67 g Wasser; 1,5 g Eiweiß, 2 g Fette; 23 g Kohlenhydrate, davon 2,3..9 g
D-Sorbit; 3,2..6 g Ballaststoffe, Brennwert 420 kJ.
Vitamine (in mg: 2,4 Karotin; 0,03 B1; 0,06 RF; 0,08 FS; 0,05 B6; 70..220
C!, bis 2 g Vitamin-P-aktive Substanz).
Mineralstoffe (in mg: 40 Ca; 0,2 mg Cu; 2 Fe; 230 K; 17 Mg; 1 Na; 33 P;
0,26 Zn). Bis 2,5 g Säuren (Zitronensäure, Apfelsäure, Bernsteinsäure).
Edelebereschen sind bitterstofffrei. Wegen des Gehaltes an p-Sorbinsäure
nicht zu viel roh verzehren, durch Kochen wird diese Sorbinsäure deakti-
viert. Sorbinsäure und ihre Salze in den Beeren sind als Konservierungs-
stoffe (E200..E203) geeignet für Margarine, Mayonnaise, Fertigsalate, Fisch,
Fleisch, Käse, Schnittbrot, Wein, Futtermittel, Verpackungsmaterial für
Butter. [3]
Sorbit, E420, in den Beeren ist ein süß schmeckender Zuckeralkohol. Es
dient als Zuckeraustauschstoff für Diabetiker z. B. in Bonbons; verhindert
das Austrocknen von Kosmetika, Marzipan, Backwaren. In größeren Mengen
(50 g/Tag) macht es Durchfall und Blähungen. Für Zahnpasten ist Sorbit
ungeeignet, da es Karies fördert. [3]
(2) Die Russische Eberesche bringt Früchte mit 3,5 % Säure, 9 % Zucker, 0,5 %
Gerbstoffe.

ANSPRÜCHE
LICHT, LUFT, WÄRME
Liebt kühle, luftfeuchte Lagen; auch noch rauheres Klima bis zu 4,5 °C Jah-
resmitteltemperatur herunter. Frosthart bis -30°C. Anbau bis 700 m ü.NN

WASSER
Empfindlich gegen Trockenheit, bevorzugt sind feuchtere bis anmoorige Lagen,
an fließenden Gewässern, aber nicht stauende Nässe.
Wasserbedarf 800..900 mm/Jahr.

BODEN
Nicht leichter, trockener Sand, nicht zu schwer. Möglichst kalkarm, pH 5..6

DÜNGUNG
Es sind höchstens geringe Düngergaben üblich; pro Jahr etwa 1 g P, 4 g N,
3 g K /m². Bei zu großer Bodensäure Kalkung alle vier Jahre.

ANBAUPRAXIS
(1) Anzucht
Aussaat: Samen von Fruchtfleisch trennen, auswaschen, sonst Keimhemmung.
Liefert nicht immer bitterstofffreie Sämlinge.
Veredlung: Durch Okulation Anfang August am Wurzelhals 3..5 cm über dem
Erdboden auf zweijährige, 40..60 cm hohe Unterlagen. Man läßt einen 20 cm
langen Zapfen stehen, an den der Edeltrieb im Mai angeheftet wird. Der
Zapfen kommt dann Ende Juli bis Anfang September weg, die Wunde ist mit
Baumwachs zu verschließen. Für den Anbau zieht man Niederstämme heran, für
gestalterische Zwecke Hochstämme, deren Krone in 1,8 .. 2,0 m angeschnit-
ten wird. Allgemein schneidet man Heister auf Stammhöhe plus 4..5 Austriebe
an der Spitze an.
Die nunmehr entstehenden Austriebe kürzt man auf 3 Knospen ein, der ober-
ste Austrieb wird so hochgebunden, daß er später den Mittelast darstellen
kann.
Pflanzung
März bis April setzt man Edelebereschen auf 5..7 m Abstand voneinander.
Pflanzschnitt: Drei Triebe bleiben als Gerüst stehen, die auf 1/3 zurück-
gesetzt werden; alle Triebspitzen sollen in einer Ebene enden, der Mittel-
ast überragt diese Ebene um 15 cm. Bei schwachem Neuwuchs wird stärker ein-
gekürzt.
Erziehung
Da die Äste steil aufstreben, sollte man abspreizen und auf Auslage schnei-
den. Bei der Auslichtung alle vier Jahre kürzt man auch die Fruchtäste ein,
um dem raschen Vergreisen etwas vorzubeugen. Stammaustriebe sind zu ent-
fernen, sonst finden sich in der Krone auch bittere Früchte der Unterlage.
Den Mitteltrieb lässt man nicht "durchgehen".

ERNTE
(1) Ab 4. bis 5. Standjahr trägt die Eberesche gleichmäßig alle zwei Jahre.
Mitte bis Ende September in der Baumreife sind die Fruchtdolden vorsichtig
auszubrechen, damit die am Fruchtstiel sitzenden nächstjährigen Blütenknos-
pen nicht abbrechen. Spätere Ernte in der Vollreife zieht zu hohe Vitamin-
verluste nach sich. Ertrag pro Baum im Vollertrag 30..50 kg.
Lagerung bei 0°C und 85 % Luftfeuchte möglich. In Steigen gut transport-
fähig.

VERWERTUNG
(1) Beeren von den Dolden trennen. Saftausbeute beim Pressen 65 %. Zu Süßmost
(mit 30 % Zuckerzusatz), zu Gelee, Konfitüre, Marmelade, Wein, Likör.
Kandierte Früchte als Rosinenersatz. Sterilkonserve in 60%iger Zuckerlö-
sung, Sterilisierdauer (Früchte) 30 min bei 90 °C, Saft 20 min bei 75 °C.
(3) Die bitteren Früchte der wilden Eberesche wurden in der Volksmedizin gegen
Verdauungsbeschwerden und Hämorrhoiden infolge schlechter Leberfunktion
genommen (Aufguss). Die Vogelbeeren kann man durch Einlegen in schwache
Essiglösung über Nacht etwas entbittern. Aus solchen entbitterten Früchten
lässt sich auch Marmelade kochen (Früchte : Zucker = 2 : 1).

SCHÄDLINGE, KRANKHEITEN
Überhandnehmen von Schädlingen in zu warmen Lagen und in der Nähe von Apfel-
plantagen.
Apfelwickler, Drosseln, Ebereschenblattfloh, Ebereschenblattnestlaus, Eber-
eschenfruchtmotte, Ebereschenkernwespe, Ebereschenknospenmotte, Ebereschen-
pockenmilbe, Ebereschensägewespe, Ebereschensamenwespe (Negastigmus brevi-
candris RATZ.
), Hasen, Monilia, Rotwild, Ringfleckenmosaik, Stare.

SORTEN
(1) Konzentra, Rosina; Lombard-Hybriden: Apricot Queen, Brilliant Yellow,
Chamois Glow, Pink Queen, Salmon Queen
.
Unterlagen: Ebereschensämlinge, Wildlinge.

ARBEITSKALENDER
A8 Okulation bei eigener Anzucht
3.. 4 Pflanzung, Düngung
5 Edeltrieb an den Zapfen heften
5 ..8 Zusatzbewässerung in Trockenperioden
E7..A9 Zapfen entfernen
M9..E9 Ernte
ab 12 Winterschnitt in den ersten Standjahren.

HISTORIE
KRAETZEL [4] berichtet, dass Kinder (wie romantisch: "Hirtenknaben") im damali-
gen Spornhau im Altvatergebirge (heute Hruby Jesenik der Ostsudeten) um 1810
herausfanden, dass ein Vogelbeerbaum kaum bittere Beeren hergab. Der ansässige
Bauer veredelte die Reiser auf wilde Ebereschen und verbreitete dadurch den
Zufallsfund. Der Gattungsname wird auf das keltische sorb = herb zurückgeführt.

LITERATUR
[1] STRITZKE, S: "Seltene Obstarten im Garten", Bücher für den Gartenfreund,
Deutscher Landwirtschaftsverlag Berlin 1973
[2] FRIEDRICH, G., W. SCHURICHT: "Seltenes Kern-, Stein- und Beerenobst",
Neumann Verlag Leipzig-Radebeul 1985
[3] POLLMER, U., C. HOICKE, H.-U. GRIMM: Vorsicht Geschmack, Rowohlt Taschen-
buch, 2. Aufl. 2001
[4] KRAETZEL, F.: Die süße Eberesche Sorbus aucuparia var. dulcis, Wien und
Olmütz 1890

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