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FENCHEL

 
NAMEN
(1) Süßer Fenchel, Körnerfenchel, Teefenchel, Finkel, Brustwurzkörner:
Foeniculum vulgare ssp. vulgare var. dulce (MILL.) THELL.
(2) Bitterer Fenchel
Foeniculum vulgare MILLER ssp. vulgare var. vulgare
(3) Knollenfenchel, Gemüsefenchel, Zwiebelfenchel, Süßfenchel, Italienischer
F., Bologneser F., Malteser F., Finocchio
:
Foeniculum vulgare MILL. subsp. capillaceum GILIBERT (var. azoricum
(MILL.) THELL.)

E: fennel, florence fennel, F: fenouil, I: finocchio, N: venkel, P: koper
wíoski, R: fenxelj, S: hinojo, maratro, biznaja, U: édeskömény

BOTANIK: Fam. Apiaceae (Doldengewächse)
Zwei- bis mehrjährig.
(1) Höhe 0,8..2 m, aufrechter, runder, feingerillter, markig-hohler Stengel.
Fingerdicke, spindelige Wurzel.
Blüte von Juli bis September in gelben Dolden. 2n=22. Guter Nektar- und
Pollenspender.
Bild 1 Bild 2
(2) Äußeres wie (1). Früchte nahezu zylindrisch, unten breit abgerundet, oben
verschmälert, breites Griffelpolster, 3..12 mm lang, 3..4 mm breit.
Schwach gebogene Rippen [3].
(3) Höhe 0,4..0,6 m, Blütenstände bis 1,5 m. Pfahlwurzel, am Grunde eine ab-
geplattete Zwiebel aus Blattscheiden (Scheinknolle).
Dillartige Blätter.
Bild Samen Knollenfenchel "Fino"

WERT
(1) 100 g der bei 105 °C getrockneten Samen enthalten 5..7 ml ätherisches Öl
(lt. EAB mindestens 20 ml/kg), das zu 50..80 % aus trans-Anethol, bis
7,5 % Fenchon, dazu Pinen, Camphen, D-alpha-Phellandren, Dipenten,
Methylchavicol, Anisaldehyd und Anisketon, Cumarine (wie Bergapten) be-
steht; nicht mehr als 10 % vom unerwünschten Estragol. Weiterhin 14,5 g
fettes Öl, wovon über 70 % aus Petroselin- und Ölsäure stammen.
Fenchelkörner sind appetitanregend, verdauungsfördernd (gegen Blähungen,
Verstopfungen, Magen-Darm-Schwäche), krampfstillend, auswurffördernd
bei Husten, milchtreibend, menstruationsfördernd.
(2) Die Früchte (Foeniculi amari fructus) haben mindestens 40 ml ätherisches
Öl je kg, davon mindestens 60 % Anethol und mindestens 15 % Fenchon, aber
höchstens 5 % Estragol. Bitterfenchelöl (Foeniculi amari fructus aether-
oleum
) enthält 1..10 % alpha-Pinen, 0,9..5 % Limonen, 12..25 % Fenchon, 55
..75 % trans-Anethol; aber unter 6 % Estragol, < 0,5 % cis-Anethol, <2 %
Anisaldehyd. Dichte 0,961..0,972, Brechungsindex 1,528..1,539; optische
Drehung +10..+24°. Schmelzpunkt +5 °C. [5] [6]
(3) In 100 g zarten, unverholzten Knollen mit fleischigen Blattstielen sind
enthalten: 88 g Wasser; 1,5 g Proteine; 0,15 g Fette; 3,2 g Kohlenhydrate
(100 g/BE), 4 g Ballaststoffe; Energieinhalt 113 kJ.
Vitamine (in mg: 4,7 Karotin; 0,23 B1; 0,11 RF; 0,32 FS; 0,1 B6; 90 C; 12 E).
Mineralstoffe (in mg: 100 Ca; 2,7 Fe; 500..780 K; 49 Mg; 85 Na; 51 P; 0,25
Zn). Stark aromatisch durch 2..3 g ätherische Öle, Geschmack leicht süßlich
durch trans-Anethol (13-mal süßer als Rübenzucker), anisartig. Bekömmlich
auch für schwache Mägen. Der Strunk enthält aber besonders viel ungünstiges
Nitrat.

KENNZAHLEN
TKM=3..7 g, Keimgewähr 2 Jahre, Keimdauer 12..18 Tage. Keimfähigkeit 70..80 %.
Sätiefe 1,5..2 cm.
(1) Reihenabstand 15 cm, Abstand in der Reihe 8 cm durch Verziehen.
Im zweiten Standjahr 60 cm Reihenabstand und 40 cm von Doppelpflanze zu
Doppelpflanze oder 16 cm zwischen Einzelpflanzen.
Ertrag: 7 g Körner/Pflanze oder 100 g/m².
(3) Reihenabstand 25..50 cm, Abstand in der Reihe 15..25 cm bzw. 30 x 30 cm.
10..12 Pflanzen/m². Saatgutbedarf: 1 g für 100 pikierfähige Sämlinge oder
0,4 g/m² Freiland bzw. 2 g/m² Saatbeet.
Ertrag im Feldanbau 3 kg/m², im Garten und unter Glas 3,5 kg/m².

ANSPRÜCHE
LICHT, LUFT, WÄRME
Vollsonnig, gänzlich unbeschattet, windgeschützt.
(1) Möglichst trockener und warmer Spätsommer bis Herbst. Wo nicht genügend
Windschutz gegeben ist, muss Körnerfenchel an 1,5 m lange Pfähle angebun-
den werden.
(3) Frostempfindlich; überwinternde Quartiere zur Samengewinnung müssen durch
eingeschichtetes Laub und Fenster geschützt werden. Leichte Frühfröste
werden aber noch vertragen. Abdeckung durch perforierte Folie der Aussaat
im Frühjahr. Temperatur 7..25 °C, opt. 15..18 °C.
Frühere Sorten waren ausgesprochene Langtagpflanzen, sie blühten im Sommer.
Mehr als 14 Stunden Tageslicht und hohe Temperaturen bewirken Schossen.

WASSER
Fenchel wünscht gleichmäßige und gut verteilte Niederschläge, in der Haupt-
wachstumszeit Zusatzbewässerung, keine stauende Nässe. Trockenphasen lösen bei
Knollenfenchel Schießen aus.

BODEN
Humoser, sandiger Lehm bis lehmiger Sand, locker, tiefgründig, nährstoffreich,
kalkhaltig. Bodenreaktion neutral, pH 6,5..7,5.

FRUCHTFOLGE
2. Tracht. Anbaupause über 3 Jahre.
Geeignete Vorfrüchte: Blumenkohl, Getreide, Kohlrabi, Kopfsalat, Porree,
Spinat, Zwiebeln.
Ungeeignete Vorfrüchte: Dill, Möhre, Kartoffeln, Pastinake, Petersilie, Rüben,
Spargel.
Geeignete Mischfrüchte: Chicoree, Endivien, Erbse, Feldsalat, Gurke, Kopfsa-
lat, Pflücksalat, Radicchio, Salbei, Zuckerhutsalat.
Ungeeignete Mischfrüchte: Buschbohne, Koriander, Kümmel, Stangenbohne, Tomate.

NÄHRSTOFFE
Magnesium- und Bor-bedürftig. Kalkung oder Stallmistgaben zur Vorfrucht.
Körnerfenchel: Nährstoffentzug bei 120 g Körnerertrag und 400 g Stroh/m²
6,9 g N; 1,6 g P; 8,7 g K.

DÜNGUNG
Grunddüngung: P: 2 g (I)..4 g (III); K: 6 g (I)..16 g (III) /m².
(1) Kopfdüngung im Juli des 1. Jahres mit 8..10 g N /m² als Kalkammonsalpeter
oder Natriumnitrat.
Im 2. Jahr gibt man in Mai, Juni und Juli 0,3 %ige Volldüngerlösung oder
30 g Volldünger /m². Zuviel Stickstoff lässt zu spät blühen und mindert
den Körnerertrag.
(3) Grunddüngung mit 5 g N/m², zwei Kopfdüngungen mit 3,3 und 2,5 g N/m² nach
dem Auflaufen und vor dem Anhäufeln [7]. Als ökologische Dünger bewährten
sich Rizinusschrot, Lupinenschrot und Ackerbohnenschrot [7].

ANBAUPRAXIS
(1) Körnerfenchel ist im Mai recht dünn auszusäen. Bis zum Aufgehen ist das
Beet gleichmäßig feucht zu halten. Nach dem Aufgehen wird auf 8 cm dünn ver-
zogen. In Gegenden mit milden Wintern überwintert man gleich im Saatbeet,
indem das Kraut handhoch über dem Boden abgeschnitten, damit und mit strohi-
gem Dünger, Waldspreu oder Torf 10 cm hoch abgedeckt wird.
Schnee ist im Bestand zu halten. Wo strenge Winter zu erwarten sind, mietet
man die Jungpflanzen ein oder schlägt sie im Keller in feuchten Sand ein,
wobei sich aber die Pflanzen nicht berühren sollen. Die Temperatur im Keller
soll +1..+5 °C einhalten, damit die Pflanzen nicht vorzeitig austreiben. Von
Mitte März bis Mitte April des Folgejahres nimmt man die Winterschutzschicht
ab und gräbt zwischen den Reihen locker. Eingeschlagene Pflanzen sind recht
fest zu pflanzen in der gleichen Höhe, wie sie vorher gestanden haben. Alle
40 cm setzt man zwei Exemplare, von denen eine unter Umständen später eine
abgeschnitten werden kann. Gegen das Abknicken schützt das Anbinden an Pfäh-
le. Bodenbedeckung ist die geeignete Maßnahme gegen Unkraut. Chemische Un-
krautbekämpfung wäre mit den Wirkstoffen Benazolin, Buminafos, Chlorpropham,
Diquat und Prometryn im Vor- und Nachauflaufverfahren möglich.
Sorten, die schon im ersten Jahr gute Körnererträge bringen, sät man bereits
Ende März bis Anfang April aus, Bestandsdichte 25 Stück/m², Ernte Mitte Ok-
tober bis Mitte November. [2]
(3) Knollenfenchel:
Freilandaussaat Anfang Mai (Frühjahrsaussaat) oder Mitte Juni bis Mitte Juli
auf ein Saatbeet. Gepflanzt wird mit 4 Laubblättern auf Beete, von denen
überschüssiges Wasser leicht abfließen kann. Beim Pflanzen ist die lange
Wurzel gerade, ungeknickt in das tiefe Pflanzloch bzw. in die Rille zu brin-
gen. Die Blätter zeigen möglichst in Richtung der Pflanzreihen, damit sich
besser zum Bleichen anhäufeln lässt. Wegen der hohen Pflanzausfälle versucht
man auch Direktaussaat.
Besser ist eine Vorkultur unter Glas. Die Aussaat erfolgt bei 20 °C ab Feb-
ruar/März (Anzuchtdauer 6 Wochen), ab April (5 Wochen) oder Mai (4 Wochen).
Zwei Wochen nach Aussaat ist in Erdtöpfe zu pikieren und die Temperatur auf
14..17 °C zurückzunehmen. Pflanzzeit ins Freiland beginnt Anfang Mai, dabei
ist Folienbedeckung bis Mitte Mai zur Ernteverfrühung zweckmäßig. Schwarze
Mulchfolie verhindert große N-Auswaschungsverluste und steigert die Erntege-
wichte um 14..40 % je nach Witterung und Düngerart. [7]
Nach Anfang August ist die Pflanzung zu spät, da die Knollen bis zum letzten
Erntetermin Ende Oktober nicht mehr fertig werden.
Sobald die Zwiebeln die Größe von Hühnereiern erreichen, wird angehäufelt,
so dass sie zur Hälfte noch herausschauen, der übrige Boden ist zu hacken.

ERNTE
(1) Ab September muss der Bestand öfter durchgesehen werden, da die Dolden un-
gleichmäßig reifen. Die Reife ist an der Braunfärbung der Dolden zu erken-
nen. Vorzeitig gereifte Dolden sollte man aus Qualitätsgründen entfernen.
Entweder zieht man die Pflanzen zur Ernte aus der Erde oder schneidet sie
knapp über dem Boden ab, stellt sie auf Hocken und trocknet sie an Ort und
Stelle vor. In luftigen Trockenräumen erfolgt die Endtrocknung. Die Samen
streift man mit einem eisernen Kamm von den Dolden.
Feldanbau an geeigneten Stellen orientiert auf Mähdrusch Anfang Oktober,
später fallen die Körner aus.
(3) Bei Knollenfenchel wartet man mit der Ernte nicht zu lange, damit er nicht
zäh und fasrig wird. Der richtige Zeitpunkt ist meist bei einer Größe von
80..100 mm Durchmesser und über 150 g Einzelmasse erreicht (ideal 250 g).
Die Pflanzen sind herauszuziehen, der Strunk abzuschneiden und die Blätter
(unter Schonung der Herzblätter) 7 cm über der Zwiebel einzukürzen. Gutes
Erntegut ist schwerer als 150 g, hat über 6 cm Durchmesser und 10 cm Länge,
ist unbeschädigt, ungeplatzt, ungeschosst, frei von Schädlingen und Krank-
heiten.
Verpackung in Steigen zu 5 kg. Bei Kühllagerung bei 0..1 °C und 95 % Luft-
feuchte bis zu 6 Wochen lagerfähig. Die Transportdauer darf 3 Tage nicht
überschreiten.

VERWERTUNG
(1) Die Samen werden als Gewürz für Backwaren, Soßen, Quarkspeisen und Aufläufe
verwendet. Kombinierbar mit Vanille, Zitronenschale, Piment, Nelken, Paprika
und Knoblauch.
Medizinisch (Foeniculi dulcis fructus [4]) als Tinktur, Fenchelöl, Fen-
chelsirup oder Tee (2 Teelöffel voll zerquetschte Samen auf ein Glas kochen-
des Wasser, 10 min ziehen lassen. Nicht aufkochen! Kinder 1 Tasse am Tag,
Erwachsene bis 3 Tassen, darüberhinaus giftig!).
Das Fenchelöl (Oleum Foeniculi) ist lichtgeschützt bis zu 2 Jahren, die
Samen bis 18 Monate verwendbar.
(3) Die fleischigen Blattstiele mit den unverholzten Knollen stellen roh
(zu Salaten mit Paprika, Tomaten, Äpfeln, Käse) oder gekocht (Garzeit
20 min in wenig Salzwasser, angerichtet mit Zitrone, Butter oder gerie-
benen Käse) ein nur schwach nach Fenchel schmeckendes Gemüse dar.
Zur Zubereitung wird der harte Strunk keilförmig herausgeschnitten.

SCHÄDLINGE, KRANKHEITEN
Blattläuse, Erdraupen, Fenchelrost, Hasen, Kaninchen, Möhrenfliege, Sklero-
tiana, Violetter Wurzeltöter

ARBEITSKALENDER
Zeit Körnerfenchel (1) Knollenfenchel (2)
2.. 5 Aussaat unter Glas
A5 Direktaussaat Freilandaussaat
6 Verziehen
M6.. M7 Freilandaussaat
A5.. A8 Pflanzung vorkultivierter Pfl.
7 Kopfdüngung
E8..M10 Ernte
E10 Winterschutz/Einschlagen Winterschutz für Samenträger
M3.. M4 Abräumen Winterschutz
A4.. M4 Setzen überwinterter Pflanzen
5 Kopfdüngung
6 Kopfdüngung
7 Kopfdüngung
M9..A10 Körnerernte

SORTEN
(1) Deutscher Großfrüchtiger (zweijährig), Berfena, Magnafena (einjährig)
(3) Algerie, Amigo, Argo, Atos, Claro, Finale, Floro, Früher Sommer, Mantova-
no, Montebianco, Perfektion, Orion, Rondo, Sarno, Selma, Zefa Fino, Zefa
Tardo


HISTORIE
Der Gattungsname ist die Verkleinerungsform des lateinischem fenum = Heu;
im Althochdeutschen gibt es fenucal, woraus sich der heutige Name abgewandelt
hat. Im Griechischen heißt Fenchel marathon (mit omikron geschrieben), das Mara-
thon ("Fenchelfeld") mit der Schlacht 490 v.u.Z. dagegen mit omega.
Für HILDEGARD war der Fenchel eine Universalmedizin wie der Dinkel oder die
Esskastanie: "Wie auch immer Fenchel gegessen wird, macht er den Menschen fröh-
lich und vermittelt ihm gute Durchblutung, guten Körpergeruch und gute Verdauung
...denn wer Fenchel oder seinen Samen täglich nüchtern isst, vermindert den üb-
len Schleim oder die Fäulnisse in ihm, und er unterdrückt den üblen Geruch sei-
nes Atems." [8]

LITERATUR
[1] SANDHACK, H. A.: "Die Kultur der Heilpflanzen", Neumann Verlag Radebeul
Berlin 1953
[2] HEINE, H.: Körnerfenchel: ein- oder zweijährig? Gartenbaumagazin (1993)
12, 25
[3] EAB 4. Ausgabe (2002) 4.00/0824, S. 1863
[4] EAB 4. Ausgabe (2002) 4.00/0825, S. 1865
[5] EAB 4. Ausgabe 4. Nachtrag (2003) 4.04/1826, S. 4397
[6] DAB 2001: Bitteres Fenchelöl
[7] Verband der Landwirtschaftskammern (Hrsg.): Versuche im deutschen Garten-
bau / Gemüsebau (2003) 038-041 (W. SCHUBERT, B. RASCHER, U. LINDNER, K.
KELL, T. JAKSCH). Rheinischer Landwirtschafts-Verlag Bonn
[8] STREHLOW, W.: Die Ernährungstherapie der Hildegard von Bingen, Weltbild
Augsburg 2005

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