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HIMBEERE

 
NAMEN
(1) Himbeere
L: Rubus idaeus L.
E: raspberry, F: framboise, I: lampone, N: framboos, P: malina, R: malina,
S: frambuesa, sangüesa, T: malina, U: malna
(2) Japanische Weinbeere
Rubus phoenicolasius
(3) Tangutische Himbeere
Rubus cockburnianus
(4) Tibetische Himbeere
Rubus thibetanus
(5) Zimthimbeere
Rubus odoratus
(6) Erdbeer-Himbeere
Rubus illecebrosus
(7) Honigbeere, Mesimarja
Rubus arcticus
(8) Moltebeere, Multebeere, Sumpfbrombeere, Krannichbeere, Torfbeere
Rubus chamaemorus

BIOLOGIE: Fam. Rosaceae (Rosengewächse)
Halbstrauch, Höhe 0,8..2,2 m, Ruten mit sind mit Rindenborsten bewehrt.
Blätter auf der Oberseite glänzend grün, auf der Unterseite weißlich filzig.
Die Ruten blühen und fruchten im zweiten Jahre, danach sterben sie ab.
Zwittrig, selbstfruchtbar, aber Fremdbefruchtung bringt höheren Ertrag. Blüte
weiß ab Ende Mai bis zum Juli (an Gebirgsstandorten), Reife ab Ende Juni bis
Mitte Juli folgernd. Die Beere ist eine Sammelsteinfrucht, in Rispen, 2n=14.
Flachwurzler. Bild
Die herbst- oder zweimaltragenden Himbeeren tragen eigentlich nur richtig
im Herbst bis zum Frosteintritt, im Juli des Folgejahres handelt es sich nur
um eine Nebenernte.
(2) Höhe bis 3 m, 1,5 m breit. Pflanze ist mit rotbraunen Borsten besetzt.
Blüte groß, hellrosa. Die Früchte befinden sich anfangs in einer Hülle wie
eine Kastanie. Zur Reifezeit (August) wird die wie eine Himbeere aussehen-
de, orangerote Frucht freigegeben. Geschmack himbeerartig. [5]
(3) Triebe weiß bereift. Blüte purpurn. Beeren klein, schwarz.
(4) Triebe weiß bereift. Blüte purpurn. Beeren klein, schwarz.
(5) Strauch mittelgroß, dicht. Blüte purpurrosa, 5 cm groß, in Rispen.
Früchte hellrot, klein, ungenießbar.
(6) Halbstrauch, unterirdische Ausläufer. Blüte weiß, Juli..Oktober. Früchte
dick, rot, fade.
(7) Bodendecker, Ausläufer. Skandinavien.
(8) Stachellos. Frucht groß, gelb..orange. Nordeuropa, Kanada, Asien, Moorge-
biete.

WERT
In 100 g Früchten sind enthalten:
┌────────────────────────┬──────────────┬───────────────┬──────────────────┐
│ Hauptbestandteile │ Vitamine │ Mineralstoffe │ Sonstige │
├────────────────────────┼──────────────┼───────────────┼──────────────────┤
│ Proteine 1,2 g │ Karot.0,016mg│ Ca 40 mg │ Purine 18 mg│
│ Fette 0,4 g │ B1 0,03 mg│ Fe 1 mg │ Äpfelsäure 40 mg│
│ Kohlenhydrate 8..13 g │ RF 0,06 mg│ K 190 mg │ Oxalsäure 15 mg│
│ KH-Einheit 100 g │ PP 0,3 mg│ Mg 23 mg │ Zitronens.1300 mg│
│ Ballaststoffe 5,3 g │ PS 0,2 mg│ Mn 0,5 mg │ Ellagsäure │
│ Mineralst.ges. 0,6 g │ B6 0,08 mg│ Na 1 mg │ ORAC 1220 µmol/g│
│ Basenübersch.5,8 mmol/z│ FS 0,016mg│ P 44 mg │ │
│ Brennwert 142 kJ │ C 25 mg│ Cu 0,15mg │ │
│ Wasser 84 g │ H 0,002mg│ Zn 0,5 mg │ │
│ │ P 10 mg│ │ │
└────────────────────────┴──────────────┴───────────────┴──────────────────┘
Das Aroma der Himbeeren rührt hauptsächlich vom p-Hydroxyphenyl-3-butanon
(= 1-(p-Hydroxyphenyl)butan-3-on) her.
Sehr gute Bienenweide (120 kg Zucker/ha).
Die Blätter enthalten Gerbstoffe, Säuren und Vitamin C, schleimlösend, harn-
und galletreibend, mit Kamille gegen Blähungen.

KENNZAHLEN
Abstand von der Gartengrenze 0,75 m, Reihenabstand 1,5..2 m, Doppelreihen stehen
0,6 m auseinander. Abstand in der Reihe (bei der Pflanzung) 0,3..0,6 m, späterer
Rutenabstand 0,1 m. Bei den meisten Sorten ist ein Drahtspalier erforderlich,
dessen Drähte etwa in den Höhen 0,4 m; 0,6 m und 1,1 m oder in 0,8 und 1,6 m
gespannt sind.
Einstufung der Wuchsstärke:
Rutenlänge Durchmesser Knospen pro Trieb Blüten pro Trieb
stark 190 cm 12 mm 38 250
mittel 160 cm 10 mm <37 140
schwach 125 cm 7 mm 25 70
Ertrag 0,5..2,0 (sogar 3) kg/m² bzw. 1..2 kg/lfm; Pflückleistung je nach
Behang 2..7 kg/AKh.

ANSPRÜCHE
LICHT, LUFT, WÄRME
Möglichst vollsonnig, keinesfalls schattig. Wegen des Lichtgewinns und der
besseren Holzausreife sind die Reihen in Nord-Süd-Richtung anzulegen.
Die Blüte ist kaum frostgefährdet. Saugwurzelschäden unter -4,2 °C.
Windempfindlich.

WASSER
Hohe Bodenfeuchtigkeit, aber nicht nass oder gar stauend nass. Durchschnitt-
licher Wasserbedarf 500..600 mm/Jahr. Zusatzberegnung ab beginnender Reife
(Ende Juni bis Anfang August) erhöht den Ertrag, ideal ist Tröpfchenbewässerung.

BODEN
Humos, nährstoffreich, tiefgründig (Krume über 0,5 m mächtig). Wenn die Wasser-
versorgung gesichert ist, ist auch sandiger und flachgründiger Boden vertret-
bar. Kalkhaltig, Bodenreaktion neutral, pH 6,5..7.
Vor dem Anbau ist 0,4 tief zu lockern, vor allem die Wurzelunkräuter (Quecke)
sind gründlich zu beseitigen, denn im Bestand ist Hacken nur bis höchstens
5 cm möglich. Länger als 10..15 Jahre soll die Anlage nicht stehen.

FRUCHTFOLGE
Bei der Nachpflanzung gibt es unspezifische Nachbaudepressionen, die vermut-
lich von Nematoden herrühren. Chemische Bodendesinfektion kann die Probleme
beheben, Standortwechsel ist besser.
Unterkultur ist möglich mit Buschbohnen, Perserklee und Ringelblumen.

NÄHRSTOFFE, DÜNGUNG
Die Himbeere ist sehr stark chlorempfindlich, empfindlich gegen Asche- und
Müllkompost, sowie Mangel an Magnesium, Eisen und Mangan (dann bis zu 1,5 g
Mangansulfat /m²) und Eisen. Geeignete Dünger: Blaukorn-Volldünger, Superphos-
phat, Kalkammonsalpeter, Harnstoff, Kaliumsulfat, Mg-Kali.
Alle 3..6 Jahre ist mit 100 g Kalk zu neutralisieren.
Grunddüngung mit 5 kg Stallmist oder 10 kg Kompost, 5..10 g P, 20..25 g K/m².
Düngermengen nach Durchschnittsertrag:
N P(II) P(III) K(II) K(III)
unter 0,4 kg/m² 4 1,3 3 5 12
0,4..0,8 kg/m² 6 1,8 4 8,5 15
über 0,8 kg/m² 7,5 2,0 5 10 20
Höhere Düngergaben verstärken das Rutensterben.
Bei Einzeldüngern gibt man 2/3 des Kaliums und Phosphats im Winter, das
letzte Drittel Ende Juli bis Anfang August, die Stickstoffmenge teilt man auf
zwei Gaben auf (April und Mai). Bei Volldünger erhält der Bestand 2/3 im April,
das letzte Drittel wieder Ende Juli bis Anfang August, nach dem Auslichten.
Jeden Herbst erhält die Anlage Kompost oder gut verrotteten Stalldung (Nähr-
stoffgehalt mit berücksichtigen). Bei sehr zellulosereicher Bodenbedeckung
können bis zu 5 g N /m² zusätzlich zugeführt werden.

ANBAUPRAXIS
Jungpflanzengewinnung:
Vermehrungg durch Wurzelschösslinge, die mindestens 10 mm stark und 1 m lang
sind. Sie werden Oktober bis November vorsichtig ausgehoben und sind sofort
pflanzwürdig. Schwächere Schösslinge verfügen oft über eine bessere Bewurzlung.
Schösslinge aus dem alten Stock sind unbrauchbar.
Nach einem anderen Verfahren werden junge Wurzelschosse mit etiolierter (ge-
bleichter) Basis von 7..12 cm Länge als Grünstecklinge oder im Sprühnebel be-
wurzelt. Eine gute Jungpflanze soll gut bewurzelt sein, 1..2 kräftige Wurzel-
halsknospen aufweisen sowie frei sein von Rutenkrankheiten und Virus.
Pflanzung:
Die Pflanzen können 10..15 cm tiefer als vorher gesetzt werden. Kräftige Triebe
sind bis auf 30 cm über dem Boden einzukürzen. Eine bis 1 m breite Mulchdecke
mit 1..2 kg lufttrockenem Material je m² (Stroh, Heu, Kartoffelkraut, Bohnen-
stroh, gehäckselte Altruten (es konnte experimentell nicht nachgewiesen werden,
dass dadurch der Befall mit Rutenkrankheiten steigt [1])) steigert den Ertrag um
bis zu 50 %, weil weniger Rutensterben auftritt. Später dürfen die Ruten nicht
eingekürzt werden, da die Fruchtknospen oben ansetzen - zu lange Triebe biegt
man entweder wieder nach unten oder bindet mehrere zusammen.
Pflege:
Nach der Ernte werden die abgetragenen zweijährigen Ruten direkt an der Erd-
oberfläche am besten mit einer Asthebelschere abgeschnitten (Stummel stören
die Bodenbearbeitung und sind Eintrittspforten für Krankheiten). Ebenso werden
zu dünne und zu dicht stehende Triebe entfernt, so dass pro laufendem Meter
etwa 10 Ruten stehen. Schösslinge zwischen den Reihen werden wie Unkraut weg-
gehackt. Im Spalier sollen die Triebe nicht scheuern, anbinden.
Es können bis zu 5 Spritzungen gegen Grauschimmel (Botrytis) und eine Insekti-
zidspritzung kurz vor der Blüte gegen den Himbeerkäfer erforderlich werden.

Zweimaltragende Himbeeren:
Man schneidet sie im Winter auf 25 cm zurück, daran entstehen neue Triebe
für die Sommerernte. Die abgetragenen Ruten sind gleich nach Ernte dicht
über dem Boden abzuschneiden. Die Herbsternte wird kaum vom Himbeerkäfer heim-
gesucht, sie ist auch aromatischer als der Sommerertrag.

(7) Kultur wie Erdbeere. Anspruchslos. Boden nicht verdichtet oder zu schwer.
Leichter Schatten ist möglich. Zwei Sorten pflanzen wegen Fremdbefruchtung.
Kann bis 20 Jahre an Ort und Stelle bleiben. [7]
(8) Kein Intensivanbau

ERNTE
Die Pflückreife liegt bei voll ausgefärbten Früchten von Ende Juni bis Anfang
August vor. Es ist frühmorgens alle zwei Tage ohne Kelch und Stiel zu pflücken;
Beim Verfasser hat sich ein Pflückbeutel bewährt, dessen Ring mit zwei Schlau-
fen an Daumen und kleinem Finger gehalten wird; mit Daumen und Zeigefinger
werden die Beeren erfasst und in den Beutel (oder eingesetzten Plastbecher)
fallen gelassen. Dadurch werden unproduktive Armbewegungen stark reduziert.
Die druckempfindlichen Beeren kommen zu 2 kg in Spankörbe oder zu 500 g in
Pappbehälter (Auslese).
(8) Aufwendige Ernte, da oft nur eine reife Beere am Strauch hängt.

VERWERTUNG
Frischverzehr, wobei sich erst nach Zuckerzusatz das Aroma voll entwickelt.
Im Kühllager bei -0,5 °C und 85 % Luftfeuchte bis 5 Tage haltbar.
Gefrierkonserven mit 10..20 % Zucker 8..12 Monate lagerfähig.
Sterilkonserve mit 200 g Zucker je Literglas, Sterilisierdauer 20 min bei
85 °C. Eine Zugabe von 4 g Weinsäure oder Zitronensäure auf 1 kg Früchte ver-
bessert Geschmack und Haltbarkeit.
Dem Saft kann man auch 2,5 g Ameisensäure je Liter zusetzen. Wenn der Saft ab-
gepresst werden soll, lässt man die Früchte erst leicht angären, damit der
Saft nicht mehr geliert (Pektolyse). Saftausbeute 72 %. Umgekehrt sind zu
Marmelade möglichst frische Früchte zu verwenden.
Zu Likör kommen auf 1 kg Früchte 0,4 kg Zucker und 1 l Kornbrand, nach vier
Wochen wird abfiltriert. Rumtopf.
Die Blätter (Herba Rubi Idaei) werden medizinisch (2 Essl. auf 1 Tasse
kochendes Wasser) oder fermentiert als Haustee gebraucht. Dazu pflückt man die
Blätter der wildwachsenden Arten und trocknet sie bei maximal 50 °C an schat-
tiger Stelle.
(8) Roh mit Zucker und Sahne ("Multekrem" in Norwegen), herbwürzig, oder zu Mar-
melade.

SCHÄDLINGE, KRANKHEITEN
Blattläuse, Grünschimmel, Himbeerblütenstecher, Himbeerglasflügler, Himbeer-
käfer (Himbeermade), Himbeerruten-Gallmücke (Thomasiana theobaldi), Himbeer-
rutensterben, Himbeer-Blattmilbe (Eriophyes gracilis NAL.), Himbeerkrebs,
Verzwergung (Mykoplasmose), Virosen (Adernbänderung, Adernchlorose, Flecken-
mosaik, Himbeer-Gelbverzwergung, Ringfleckenkrankheit, Rubus-Stauche),
Wurzelkropf

ARBEITSKALENDER
11.. 3 Düngung 2/3 K und 2/3 P.
3.. 4 Düngung 1/2 N oder 2/3 Volldünger
5 Düngung 1/2 N, Spritzung vor der Blüte gegen Himbeerkäfer
E6..A8 Ernte
A8..M8 Auslichten. 1/3 Dünger
9 Mulchdecke erneuern
10 Jungpflanzengewinnung, Pflanzung, Mulchen
11 Kalkung nach Bedarf

SORTEN [6]
Sommertragend:
Berlin, Bulgarski Rubin, Esenna pozlata, Glen Moy, Golden Queen, Goldtraube
(gelb), Heritage, Himbostar (Rafzelsa), Himboqueen (Rafzeter), Malling Admiral,
Malling Promise, Leo, Lyulin, Rosa (Lucana), Roter Riese, Rucami, Rumiloba,
Rusilva, Rutrago, Schönemann, Veten, Willamette, Zefa2

Zweimaltragende bzw. herbsttragende:
Autumn Bliss, Aroma Queen, Korbfüller, Nordmark, Zeva Herbstfreude, Zefa3,
(Zefa Herbsternte), Bermuda (schwarz), Chilliwack, Cola, Gevalo, Glen Glova, Gradina,
Marla, Meeker, Niniane (Rubaca), Polka, Pokusa, Rafzmach, Rubi


HISTORIE
Das Epitheton idaeus weist auf das Idagebirge in Kleinasien hin (auf dem Berg
Ida auf Kreta findet man die Himbeere nicht). Das althochdeutsche hintperi
wird gedeutet als eine Beere, die die Hirschkuh, die Hinde, gerne frisst (?)[8].
Neben anderen Nutzpflanzen wie Gerste, Weizen, Hafer, Rispenhirse, Ackerbohnen
und Erbsen fanden sich Kerne von Himbeeren in vorrömischen, eisenzeitlichen
(um 200 v.u.Z.) Fundstellen bei Groß Luckow/Uckermark [9].

LITERATUR
[1] Gartenbau (1985), 8, 255
[2] KRAMER, S; W. SCHURICHT: "Rationelle Strauchbeerenobstproduktion"
Deutscher Landwirtschaftsverlag Berlin 1977
[3] KRAMER, S.: "Beerenobst im Garten", Bücher für den Gartenfreund, Deutscher
Landwirtschaftsverlag Berlin, 2. Aufl. 1982
[4] SORGE, P.: "Beerenobstsorten", Neumann Verlag Leipzig Radebeul 1984
[5] Neue Deutsche Gartenzeitung (1991) 4, 19
[6] Sorten: GartenZeitung (1999) 2, 42
[7] GartenZeitung (2001) 4, 46
[8] MARZELL, H. / H. PAUL: Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen, Bd. 3, Hir-
zel Stuttgart, Steiner Wiesbaden 1977
[9] RAUCHFUß, B.: Die eisenzeitlichen "Zwillingsdörfer...", in: Die Autobahn
A20 - Norddeutschlands längste Ausgrabung, Schwerin 2005

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