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LIEBSTOCK

 
NAMEN: Liebstock, Liebstöckel, Leberstockkraut, Badekraut, Großer Eppich,
Saukraut, Saustockkraut, Maggikraut

L: Levisticum officinale W.D.J. KOCH
E: lovage, F: livèche, I: sedano montano, N: lavas, R: sorja, S: levistica,
apio montano

BOTANIK: Fam. Apiaceae (Doldengewächse)
Ausdauernde Staude mit dick ästigem, geringelten Wurzelstock. Stengel hohl,
rund, kahl, mit aufrecht stehenden Ästen, Höhe 1..2 m. Blätter gefiedert, mit
häutigem Stiel. Blüte Juli bis August, blassgelb, in zusammengesetzten Dolden.
2n=22. Früchte sind Doppelachänen.
Wurzelstöcke sind oft längsgespalten, kurz, bis 5 cm dick, hellgraubraun..gelb-
lichbraun, glatt, mit Auswüchsen, wenig verzweigt. Wurzeln bis 25 cm lang und
bis 1,5 cm dick. Ganze Pflanze mit starkem, aromatischen, sellerieartigen
Geruch und Geschmack.
Bild 1 Bild 2
Bild Samen

WERT
100 g der bei 105 °C getrockneten Wurzeln (Radix Levistici) enthalten 0,6..2
ml ätherisches Öl mit 70 % Alkylphthaliden, Harzstoffen, Furocumarinen (Psora-
len
, Bergapten, beide phototoxisch), Umbelliferon, D-alpha-Terpineol, ß-Sito-
sterol, Gummi.
Die Wurzeln zeigten sich im Agartest antibiotisch (gegen Pilze und grampositive
Bakterien), die oberirdischen Teile nicht. Der Hauptwirkstoff dafür sind bis
zu 0,06 % (+)-Falcarindiol (ein relativ giftiges Polyacetylen, daher als Ge-
würz und Naturheilmittel nicht unbedenklich).[1]
Harntreibend (gegen Gicht, Rheuma, Herz- und Nierenleiden, Ödeme, Steine),
schleimlösend, auswurffördernd, krampflösend (gegen Völlegefühl, Blähungen),
fördert Gallenausscheidung. Gegen Migräne durch schlechte Nierenfunktion, aber
nicht bei akuten Entzündungen des Nierenparenchyms [2]. Gegen Periodenschmer-
zen. Nicht in der Schwangerschaft.
Der Aromaträger ist (Z)-Ligustilid. Das Kraut ist weniger wirksam als die
Wurzel, aber zu Kartoffelsuppen als Sellerie-Ersatz, Küchenwürze ("Maggikraut")
Übermäßigen Verzehr unterlässt man besser, da empfindliche Leute Übelkeit
und Schwindel erleiden können.
Als Phytoalexin lässt sich in den Blättern Falcarinol finden.

KENNZAHLEN
TKM = 4 g. Keimgewähr 2 Jahre, Keimfähigkeit 40 %, Keimdauer 3 Wochen.
Reihenabstand 0,5 m, Abstand in der Reihe 0,4 m. Saatgutbedarf 0,2 g/m².
Ertrag an Wurzeln (getrocknet) 250..400 g/m².

ANSPRÜCHE
Sonniger, notfalls halbschattiger Standort. Tiefgelockerter, nährstoffreicher
Mittelboden, Lehm, nicht zu nass oder zu trocken. Humos und kalkhaltig,
pH 5,8..7,2. Boden gut vorbereiten, da Liebstöckel bis zu 10 Jahren am Ort
stehen bleiben kann.
Geeignete Mischfrüchte: keine

DÜNGUNG
Im ersten Jahr wird noch nicht gedüngt. In den folgenden Jahren sind Ende
April 5 g N, 10 g K und 3 g P /m² zu verabreichen (etwa 30 g Volldünger).
Anfang Juni können noch 5 g N /m² (20 g Kalkammonsalpeter) aufgelöst gegeben
werden.

ANBAUPRAXIS
Die Aussaat wird Anfang August vorgenommen und im Frühjahr an Ort und Stelle
gepflanzt. Leichter ist das Teilen einer Stammpflanze im Frühjahr zum ersten
Austrieb, da der Bedarf an diesem würzkräftigen Kraut ohnehin nicht so groß
ist, wenn man von der Wurzelnutzung absieht. Die Blütenstengel werden immer
rechtzeitig ausgebrochen.

ERNTE, VERWERTUNG
Die Blätter können jederzeit entnommen werden und an Suppen oder Soßen gegeben
werden. Als Gewürz sind sie kombinierbar mit Beifuß, Bohnenkraut, Estragon,
Majoran, Muskat, Petersilie, Pfeffer, Rosmarin, Sellerie, Thymian.
Die Wurzeln sind im Oktober zu roden, gründlich zu waschen, in Streifen zu
schneiden, bei Temperaturen bis zu 45 °C zu trocknen und zu mahlen.
Das hygroskopische Pulver ist in dicht schließenden Behältern (Insektenbefall!)
aufzubewahren. Medizinisch als Tee (1 Teel. auf zwei Glas Wasser), wobei ein
Kaltwasserauszug besser ist, da die Wurzel in der Hitze an Wirksamkeit ein-
büßt. Auch als Badezusatz gegen schlechtriechenden Schweiß.

ARBEITSKALENDER
M3.. 4 Teilung zu mächtig gewordener Stöcke, Pflanzung
E4 Düngung
A6 Düngung. Beginn Blatternte
A8 Aussaat bei großem Pflanzenbedarf
9..10 Rodung der Wurzeln zur Drogengewinnung

SORTEN
Mittelgrobblättriger, Ache des Montagnes

HISTORIE
libystikon hieß eine Pflanze bei DIOSKORIDES, PLINIUS nannte sie ligusticum,
da sie in Ligurien häufig sei. Beim deutschen Namen finden sich im ersten Teil
Liebe, Leben, Leber, Lob, Laub, Lust. Der stattliche Stengel assoziierte Stö-
ckel, Stock, Stecken. [5]

LITERATUR
[1] Naturwissenschaftliche Rundschau (1985), 1, 28
[2] ROTH, L.,M. DAUNDERER, K. KORMANN: Giftpflanzen Pflanzengifte, Nikol
Hamburg, 4. Aufl. 1994
[3] EAB 4. Ausg. (2002) S. 2251, 4.00/1233: Liebstöckelwurzel
[4] EAB 4. Ausg., 2. Nachtrag (2003) S.3591, 4.02/1233
[5] MARZELL, H.: Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen, 2. Bd. Hirzel Leipzig
1972

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