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LÖWENZAHN

 
NAMEN
(1) Löwenzahn, Pusteblume, Butterblume, Kuhblume, insgesamt etwa 400 Namen
im Volksmund
L: Taraxacum officinale (WITH.) WIGGERS (syn. Leontodon taraxum L.)
E: dandelion, F: dent-de-lion, pissenlit, I: tarassaco, N: hondsbloem,
paardebloem, P: brodawnik mleczowaly, R: oduwantschik, U: oroszlánsörény
(2) Herbstlöwenzahn
Leontodon autumnalis L.
VERWECHSLUNG möglich mit Habichtskräutern oder
(3) Gemeines Ferkelkraut, Wiesenferkelkraut, Brachsalat
Hypochoeris radicata L.

BOTANIK: Fam. Asteraceae (Korbblütler)
(1) In Deutschland gibt es etwa 150 Unterarten; die Chromosomensätze sind sehr
unterschiedlich.
Aus starker, mehrköpfiger Pfahlwurzel bildet sich eine Rosette aus einge-
schnittenen bis fiederspaltigen Blättern. Gelbe Zungenblüten auf hohlem
Stengel von April bis Juli, vereinzelt bis September. Samen mit Flugappa-
rat. Die Pflanze führt einen weißen Milchsaft.
Bild Löwenzahn
(2) Ausdauernd. Blüte Juli bis September, gelb, unterseits rötlich gestreift.
Anzeiger für gut ausgeglichenen Boden.
Bild Herbstlöwenzahn
(3) Ausdauernd. Höhe 0,15..0,6 m. Stengel blaugrün, blattlos, einköpfig. Blätter
zerstreut borstig, keilig länglich, speckig glänzend, in grundständiger
Rosette. Blüte Juni bis September, gelb, Blüte länger als die Hülle. 2n=8.
Frucht lang geschnäbelt.
Bild Ferkelkraut

VORKOMMEN
(3) Trockenrasen, Magerrasen, Kiefernbestände, Wegränder, Raine

WERT
(1) Meist nur als Unkraut verfolgt. In 100 g frischen Blättern sind enthalten:
83 g Wasser; 2,7 g Proteine; 0,7 g Fette; 8,8 g Kohlenhydrate (150 g/KHE);
3 g Ballaststoffe. Brennwert 105..230 kJ.
Mineralstoffe (in mg: 158..187 Ca; 3,1 Fe; 440 K; 36 Mg; 76 Na; 70 P; 1,2
Zn; Si!).
Vitamine (in mg: 8 Karotin bzw. 13000 IE Provitamin A; 0,19 B1; 0,17 RF;
0,8 PP; 0,04 FS; 0,2 B6; 36 C; 5 E).
5 mg Purin-N. 25 mg Oxalsäure; Bitterstoffe (Taraxacin=Taraxacerin); Gerb-
stoffe, Sesquiterpenlaktone, Triterpene, Inulin, ß-Sitosterin, Cumarine,
Carotinoide, ätherisches Öl, Cholin, Kautschuk, das wachsartige Taraxerin.
Vor der Blüte sind die Blätter noch nicht sehr bitter.
In der Wurzel Taraxin, Phenolcarbonsäuren.
Verdauungsfördernd, appetitanregend, günstig auf Leber, Niere, Blase und
Prostata, fördert die Gallenausscheidung und verhindert die Gallensteinbil-
dung oder löst Gallensteine sogar auf, gegen Arthrosen, Rheuma, Hämorrho-
iden, Ekzeme, Hautflecken, Schwellungen der Brüste, Blutgerinnsel in der
Lunge, Augenleiden, harntreibend (französischer Name!), zur Entgiftung.
Die Wurzeln enthalten den Bitterstoff Taraxacin am meisten im Frühjahr,
Cholin und - jahreszeitlich abhängig - bis 40 % Inulin (im Frühjahr nur
1..2 %). Ab Oktober ist das meiste Taraxerin und Lävulin enthalten.
Hin und wieder treten Kontaktallergien (Ekzeme an den Händen) durch den
eigentlich giftigen Milchsaft auf (z.B. durch jahrelangem Kontakt beim
Sammeln als Kaninchenfutter).
(2) Unkraut, Zwischenwirt des Himbeer- und des Rapsglanzkäfers.
(3) Die Blätter können als Salat gegessen werden. In manchen Gegenden wurde es
Kühen zum Fressen zugesetzt, damit die Butter schön gelb wird. [3]

ANBAU, ERNTE
(1) Löwenzahn ist meist Unkraut, das in Obstanlagen nicht gern gesehen wird,
weil die Bienen auch Löwenzahn in Konkurrenz zur Obstblüte befliegen,
Spritzungen an Obst wegen der blühenden Unterkultur unterbleiben müssen
und die Festigkeit der Grasnarbe leidet; von der Nahrungskonkurrenz ganz
abgesehen. [1]
Meist wird nur aus Wildvorkommen gesammelt. Dagegen werden ausgesuchte
Sorten (blattreich, nicht zu tief eingeschnittene Blätter, winterfest) wie
Chicoree aus Wurzeln getrieben. Das Treiben kann in Tontöpfen, Eimern, in
Kellern oder mit Erdanhäufelung geschehen.
Die Aussaat der Sorten erfolgt von April bis Mai oder im August im Reihen-
abstand von 30..45 cm. Pikieren eine Woche nach dem Auflaufen, Pflanzen
nach 5 Wochen, die kräftigsten Pflanzen werden in Reihen gesetzt im Abstand
von 20 cm. Dann bedarf es keiner weiteren Pflege mehr. Entweder werden von
August bis November die Wurzeln geerntet oder angehäufelt oder mit schwar-
zer Folie bedeckt oder es werden erst im Frühjahr die Reihen etwa 10 cm
hoch mit Erde bedeckt - die durchtreibenden Blätter sind dann Ernteware.
Bleichen mildert den bitteren Geschmack erheblich.
Ebenso lassen sich die etwas älteren Blätter durch Einlegen in Wasser (2..
3 Stunden) entbittern.
Für medizinische Zwecke wird von März bis Mai vor der Blüte die ganze
Pflanze geerntet, sie wird nicht gewaschen, nur die Erde abgeklopft.
Trocknen bis 50 °C.
In der TCM werden die Ganzpflanzen aus der Erde gezogen, von anhaftender
Erde befreit, in Sonne und Wind getrocknet. Daraus Abkochungen mit bis zu
20 Pflanzen pro Tag in drei Gaben auf leeren Magen. [2]
(2) Bekämpfung durch regelmäßiges Ausstechen. Mahd vor der Samenreife. Bei
massenhaftem Auftreten Herbizide. Bodenherbizide wirken nicht.

VERWERTUNG
Die Blätter zu Salat (wie Feldsalat). Die Blätter werden nach einstündigem
Liegen in Wasser entbittert, in Streifen geschnitten, mit Salatsoße angerichtet.
Frühjahrskuren. Eine Delikatesse sind in Butter gedünstete ganz junge Blüten-
knospen.
Als Hustenmittel wird in der Volksmedizin hin und wieder Löwenzahnsirup ange-
priesen. Dazu werden 400..500 Blütenköpfe mit 2 zerschnittenen Zitronen 20 min
in 1,25 l Wasser gekocht. Nach 24 Stunden wird abfiltriert und mit 1,5 kg
Zucker 1 Stunde lang eingedampft. Abfüllen in Marmeladengläser.
Aus den Wurzeln - 1 cm unter dem Blattansatz abgeschnitten - werden Tinkturen
für medizinische Zwecke hergestellt. Die ganze getrocknete Pflanze (Radix
Taraxi cum herba
) ist 3 Jahre lagerfähig.
Zur Kur gegen Harnleitersteine und als Frühjahrskur wird 6 Wochen lang (nach
4 Tagen immer 2 Tage Pause) täglich vor den Hauptmahlzeiten der Absud getrun-
ken (1 Essl. Droge mit 3 Tassen Wasser kalt ansetzen, aufkochen, nach 10 min
abseihen). Auch als Cholagogum (galletreibendes Mittel), Diureticum (harntrei-
bend) und als Stomachicum (Magenmittel). Der Presssaft kann wie Artischocken-
saft zur Leberpflege dienen.

SORTEN
Delikateß, Krausblättriger, Mausers Treib, Nouvel, Sperlings Lyonel, Treib-
riese, Vollherziger


HISTORIE
Im Gattungsnamen stecken die griechischen taraxis = Augen-Entzündung und akeo-
mai
= ich heile. Taraxacon übernahmen die Apotheker von Avicenna, obwohl der
eine andere Pflanze meinte, aber es klang besser als das dens leonis (= Löwen-
zahn). Im Deutschen bezeichnen etwa 400 Namen den Löwenzahn. [3]
Hypochoeris aus hypo = unter, choiros = Ferkel. Den Namen fand man bei THEO-
PHRAST, die Deutungen ergehen sich auf die Wuchsorte, wo Schweine gern fressen.
[3]

LITERATUR
[1] Gartenbau 8(1987), 4, 117
[2] REID, D.: Handbuch der chinesischen Heilkräuter, Knaur, 1998
[3] MARZELL, H./ H. PAUL: Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen, 4. Bd. Hirzel
Stuttgart, Steiner Wiesbaden 1979

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