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LOTOSBLUME

 
NAMEN: Lotosblume, Indische Lotosblume
L: Nelumbo nucifera GAERTN. (syn. Nelumbium speciosum)
E: lotus, J: hasu no hana, R: lotos

BOTANIK: Fam. Nelumbonaceae (Lotosblumengewächse), früher Nymphaeceae.
Mehrjährig. Wasserpflanze. Schwimmblätter 30..50 cm groß, mitunter mit einer
Pfütze im Blatt, das nicht benetzt wird ("Lotos-Effekt"); attraktive Blüte
weiß oder rosa, sie öffnet sich nur bei strahlendem Sonnenschein, etwa 0,5 m
über den Schwimmblättern stehend. Zur Blütenbildung braucht die Pflanze 90 Tage
über 20 °C. Fruchtstand ein auf der Spitze stehender Kegel, anfangs grün, in
der Reife braun. Samen mit schwarzer Schale sitzen auf der oben stehenden Kegel-
basis. Rhizom wie aneinander gereihte Bananen im Gewässergrund kriechend, im
Kübel umschlingen sich die weißen Rhizome.

VORKOMMEN
Anbau in tropischen Regionen Asiens und Australiens, bei uns bislang nur im Tro-
penhaus. Die gegenwärtige Klimaerwärmung macht den Freilandanbau in Weinbauge-
bieten möglich.

WERT
Die dicke Wurzel enthält viel Stärke und ist essbar, wirkt aber auch blutstil-
lend und zusammenziehend. Die ganze Pflanze enthält Alkaloide (Nuciferin, Nor-
nuciferin, Pronuciferin, Armepavin, Roemerin). [5]
Die Samen werden in der TCM gegen Impotenz, zu starke Menstruation, Weißfluss,
Schlaflosigkeit, Neurasthenie, Herzschwäche, Pankreatitis und Durchfall einge-
setzt, sofern nicht Verdauungsstörungen oder Verstopfung vorliegen.

VERWENDUNG
Die Wurzel kann roh, gekocht oder in Essig eingelegt gegessen werden.
Die Blätter dünstet man zusammen mit Fleisch.
Aus den nussartigen Samen kann Suppe gekocht werden (eine Tasse Lotossamen eini-
ge Stunden einweichen, abgießen, mit frischem Wasser kochen und süßen) oder kan-
diert als Näscherei.
In der TCM als Abkochung (täglich dreimal 2..4 g auf leeren Magen).
Die Fruchtstände werden in der Blumenbinderei verwendet.

HISTORIE
Mit Lotos ist immer einmal etwas anderes bezeichnet worden: DIOSKORIDES
verstand darunter den Brustbaum, Ziziphus lotos. PLINIUS: Dattelpflaume,
Diospyros lotos oder den Zürgelbaum, Celtis australis. HOMER wie
auch HERODOT: Lotosblumen der Ägypter, die aber Wasserrosen sind, Nymphea
lotos
:
"Sobald der Strom (der Nil) seinen hohen Stand erreicht und die Ebenen über-
schwemmt hat, wachsen im Wasser Lilien in großer Menge, welche die Einwoh-
ner Lotos nennen. Diese schneiden sie ab und trocknen sie an der Sonne, da-
rauf zerstoßen sie die mohnähnlichen Körner, die inmitten des Lotos sitzen
und bereiten daraus einen Brotteig, den sie am Feuer rösten. Auch die Wur-
zel der Pflanze ist essbar; sie hat einen angenehm süßlichen Geschmack, ist
rundlich von Gestalt und groß wie ein Apfel."
[3]
Die Lotophagen, von denen HOMER in der Odyssee spricht, haben vermutlich von
der Lotos-Jujube gelebt, siehe auch Jujube
ATHENAIOS von Naukratis (um 200 u.Z.) schreibt präziser:
"Dem Bericht Herodots ähnliches erzählt Polybios von Megalopolis aus eigenem
Augenschein im 12. Buch der 'Geschichte' über den sogenannten Lotosbaum in
Libyen: Der Lotos ist ein nicht großer, rauher und dorniger Baum. Seine
Blätter sind gelb, ähnlich dem Kreuzdorn, doch etwas dicker und breiter. Die
Frucht ist anfangs nach Farbe und Größe ähnlich reifen, weißen Myrtenbeeren;
wenn sie reift, wird die Farbe rot, die Größe wie die der runden Oliven. Sie
hat einen ganz kleinen Stein. Wenn sie reif ist, erntet man sie. Was für
Sklaven bestimmt ist, zerkleinert man zusammen mit Graupen und packt es in
Gefäße. Die für die Freien vorgesehenen Früchte entsteint man und bewahrt
sie ebenso auf. Und so nähren sie sich davon. Als Speise sind sie ähnlich
der Feige oder Dattel, doch ist das Aroma besser. Man gewinnt auch Wein da-
raus, indem man sie mit Wasser einweicht und zerreibt. Er ist süß und ange-
nehm, ähnlich wie guter Honigwein, und man genießt ihn ohne Wasser. Doch
hält er sich nicht länger als 10 Tage, weswegen man ihn in geringen Mengen
zum alsbaldigen Verbrauch herstellt. Auch Essig macht man daraus."
[4]
Im Hinduismus thront Brahma im Lotos (padma; "Om mani padme hum")
Seit CAMERIUS und LINNÉ versteht man unter Lotus den Hornklee [2], siehe
Hornklee

LITERATUR
[1] REID, D.: Handbuch der chinesischen Heilkräuter, Knaur München 1998
[2] GRUNERT, Chr.: Gartenblumen von A bis Z. Neumann, 2. Aufl. 1967
[3] HERODOT: Neun Bücher der Geschichte, Zweites Buch, 92 (Übers. H. STEIN)
[4] ATHENAIOS: Das Gelehrtenmahl, Sammlung Dieterich Bd. 329, Leipzig 1985
[5] HILLER, K., M.F. MELZIG: Die große Enzyklopädie der Arzneipflanzen und Dro-
gen, area Erftstadt 2006

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