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MEERKOHL

 
NAMEN
(1) Echter Meerkohl, Seekohl, Strandkohl, Europäischer Meerkohl
Crambe maritima L.
(2) Crambe, Krambe
Crambe abyssinica HOCHST.
(3) Tatarenmeerkohl, Hieronymuswurz
Crambe tatarica JACQ.
(4) Spanischer Meerkohl
Crambe hispanica L.

BOTANIK: Fam. Brassicaceae (Kreuzblütler)
(1) Ausdauernd. Dickes Rhizom, ausläufertreibend, Tiefwurzler. Stengel
2..3 cm dick, Höhe 0,3 .. 0,7 m, sparrig verzweigt.
Blätter sehr groß (bis 60 cm lang), fleischig, kahl, blaubereift durch
weiße Wachsschicht, eiförmig oder länglich, unregelmäßig buchtig..fieder-
lappig, gezähnt oder wellig, unten lang gestielt.
Blüte Ende Mai bis Juni, weiß, honigduftend in dicken, trugdoldenförmigen
Trauben auf 1..2 cm langen Stielen. 2n=60. Juli bis September harte,
zweigliedrige, nicht klaffende Gliederschoten mit einem Samen.
TKM = 32..87 g. Lichtkeimer. Schlechte Keimfähigkeit, Keimgewähr 1 Jahr.
Keimdauer 30 Tage. Keimtemperatur 5..16 °C.
Bild 1 Bild 2
(2) Einjährig kultiviert. Stengel sehr verzweigt, unten stark behaart.
Blätter eiförmig bis lanzettlich. Blüte weiß. Zweigliedrige Schote
mit braunen bis olivgrünen Samen. TKM = 4,2..7,5 g.
(3) Halbstrauch. Blätter doppelt- bis dreifach fiederlappig, unten steif-
haarig. Starke Wurzeln.
(4) fast wie (2)

WERT
(1) Bei Bleichung Frühgemüse. Futterpflanze.
100 g gebleichte Sprossen enthalten:
2..3,5 g Proteine; 0,3 g Fett; 0,7 ..1,2 g Zucker. Brennwert 70 kJ.
Vitamine (bis 4000 IE Karotin; 0,16 mg B1; 0,1 mg B2; 0,4 mg PP, 87 mg C).
Mineralstoffe (in mg: 20 Na; 110 mg Ca; 67 Mg; 0,9 Fe; 63 P).
Trockenmasse Blätter 10..14 %, Stiele 5..8 % (niedrigere Werte für
gebleichte Teile).
(2) Ölpflanze. Die Samen enthalten 25..55 % fettes Öl (dem Rapsöl ähnlich:
1,6..9,7 % C16:1; 16,7..18,7 % C18:1; 6,9..12,7 % Linolsäure, 4,0..6,9 %
Linolensäure, 2,5 % Eicosensäure (C20:1), 47,4..58,6 % Erucasäure (C22:1),
Jodzahl 84..98). Bedeutsam ist die Erucasäure, die wichtig für technische
Anwendungen ist, da die Rapssorten erucasäurefrei gezüchtet wurden. Der
Schrot kann wegen hohen Glucosinolatgehaltes nur in geringen Mengen verfüt-
tert werden, obwohl er viel hochwertiges Eiweiß enthält.
(3) Süßschmeckende, fleischige, bis armstarke Wurzeln gebraten oder gekocht
als Salat, die Blätter als Gemüse verzehrbar.

KENNZAHLEN
(1) Reihenabstand 0,6 m, Abstand in der Reihe 0,5 m, auch 3-4 Stück zu
Horsten in 0,8 m, die dann gemeinsam bleichbar sind.
(2) Reihenabstand 0,25..0,3 m, Saatgutbedarf 1,8..2 g /m². Kornertrag 15..22
dt/ha, Ölertrag 3,8..11 dt/ha.

ANSPRÜCHE
(1) Echter Meerkohl an Nord- und Ostseeküste (unter Naturschutz), salzliebend,
steinige, sandige, stickstoffreiche Stellen; Schlick. Im Garten nicht zu
schwerer, lehmig-humoser, gut gelockerter Boden. Sonnig freier Ort. Feucht,
aber nicht nass - da faulen die Wurzeln. Winterschutz ist zweckmäßig.
(2) Tiefgründiger, kalkreicher, nährstoffreicher Boden. Frostresistenz bis
-5 °C.
(3) Steppenpflanze, Ungarn.

DÜNGUNG
(1) Stallmist, Kompost, Hühnermist u.a., eventuell Sand. Saure Böden aufkalken.
Mist im Herbst einarbeiten, über Winter Bestand mit strohigem Mist bedecken
und im Frühjahr einarbeiten.
Während des Wachstums flüssige Volldünger mit Kochsalz-Zusatz, das Wachstum
und Geschmack der Sprosse fördert.
(2) 6..8 g N/m²

ANBAUPRAXIS
(1) Direktaussaat März bis April geht lückig auf und keimt manchmal erst im 2.
Jahr. Es ist vorteilhaft, die Samen zwei Tage vorzuquellen und auf ein Saat-
beet im Freiland oder ins lauwarme Haus mit einem Reihenabstand von 30 cm zu
säen. Sätiefe 2..4 cm. Verpflanzung mit 4..5 Blättern.
Verschiedentlich wird Herbstaussaat empfohlen.
Zur Vermehrung auch Teilung der Grundsprossen im April; Stücke über 1,5 cm
Durchmesser sind am besten. Sie werden in 10..15 cm Länge geschnitten mit
dem "Meerrettichtrick": Das obere Ende gerade, das untere schräg abschnei-
den, damit man richtig herum pflanzt. Das obere Ende kommt 3 cm unter der
Oberfläche zu liegen.
Wenn die Triebe erscheinen, werden sie auf drei reduziert, auch sich später
zeigende Seitentriebe sollten entfernt werden.
Erschöpfung durch starke Samenbildung, Blütenstengel deshalb beizeiten aus-
schneiden. Im Herbst abgestorbene Blätter entfernen.
Winterschutz mit Laub und Stroh, das durch Reisig fixiert wird oder 8..10 cm
hoch mit Erde und Laub anhäufeln.
Im 3. Frühjahr beginnt die Nutzung der zwei Jahre alten Pflanzen beginnt die
Nutzung durch Bleichung. Lichtabschluss ist für den guten Geschmack unbe-
dingt erforderlich. Im Freiland kann man Dämme wie für Spargel aufschütten
oder Eimer, sogenannte "Meerkohltöpfe" mit abnehmbaren Deckeln über die
Pflanzstellen stülpen. Man kann die Mitte November gerodeten Wurzeln auf
10..20 cm kürzen und mit 8..10 cm Abstand im Keller in Sand einschlagen.
Temperatur 10..16 °C, Luftfeuchtigkeit 85 %. Treibdauer etwa vier Wochen.
Die Pflanzen im Freiland sind etwa 10 Jahre zu nutzen.
(2) Aussaat Mitte April mit 1,8..2 g Saatgut/m². Einmal hacken.

ERNTE, VERWERTUNG
(1) Drei bis vier Ernten im Jahr möglich. Bei Bleichung sind die gelblichen
Jungtriebe ein spargelähnlich schmeckendes Gemüse. Schnitt bei etwa 15 cm
Länge. Ertrag 0,5..1 kg/Pflanze bzw. 1..2 kg/m².
Erst kurz vor der Verwertung ernten, sonst werden die Sprosse zäh.
Die dünne Haut sollte abgezogen werden, sie schmeckt etwas bitter.
Außer den Schossen sind auch grüne, junge Blätter, 10..15 cm lang, essbar.
Die Wurzeln schmecken meerrettichartig.
(2) Samenernte im Mähdrusch Anfang August. Ertrag 20..25 dt/ha möglich.

HISTORIE
Das griechische krambe bedeutet lediglich "Kohl".

LITERATUR
[1] Gärtnerpost (1988), 15, 16
[2] MÜLLER-LEMANS, H.: "Der Meerkohl - eine Gemüseart, die mehr Beachtung
verdient", Gartenbau (1991) 11, 14-17

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