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NACHTSCHATTEN

 
NAMEN
(1) Schwarzer Nachtschatten, St. Barbarakraut, Sautod, Teufelskirsche,
Dullbeere, Tollkraut

Solanum nigrum L. em. MILL. ssp. nigrum (syn. S. hortense)
E: sunberry, wonderberry, F: morelle cultivée, I: morella
(2) Bittersüßer Nachtschatten, Bittersüß, Hirschkraut, Kletternachtschatten
Solanum dulcamara L.
E: bittersweet, F: douce-amère, I: morella rampicante, corallini, N: bit-
terzoet
(3) Morelle
Solanum sisymbrifolium
(4) "Buschtomaten, Rosinen, Sultaninen"
(4.1) Sultana, yakajiri: Solanum ellipticum
(4.2) Raisin, kampurarpa
Solanum centrale J.M. BLACK
E: Bush raisin, Alyawarr: Akatjurra, Arrernte: Merne akatyerre
(4.3) Green tomato, wanakidji: Solanum chippendalei
(4.4) Green tomato, ngaru: Solanum petrophilum
(4.5) Yellow fruit, albaraji, yirpintiri: Solanum cleistogamum
(4.6) Yellow fruit: Solanum escuriale
Solanum melanospermum
Solanum orbiculatum
Solanum phlomoides
(4.7) Känguru-Apfel, Australischer: Solanum laciniatum
Solanum linearifolium
(4.8) Solanum lasiophyllum
(5) Schwarzbeere, Essbarer Nachtschatten, Ogomo
Solanum scabrum, S. melanocerasum
(6) Kantakari
Solanum xanthocarpum
(7) Sunberry
Solanum burbankii
( ) Birnenmelone, Solanum muricatum siehe Pepino
Weitere Nachtschattengewächse
( ) Andenbeere siehe Andenbeere, Physalis
( ) Aubergine siehe Eierfrucht
( ) Bilsenkraut siehe Bilsenkraut
( ) Bocksdorn siehe Bocksdorn
( ) Fabiana siehe Fabiana
( ) Jangida siehe Jangida
( ) Kartoffel siehe Kartoffel
( ) Malabarspinat siehe Malabarspinat
( ) Nachtkerze siehe Nachtkerze
( ) Narde siehe Narde
( ) Paprika siehe Paprika
( ) Pepino siehe Pepino
( ) Stechapfel siehe Stechapfel
( ) Tamarillo siehe Tamarillo
( ) Tollkirsche siehe Tollkirsche
( ) Tomate siehe Tomate
( ) Tabak

BOTANIK: Fam. Solanaceae (Nachtschattengewächse)
(1) Einjährig. Höhe 0,1..0,6 m. Stengel verzweigt, wenig kantig. Blätter
langgestielt, wechselständig, eiförmig, buchtig gezähnt.
Blüte Juni bis Oktober, weiß, fünfzipflig, in zahlreichen, wenigblütigen
Wickeln. 2n=72. Frucht ist eine kugelige, erbsengroße, gelblich-grüne,
dann schwarze Beere. Etwa 500 Samen je Pflanze. Samen bis 40 Jahre im
Boden keimfähig. Stickstoffzeiger.
Bilder Nachtschatten1 2 3
(2) Ausdauernd, tiefgehende Wurzeln, Halbstrauch, Höhe 0,3..1,5 m.
Stengel kletternd, windend, unten holzig, oben krautig. Verletzte Rinde
mit mäuseartigem Geruch. Geschmack der Stengel zuerst widerlich bitter,
dann süß. Blätter herzförmig bis eiförmig lanzettlich, oben meist spieß-
förmig mit zwei seitlich abstehenden, spitzen Lappen.
Blüte Juni bis August, violett, 5zipflig, 1 cm breit, in Rispen. Gelbe
Staubblätter kegelförmig einander zugeneigt. 2n=24.
Beeren spitz-eiförmig, glänzend, scharlachrot, Samen linsenförmig flach.
(3) Tiefrote, kirschgroße Früchte. Sorte: de Balbis
(4.2) Kleiner, stachliger Busch, Triebe gelb..braun, Länge bis 0,2 m, Stacheln
4..7 mm oder behaart. Blätter eiförmig oder lanzettlich, 2,8..8,5 cm lang,
1,1..4,2 cm breit, oberseits graugrün, ohne Stacheln, aber behaart, unter-
seits weiß bis gelblich. Blütenstände aus 1..4 fünfzähligen Blüten an 4..
23 mm langen Stengeln, Kelchröhre etwa 4 mm lang. Schnelles Wachstum nach
einem Buschfeuer und ergiebigem Regen. Früchte 1..3 cm dick, in der Reife
gelb. Wenn sie am Busch eintrocknen, sehen sie wie Rosinen aus. [11]
(5) Beere fast kirschgroß, reif schwarz, süßsäuerlich..fade
(6) Mehrjährig. Höhe bis 1 m, stark verzweigt, stachlig. Blätter oval. Blüte
violett. Früchte gelb.
(7) Um 1900 in Kalifornien ausgelesen. Kleine blaue Beeren, Geschmack lieblich
süß

VORKOMMEN
(1) In Gärten, Äckern, Schuttstellen, auf humosem, schwach sauerem Boden.
(2) In feuchten Gebüschen, Erlenbrüchen, Auenwäldern, an Ufern, Mauern, Geröll.
(4) Australien
(4.2) Trockengebiete in der Mitte Australiens (auch am Uluru/Ayers Rock)
(6) Tropisches Asien

WERT
(1) Giftig für Mensch und Tier, Hauptalkaloide besonders in unreifen Früch-
ten sind Steroidalkaloide (Solasonin, alpha-Solamarin, Solacodamin, Sola-
nin
, Tropein). Gerbstoffe (Wurzel 4,5..6 %; Kraut 7..10 %). Enthält beson-
ders in Stengeln hohe Nitratmengen, die ebenfalls zur Giftwirkung beitragen.
Bei der Verfütterung an Vieh wird namentlich deren Verdauungstrakt ge-
reizt, Durchfall, Hautausschläge, Lähmung, Tod. Gegenmittel sind Magenspü-
lung, Abführmittel, Brechmittel, Kohle.
Von den (unreifen) Beeren muss man Kinder fernhalten; in 100 g reifen
Früchten ist dagegen weniger als 1 mg Solanin. Beim Kochen wird Solanin
zum ungiftigen Steroid Solanidin abgebaut. Es gab und gibt große regiona-
le sowie zeitliche Unterschiede der Giftwirkung:
Im alten Griechenland, in Frankreich, in Mittelamerika ("Huckleberries")
wurde Schwarzer Nachtschatten als Gemüse angebaut, die Blätter zu Spinat
gekocht. Die Beeren werden in Kenia, Mexiko als sehr süße, wohlschmeckende
Delikatesse, auch als Marmelade, gegessen. Hingegen wurden Vergiftungser-
scheinungen ähnlich der Tollkirsche bei Haustieren (Schweinen) verzeichnet,
während Kühe, Schafe, Pferde, Ziegen das Kraut vertrugen. Im Mittelalter
kannte man den Schwarzen N. als "Germanisches_Narkotikum" (erba lethar-
gum
). [3]
Wirt von Mykoplasmosen (Stolburkrankheit). Samenunkraut.
(2) Vor der Blüte enthält die ganze Pflanze die höchste Konzentration an Ste-
roidalkaloiden (Tomatidenol, Soladulcidin, Solasodin, Solamargin [4],
Solanin, Solanein, Solanidin), Steroidsaponinen (Dulcamarin), 10 % Gerb-
stoff. Vergiftungssymptome: Übelkeit, Erbrechen, erweiterte Pupillen,
Durchfall, Puls, Krämpfe, Atemlähmung [4]. In der Volksmedizin wurden die
jungen Triebe (Stipites Dulcamarae) vor der Blüte gesammelt, bis 40 °C ge-
trocknet, zu Tinkturen gelöst, gegen Hautkrankheiten (Psoriasis, Flechten,
Ekzeme) und innerlich gegen rheumatische Beschwerden, Blasenleiden, Fieber,
Lungenentzündung, Gelbsucht eingesetzt.
Die Anwendung darf nur unter ärztlicher Aufsicht erfolgen.
Homöopathie D2..D6 gegen Hautleiden, Rheuma, Lähmungen, Blasenkatarrh.
(3) Essbare Früchte
(4.1)..(4.4) Die reifen Früchte ähneln grünen Tomaten und werden roh oder
getrocknet von den Aborigines gegessen.[5]
(4.1) Ganzjährig Früchte mit hohem Wassergehalt, in der Wüste nur Juni..Juli.
(4.2) Reife Kampurarpa trocknen am Strauch ein und können ganzjährig wie Rosi-
nen geerntet werden. Sie werden mit einem Stöckchen so abgeschlagen, dass
der Samen herausfliegt und nur das dünne Fruchtfleisch übrig bleibt. Die
getrockneten Fruchtreste werden mit Wasser zerrieben, der Brei zu kleinen
Bällchen geformt und wieder zu haltbarem Vorrat getrocknet. Starker und
penetranter Tomatengeschmack mit Richtung Tamarillo und Karamel, sie wer-
den gern Soßen, Salaten, Dips, Chutneys und Kochgerichten zugesetzt. Wich-
tige Nahrung der Aborigines, getrocknet das ganze Jahr über verfügbar.
Gelegentlich befinden sich Mottenlarven in den Früchten. [5][9][10]
(4.3) Ergiebige Frucht, besonders mit Vitamin B1 und C.
(4.4) Ngaru reifen von Dezember bis Januar und verderben danach am Strauch.
(4.5) Essbare gelbe Beeren
(4.6) Essbare gelbe Beeren, roh oder getrocknet. Getrocknete Früchte werden
vor dem Verzehr wieder aufgeweicht.
(4.7) Früchte roh oder geröstet von den Aborigines gegessen, für uns nicht
genießbar
(4.8) Abkochung der Wurzeln als Umschlag auf geschwollene Beine
(5) Zu Marmelade verwendbar
(6) Blätter, Samen und Wurzeln enthalten Steroidalkaloide (Solasodin). Im
Ayurveda nimmt man den Aufguss der Blätter gegen Blähungen, Verstopfung,
zum Gurgeln bei Hals- und Zahnfleischentzündung. Samen gegen Asthma und
Bronchialkatarrh. Wurzel gegen Schlangenbisse und Insektenstiche. [7]

ANBAUPRAXIS
Angebaut werden die Nachtschatten nicht, sie finden sich aber als Unkräuter
ein. Der Schwarze Nachtschatten ist spätestens vor der Blüte wegzuhacken,
chemisch ist man mit Kontaktherbiziden (DNOC, DNPB) oder Bodenherbiziden
(Simazin, Desmetryn) gegen sie vorgegangen.
(3) Anbau wie Tomaten. Aussaat Februar..April unter Glas über 16 °C. 4..6
Wochen danach pikieren, dann bei 15..18 °C halten. Auspflanzen nach Mitte
Mai oder im Kübel lassen. Sorte "De Balbis" (Beaumaux)
(6) Ernte von Wurzeln und Blättern bei Bedarf, von Samen bei Reife. [7]

HISTORIE
Der Gattungsname könnte sich von solamen = Trost oder von solari = lindern
wegen der narkotischen Wirkung mancher Arten herleiten. Auch solanus = von der
Sonne stammend ist diskutiert worden.
Noch unklarer ist die Herkunft der Bezeichnung "Nachtschatten". Es ist zwar die
althochdeutsche Form nahtscato, das mittelhochdeutsche nahtschade bekannt,
aber für eine Deutung noch offen. Plausibel ist vielleicht, dass manche nächtli-
chen Blüten betäuben, also Schaden hervorrufen. [6]

BBCH-Codierungen der phänologischen Entwicklungsstadien [8]
für Nachtschattengewächse [FELLER et al. 1995]
Code Beschreibung
0: Keimung
00 000 Trockener Samen
01 001 Beginn der Samenquellung
03 003 Ende der Samenquellung
05 005 Keimwurzel aus dem Samen ausgetreten
07 007 Hypokotyl mit Keimblättern hat Samenschale durchbrochen
09 009 Auflaufen: Keimblätter durchbrechen Bodenoberfläche
1: Blattentwicklung (Hauptspross)
10 100 Keimblätter voll entfaltet
11 101 1. Laubblatt am Hauptspross entfaltet
12 102 2. Laubblatt am Hauptspross entfaltet
13 103 3. Laubblatt am Hauptspross entfaltet
.. Stadien fortlaufend bis
19 109 9 oder mehr Laubblätter entfaltet
2:Entwicklung von Seitensprossen
21 201 1. apikaler Seitenspross 1. Ordnung sichtbar
22 202 2. apikaler Seitenspross 1. Ordnung sichtbar
.. Stadien fortlaufend...
29 209 9 oder mehr apikale Seitensprosse 1. Ordnung sichtbar
221 1. apikaler Seitenspross 2. Ordnung sichtbar
...
229 9. apikaler Seitenspross 2. Ordnung sichtbar
2NX X. apikaler Seitenspross N. Ordnung sichtbar
5: Entwicklung der Blütenanlagen
51 501 1. Blütenstand sichtbar (1. Knospe einzeln) Blütenknospe sichtbar
52 502 2. Blütenstand sichtbar (1. Knospe einzeln) Blütenknospe sichtbar
.. ... Stadien fortlaufend bis ...
59 509 9 oder mehr Blütenstände sichtbar (1. Knospe einzeln), Blütenknospe
sichtbar
510 10. Blütenstand sichtbar (1. Knospe einzeln) Blütenknospe sichtbar
... ...
519 19. Blütenstand sichtbar (1. Knospe einzeln) Blütenknospe sichtbar
6: Blüte
61 601 1. Blütenstand: 1. Blüte offen
62 602 2. Blütenstand: 1. Blüte offen oder 2. Einzelblüte offen
63 603 3. Blütenstand: 1. Blüte offen oder 3. Einzelblüte offen
.. ... Stadien fortlaufend ...
69 609 9. oder höherer Blütenstand mit geöffneten Blüten
610 10. Blütenstand: 1. Blüte offen oder 10. Einzelblüte offen
... ...
7:Fruchtentwicklung
71 701 1. Fruchtstand: 1. Frucht hat typische Größe erreicht
72 702 2. Fruchtstand: 1. Frucht hat typische Größe erreicht
73 703 3. Fruchtstand: 1. Frucht hat typische Größe erreicht
.. ... Stadien fortlaufend ...
79 709 9. oder höherer Fruchtstand: 1. Frucht hat typische Größe erreicht
710 10. Fruchtstand: 1. Frucht hat typische Größe erreicht
...
719 19. Fruchtstand...
8: Frucht- und Samenreife
81 801 10 % der Früchte mit typischer Ausfärbung
82 802 20 % der Früchte mit typischer Ausfärbung
83 803 30 % der Früchte mit typischer Ausfärbung
... Stadien fortlaufend ...
89 809 Vollreife: Früchte mit typischer Ausfärbung
9: Absterben
97 Pflanze abgestorben
99 Erntegut

LITERATUR
[1] LIEBENOW, H.; LIEBENOW, K.: "Giftpflanzen", Gustav Fischer Verlag Jena
1973
[2] SIEGMUND, F.: "Omas Lexikon der Kräuter- und Heilpflanzen", Bechtermünz
Verlag 1997, S. 132-134
[3] BRONDEGAARD, V.J.: "Schwarzer Nachtschatten - umstrittene Toxizität",
Naturwissenschaftliche Rundschau (1988),10,408
[4] ROTH, L., M. DAUNDERER, K. KORMANN; Giftpflanzen Pflanzengifte, Nikol
Hamburg, 4. Aufl. 1994
[5] ISAACS, J. Bush Food, Nahrung und Pflanzenmedizin der Aborigines, Könemann
Köln 2000
[6] MARZELL, H.: Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen, 4. Bd., Hirzel Stutt-
gart/Steiner Wiesbaden 1979 (Reprint Parkland Köln 2000)
[7] CHEVALLIER, A.: Die BLV Enzyklopädie der Heilpflanzen, blv München Wien
Zürich, 2. Aufl. 2000
[8] MEIER, U./BBA: Entwicklungsstadien mono- und dikotyler Pflanzen - BBCH-
Monografie 2. Aufl. 2001, http://www.bba.bund.de/nn_814242/DE/veroeff/bbch/
bbch_node.html (Abfr. 3/2007)
[9] Solanum centrale, http://en.wikipedia.org/wiki/Solanum_centrale (11.6.2007)
[10] Bush Tucker Shop; Kurrajong Australian Native Foods; http://www.bushtucker-
shop.com/prod16.htm (2006)
[11] BEAN, A.R.: Solanum Species of Eastern Australia; http://delta-intkey.com/
solanum/www/centrale.htm (8.10.2006)

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