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SCHLEHDORN

 
NAMEN: Schlehdorn, Schlehe, Schwarzdorn, Deutsche Akazienblüten
(1) Prunus spinosa L.
Gartenformen:
(2) P. spinosa ssp. fruticans (WEIHE) ROUY et CAMUS
(3) P. spinosa ssp. dasyphylla (SCHUR) DOMIN
E: blackthorn, F: prunellier, épinenoir, I: prugnolo, P: liwa tarnina,
R: tjorn, ternownik, S: endrinera, bruñera, T: slivon trnka, U: kökény,
tövisfa

BOTANIK: Fam. Rosaceae (Rosengewächse)
Dichter, sparriger, stark dorniger Strauch von 1..3 m Höhe. Stamm, wenn über-
haupt, höchstens 6..8 cm stark, Borke schwarzbraun; junge Triebe samtartig
behaart. Wuchs sehr schwach, Ausläuferbildung. Blätter 2..4 cm lang, ellip-
tisch, gewellt, leicht gesägt. Dichte Blüte von März bis Anfang Mai kurz vor
dem Laubaustrieb, weiß, einzeln, gestielt. Glockiger, langzipfliger Kelch.
2n=32. Guter Pollenspender. Frucht dunkelblau, bereift, kugelig, 10..12 mm
dick, sehr herb und zusammenziehend, ab September.
Bilder Schlehe 1 Schlehe 2
Lebensdauer etwa 40 Jahre.

VERWECHSLUNG in fruchtlosem Zustand mit Weißdorn möglich.

WERT
Frühe Bienenweide. Die Blüten enthalten Gerbstoffe, Farbstoffe, Kämpferol-
glykosid, Amygdalin (leichter Bittermandel- und Honigduft). Die Blüten sind
mild abführend, regen den Stoffwechsel an, harn- und schweißtreibend.
Die Beeren enthalten rund 20 % Steine und vor dem Frost 3,5 % Säure.
In 100 g Beerenfleisch sind enthalten:
73 g Wasser; 1 g Eiweiß; 1 g Fett, 12 g Kohlenhydrate; 9 g Ballaststoffe;
Energie 288 kJ. Mineralstoffe (in mg: 20 Ca; 1,5 Fe; 250 K; 25 Mg; 2 Na;
20 P; 0,2 Zn). Vitamine (in mg: 0,15 Karotin; 0,05 B1; 0,04 RF; 0,01 FS;
0,42 B6; 8 C; 1 E)
Nach Frost bleiben in 100 g Schlehen 0,5 g Säure; 0,5 g Pektin; 8 g Zucker;
1,5 g Mineralstoffe; 50 mg Vitamin C.
Homöopathie D2 aus Samen gegen leichte Herzinsuffizienz, Ödeme, Lidflattern.
Die Rinde wurde früher zum Rotfärben und zu Aufgüssen gegen Ausschläge verwen-
det. Das rötlich-braune Holz ist sehr hart, es eignet sich besonders zum
Drechseln.
Der heckenartig wachsende Strauch kann mit seinen Ausläufern rutschende Lehm-
hänge befestigen, eignet sich aber nicht als Nistgelegenheit für Vögel, da dem
Strauch keine Astquirle wachsen. Das Reisig wurde zum Bau von Gradierwerken,
die dem Eindicken von Salzsolen dienten, bevorzugt.
Bild Gradierwerk Bad Dürrenberg

KENNZAHLEN
Reihenabstand 1 m, Abstand in der Reihe 0,5 m, da langsames Jugendwachstum.
Die volle Größe wird erst mit 20 Jahren erreicht.
Ertrag unter optimalen Bedingungen bis 50 kg je Strauch.

ANSPRÜCHE
Der Schlehdorn wünscht neutralen, kalkhaltigen, ziemlich trockenen Boden in
sonniger, notfalls halbschattiger Lage. Der industriefeste Strauch kommt meist
in Gesellschaft von Heckenrose und Brombeere wild vor.

ANBAUPRAXIS
Vermehrung durch Aussaat. Schlehdorn ist nur als Jungpflanze verpflanzbar.
Man sollte ihn nicht in die Nähe anderen Steinobstes setzen (Abstand mindestens
500 Meter), da er ein Herd für Schild-, Blattläuse, Gespinstmotten, Scharka-
krankheit und andere Pflaumenschädlinge ist. Wenn doch, so ist er in die
Schutzspritzungen mit einzubeziehen. Im kleinen Garten hat die Schlehe sowieso
nichts zu suchen, wohl aber am Rand größerer Anlagen als Teil des Windschutzes.
Beizeiten auslichten, damit man zum Pflücken in das Gestrüpp eindringen kann.
Rückschnitt ins alte Holz verträgt die Schlehe schlecht. Handschuhe tragen.

ERNTE, VERWERTUNG
Die Schlehenblüten (Flores Spinosae, fälschlich auch Flores Acaciae) sind
während des Trocknens nicht zu wenden, damit sie nicht zerfallen; aber vor
Insekten durch dichte Gefäße zu schützen.
Richtig getrocknete Blüten sehen cremeweiß aus, bräunlich verfärbte sind wert-
los. Verwendung zu Tinkturen, zu Tee (2 Teelöffel voll auf 1 Glas kaltes Was-
ser, ziehen lassen), 2..3 Tassen am Tag gegen Prostatavergrößerung. Schlehen-
blütensirup ist wurmtreibend und hustendämpfend.
Da die Beeren erst nach Frost genießbar sind, dann aber schlecht vom Strauch
zu pflücken sind, kann man sie hartreif ernten (sonst sind die Vögel schneller),
auf dem Lager runzlig werden lassen oder luftdicht verschlossen mehrmals für
2..3 Tage ins Gefrierfach stellen. Gefrorene Früchte sind bald zu verwerten
oder schnell mit künstlicher Wärme zu trocknen.
Die Früchte zu Beerenmus (mit Zucker, Nelken, Zimt); zu Süßmost (Saftausbeute
beim Pressen 66 %, zum Trinken mit Wasser 1:3 verdünnen); zu Likör (500 g
Schlehen, 100 g Zucker, 500 ml Weinbrand, nach einigen Wochen abfiltrieren).
Getrocknete Früchte und Mus sind gut gegen Mund-, Zahnfleisch- und Halserkran-
kungen, Husten, Rheuma.

SCHÄDLINGE, KRANKHEITEN
Baumweißling, Goldafter, Pfirsichmotte, Pflaumengespinstmotte, Schlehenspinner,
Scharkakrankheit, Schildläuse.

HISTORIE
In den Klöstern des Mittelalters stellte man aus der Rinde eine ideale Tinte
her, die nicht ausblich und nicht Pergament oder Papier angriff. Zweige wurden
solange geklopft, bis sich die Rinde ablöste. Die Rinde wurde mit Wasser ge-
kocht und zwei Drittel des Wassers wieder verdampft. Nunmehr wurde mit Wein-
Zusatz gekocht und der Extrakt vollends bis zur Trockne eingedampft. Tinte er-
gab sich nach dem Auflösen eines Stücks Extrakt in Wein.
Der Name "Schlehe" leitet sich vom germanischen slaihon = Schlehenfrucht und dem
indogermanischen sloi = bläulich ab, diese Wurzel ist auch im slawischen sliva
enthalten, leicht zu merken mit einem Slivowitz. spinosus = dornig.

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