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SCHOPFTINTLING

 
NAMEN
(1) Schopftintling, Spargelpilz, Tintenschwamm
Coprinus comatus (MUELL. in FL. DAN. ex FR.) GRAY

BOTANIK: Fam. Coprinaceae (Tintenpilze)
Höhe des Pilzes bis 12 cm. Hut walzenförmig mit sparrig filzigen, bräunlichen
Schuppen, zuerst weiß, dann vom Rand aus rosa und endlich schwarz werdend.
Bräunlicher, haubenförmiger Scheitel. Blätter erst weiß, dann rosa und
später schwarz zerfließend. Stiel 1..3 cm dick (daher "Spargelpilz"), hohl,
dauerhafter, verschieblicher Ring.

VERWECHSLUNG:
(2) Grauer Faltentintling, Coprinus atramentarius (BULL. ex. FR.) FR., er ist
zwar jung essbar, aber bis zu einer Woche nach dem Verzehr treten noch
schlimme Reaktionen auf Alkoholgenuss auf.
(3) Hasenpfote, Coprinus lagopus FRIES, seltener, unbedeutend

WERT
Wohlschmeckender Speisepilz, solange die Blätter noch weiß oder höchstens
schwach rosa verfärbt sind.
8..13 % Trockenmasse. In 100 g TM sind enthalten: 22..38 g Proteine, Mineral-
stoffe (in mg: 27 Ca, 1 Cu, 2 Fe, 930 K, 74 Mg, 1 Mn, 3 Zn), Vitamine (in mg:
74 C!, 1 B1, 3 RF, 39 Niacin). In der TCM zur Senkung des Blutzuckers, ver-
dauungsfördernd, gegen Hämorrhoiden. Einer der wenigen Pilze, die Vitamin C
enthalten. Im Eiweiß sind 20 Aminosäuren vertreten, darunter alle essentiel-
len. [3]

ANSPRÜCHE
Temperatur 20..25 °C zum Anwachsen des Myzels, zur Ernte 15..18 °C.

SUBSTRAT
1. Strohreicher Pferdemist
2. Mischung aus 300..400 kg Stroh, 1 m³ Hühnerdung und 5..10 kg Kalk genügend
anfeuchten und 3..5 mal umsetzen. Kleinere Mengen (unter 1 Tonne) erreichen
nicht die erforderliche Temperaturen von 60..80 °C zur Sterilisation.
Das Substrat soll 65..70 % Wasser enthalten und unter 30 °C abgekühlt sein,
ehe beimpft wird. pH-Wert unter 8,0.
Deckerde: Torf- und kalkhaltige Gartenerde, pH-Wert 7,5.

ANBAUPRAXIS
Die Kultur entspricht etwa der des Champignons.
Gewinnung von Pilzbrut:
Pilzsporen besitzen keine Reservestoffe, sie gehen zugrunde, wenn sie beim
Keimen kein Nährmedium antreffen. Als Nährmedium dient Malz-Agar.
Zubereitung von Malz-Agar:
Auf einen Liter kaltes Wasser kommen 15..20 g Agar-Agar (ein Rotalgenprodukt).
Nach der Quellung wird es mit 50 g Malzextrakt versetzt und durch Aufkochen
sterilisiert. Das Beimpfen mit den Sporen erfolgt auf den flach ausgegossenen
erkalteten Nährboden.
Vorbereitung der Sporen:
Die Sporen kommen in ein Reagenzglas, das mit einem Wattebausch verschlossen
wird. Den Wattebausch tränkt man mit Chloroform, dessen Dampf vier Stunden
lang die Sporen keimfrei machen soll. Nach dieser Behandlung stäubt man die
Sporen auf den Malz-Agar-Nährboden. Die darüberstehende Luft kann durch ultra-
violettes Licht mit einer Höhensonne sterilisiert werden.
Das gewonnene Myzel kommt dann zwischen Sägemehl, sterilisiertes, gehäckseltes
Laub oder Stallmist in beiderseits offene Glasröhren, aus denen sich dann der
durchwachsene Zwischenbrutstopfen leicht mit einem Stempel ausstoßen lässt.
In der Zwischenzeit war das Beet herzurichten. Eine Tonne des Strohsubstrates
liefert nur 10 m² Beetfläche bei einer Höhe von 15..25 cm. Gespickt wird nur,
wenn die Beettemperatur unter 30 °C liegt. Von käuflich erworbener Brut benö-
tigt man eine Rolle je m² oder 0,5 l Körnerbrut. Die Rollenbrut wird in 3..6
cm große Stücke gebrochen und in 3..5 cm Tiefe abgelegt.
In der Folgezeit ist das Beet vor dem Austrocknen zu schützen. Etwa drei Wochen
nach dem Spicken ist das Beet durchwachsen, so dass es jetzt mit Erde 3 cm hoch
abzudecken ist; nach weiteren vier Wochen setzt die Ernte in drei bis fünf Wel-
len ein.
Der Schopftintling macht sich durch Verbreitung seiner Sporen auch schnell in
der Umgebung auf humusreicher Erde (Kompost, Schutthaufen, Wiesen, Ackerland)
heimisch und erscheint dann in den folgenden Jahren von April bis zum Herbst,
verstärkt im Oktober.

ERNTE, VERWERTUNG
75 kg frisches Kultursubstrat (etwa 25 kg Trockenmasse) erbringen etwa 5..8 kg
Ertrag, die Einzelmasse beträgt durchschnittlich 5 g. Die empfindlichen Pilze
werden vorsichtig herausgedreht.
Der Schopftintling soll sofort zubereitet werden, da er schnell verdirbt. Sind
die Blätter noch weiß, darf er allenfalls bei 2..4 °C im Kühlschrank einen Tag
aufbewahrt werden. Der Verkauf darf deshalb nur an Endverbraucher erfolgen, der
Kunde ist über die begrenzte Lagerfähigkeit zu belehren.
Außer einem sofortigen Verzehr eignet sich dieser Pilz besonders zu Pilzextrakt.
Dazu werden die Pilze zerschnitten, gesalzt und anhaltend gekocht, der Schaum
mehrmals abgeschöpft. Der Saft ist bis zur Sirupdicke einzudampfen und in weit-
halsigen, gut verschlossenem Glas luftdicht höchstens ein halbes Jahr bis zur
Verwendung aufzubewahren. Würzen erst bei Gebrauch.
Der Schopftintling liefert eine gute Sterilkonserve: Nach Blanchieren wird er
in schwachem Salzwasser eingekocht (60 min bei 100 °C, nach 24 Stunden nochmals
30 min bei 100 °C).

SCHÄDLINGE, KRANKHEITEN
Der Schopftintling ist anfällig gegen Weichfäule, so dass man eine Woche nach
der Erdabdeckung vorbeugend Fungizide sowie gegen Maden Insektizide eingesetzt
hat, besser jedoch ist der Einsatz sterilisierter Deckerde.

SORTEN
Spargelkopf

Weitere Pilzarten, die nach diesem Muster - mit unterschiedlichem Erfolg -
kultiviert werden können:

(4) Leucoagaricus excoriatus (SCHAEFF. ex FR.) SINGER (syn. Macrolepiota
excoriata)
: Ackerschirmling
Fam. Agariaceae (Edelpilze)
Hut 6..10 cm Durchmesser, hellbräunlich, am Rand aufgerissen. Stiel weiß,
meist ohne Knolle. Ring beweglich, einfach, gezackt.
Fleisch nicht rötend. Sonst auf Äckern und Wiesen.

(5) Lyophyllum decastes (FR.) SINGER: Brauner Büschelritterling, Knäuel-
Ritterling

Fam. Tricholomataceae (Ritterpilze)
Hut 10 cm Durchmesser, graubräunlich, speckig. Verbogen und gelappt, weil
sich die Hüte in der knäulig zusammengewachsenen Gruppe drängen.
Blätter engstehend, weißlich mit rötlichem Schimmer, wie alle Ritterlinge
mit einem "Burggraben" vom Stiel getrennt. Stiele verschieden lang, gebo-
gen, zusammengewachsen, weiß, seidig, voll. Fleisch weiß, mit angenehmem
Geruch und Geschmack.
Vorkommen im Spätherbst bis zum Frosteintritt.

(6) Calocybe gambosi (GEORGII)(CLUS.) KÜHNER (syn. Tricholoma georgii FRIES):
Maipilz, Mairitterling
Fam. Tricholomataceae (Ritterpilze)
Hut 5..10 cm Durchmesser, weiß bis sahnefarben, gewölbt, später flach,
wellig, gekrümmt, Rand lange eingerollt. Blätter blass, engstehend.
Stiel weiß, fest, dick. Fleisch mit starkem Geruch nach stockenden Mehl.
Auf Wiesen schon ab Ende April.
Nicht mit dem hochgiftigen Mairisspilz verwechseln!

(7) Clitopilus prunulus (SCOP. ex FR.) KUMMER: Mehlpilz, Pflaumenpilz
Fam. Rhodophyllaceae (Rötelpilze)
Hut 5..12 cm, weich, oft unregelmäßig niedergedrückt bis trichterförmig.
Stiel meist seitlich, kurz. Blätter weich, weit herablaufend, rosa Sporen.
Riecht stark nach Mehl. Vorkommen an grasigen und moosigen Waldstellen.
Leicht Verwechslung mit giftigen Trichterlingen!

(8) Marasmius oreades (BOLT. FR.) FR.: Nelkenschwindling, Feldschwindling
Fam. Ritterpilze
Hut bis 5 cm, gelbbräunlich..ledergelb; Blätter blass, entferntstehend.
Stiel lang, steif, voll, bereift bis feinflockig, sehr zäh.
Geruch nach frischen Sägespänen. Vorkommen an grasigen Stellen schon
ab Frühjahr.

(9) Morchella esculenta L.: Speisemorchel
Fam. Morchellaceae (Morcheln)
Hut rundlich bis eiförmig, gelbbraun, mit wabenartigen - aber nicht lappi-
gen (Verwechslung mit giftiger Lorchel!) - Gruben.
Stiel wie Kopf hohl, weißkleiig, rinnig. Vorzüglicher Speisepilz.
Vorkommen im Frühjahr im Rasen, in Parks, unter Eschen. Leider ist der
Kulturertrag gering, statt des Malzes im Nährboden ist Inulin besser.

(10) Laccaria amethystina (HUDS.) COOKE: Violetter Lacktrichterling,
Violetter Bläuling

Fam. Ritterpilze
Hut violett, später ausblassend, klein; Blätter weiß bestäubt.
Stiel violett, knorplig. Nur der Hut ist essbar. Laubwald.

Glänzender Lacktrichterling
Bild 1 Bild 2

(11) Lepista nuda (FRIES ex BULL.) COOKE: Violetter Rötelritterling
Fam. Ritterpilze
In allen Teilen jung prächtig violett, später Hut und Blätter mit bräunli-
chem Ton. Fleisch mit starkem Aroma, nicht jedem zusagend; roh schwach gif-
tig. Senkt Blutzuckerspiegel. Auftreten im Spätherbst im Falllaub und Laub-
erde in sogenannten Hexenringen. Buchen bevorzugt. Man sollte Putzabfälle
und sporende Hüte auf den Kompost werfen, zuweilen siedelt sich der Rötel-
ritterling an.
Substrat wie beim Champignon pasteurisieren, spicken in gleicher Weise
wie beim Champignon. Myzelwachstum 12..14 Tage, danach Deckerde aufbringen.
Erntereife Pilze nach 6 Wochen, in Wellen alle 14 Tage. Gesamte Ernte-
periode drei Monate. Temperatur darf nie über 15 °C steigen.

HISTORIE
Die deutschen Namen für den Schopftintling sind sofort verständlich, wenn man
ihn sieht. "Coprinus" hingegen kommt vom griechischen kopros = Kot, weil der
Pilz besonders auf frischgedüngten Stellen zu finden ist.

LITERATUR
[1] MICHAEL-HENNIG: "Handbuch für Pilzfreunde", 6 Bände, Gustav Fischer
Verlag Jena
[2] ENGEL, F.: "Pilzwanderungen", A.Ziemsen-Verlag, Wittenberg, 11. Aufl. 1971
[3] Heilpilze mit Jahrtausende alter Tradition, http://www.cwconsult.de/balance_
shop/heilpilzinfo.htm (Abfr. 2/2007)

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