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SCHWARZWURZEL

 
NAMEN: Schwarzwurzel, Gartenschwarzwurzel, Winterspargel, Schötzenmiere
L: Scorzonera hispanica L. var. glastifolia (syn. S. h. L. var. asphodelodes)
E: black salsify, F: salsifis, I: scorzonera, N: schorseneer, P: salsefia,
kozibrod, R: koselez, S: escorzonera, salsifi di España, U: pozdor

BIOLOGIE: Fam. Asteraceae (Korbblütler), Gattung Scorzonera mit etwa 100 Arten.
Ausdauernd, Blüte im 2. Jahr, hellgelb, von Juni bis August auf bis 1,2 m hohen
Stengeln. 2n=14. Samen 12..16 mm lang, 1..2 mm dick, stabförmig. Blätter ganz-
randig, linealisch bis lanzettlich.
Die Länge der Wurzeln ist bereits nach 6 Wochen endgültig, danach wachsen sie
nur noch in die Breite. Zuwachs im Juli 30 %, im August 40 %, im September
10..15 %, im Oktober 11 %, im November unter Umständen 5 %. Wurzeldicke 2..4 cm,
nutzbare Wurzellänge 15..60 cm. Blatthöhe 0,4 m. Milchsaftführend.
Bild Samen Schwarzwurzel

WERT
In 100 g sind enthalten:
┌────────────────────────┬──────────────┬───────────────┬──────────────────┐
│ Hauptbestandteile │ Vitamine │ Mineralstoffe │ Sonstige │
├────────────────────────┼──────────────┼───────────────┼──────────────────┤
│ Proteine 1,4 g │ Karot.0,02 mg│ Ca 53 mg │ Laricin │
│ Fette 0,4 g │ B1 0,11 mg│ Fe 3,3 mg │ Mannit │
│ Kohlenhydrate 16 g │ RF 0,04 mg│ K 320 mg │ Inulin! │
│ KH-Einheit 60 g │ PP 0,03 mg│ Mg 23 mg │ Asparagin │
│ Rohfaser 2,3 g │ E 12 mg│ Cu 0,12 mg │ Cholin │
│ Mineralst.ges. 1 g │ B6 0,07 mg│ Na 5 mg │ Lactucin │
│ Basenüberschuss 1,5mmol│ FS 0,06 mg│ P 76 mg │ Coniferin │
│ Brennwert 310 kJ │ C 4..12 mg│ Zn 0,22 mg │ Lävulin │
└────────────────────────┴──────────────┴───────────────┴──────────────────┘
Schwarzwurzeln wirken stark auf die innere Sekretion, und sind daher für
Magen- und Darmdiät geeignet. In der Volksmedizin zur schnelleren Heilung von
Knochenbrüchen (Wurzelabkochung innerlich und äußerlich), gegen Leiden der
Harnwege. Als Nahrung auch für Diabetiker geeignet.
Die Samen enthalten 12,8 % Lipide.

KENNZAHLEN
┌──────────────────────────┬─────────────────────────┬─────────────────────┐
│Aussaat │Pflanzung │Mengen │
├──────────────────────────┼─────────────────────────┼─────────────────────┤
│Keimgewähr 1 Jahre │Reihenabstand 24..35 cm │TKM 13..14 g │
│Keimfähigkeit >70 % │in der Reihe 5.. 8 cm │Saatgut 1,5 g/m² │
│Keimdauer 10..12 Tage │Bestand 40..64 Stck/m²│bzw. 0,5 g/lfm │
│Keimprüfung 8 Tage │ │Ertrag 1,2..3,5 kg/m²│
│Sätiefe 2.. 3 cm │ │Futteranf. 0,7 kg/m²│
└──────────────────────────┴─────────────────────────┴─────────────────────┘
Reihenabstände im Kleingarten 0,2..0,3 m (bei mir 24 cm, 5 Reihen/Beet),
im Feldanbau für Maschinenrodung 0,3..0,35 m. Abstand in der Reihe zur Aussaat
3..4 cm, später Verziehen auf 5..7 cm (15..20 Pflanzen/m)
Bestandsschluss über 64 Tage nach Aussaat, Entwicklungsdauer 200 Tage.

ANSPRÜCHE
LICHT, LUFT, WÄRME
Mindestkeimtemperatur 3..4 °C. Keimdauer in Abhängigkeit von der
Temperatur: 4 6 8 10 12 16 °C
68 24 17 13 11 8 Tage
Temperatursumme zum Auflaufen in 2 cm Tiefe 134 K (3 Messungen/Tag).
Ideal ist ein warmes Frühjahr, ein kühler Sommer und ein langer Herbst.
Standort sonnig bis halbschattig.

WASSER
Nicht zu hoher Grundwasserstand (über 80 cm Tiefe), keine stauende Nässe,
sonst sind zu viele beinige Wurzeln zu erwarten. Hauptbedarf von Anfang Juli
bis Anfang September, Zusatzwasser etwa 100..200 mm, jede zweite Dekade 20 mm.
Optimale Saugspannung 20..24 kPa (150..180 Torr) bzw. 60..65 % der Feldkapa-
zität. Zu früher Beregnungseinsatz fördert die Blühneigung und verschlechtert
Wurzelgüte sowie Ertrag.

BODEN
Tiefgründig, ohne Untergrundverdichtungen, gut abgesetzt, steinfrei, nicht
verkrustend, humos, mittelschwer, lehmiger Sand bis sandiger Lehm, Löß.
Nährstoffreicher Untergrund fördert starke Hauptwurzeln mit wenigen Neben-
wurzeln. Im Herbst vorher holländern oder mit Rigolspaten graben.
Kalkbedürftig, obwohl frische Kalkung nicht vertragen wird; Bodenreaktion
neutral, pH-Wert 6,5..7,0. Unter pH 6,5 zur Vorfrucht kalken.

FRUCHTFOLGE
Anbaupause 4 Jahre.
Ungeeignete Vorfrüchte: Schwarzwurzel; alle Kohlarten; Sellerie, Kartoffel,
Möhre (wegen Wurzelgallenälchen); Petersilie, Tomate, Spinat, Kohlrübe,
Betarüben, Erbsen, Porree, abgetragene Spargelbeete
Geeignete Vorfrüchte: Bohnen, Puffbohnen, Zwiebel, Gurke und andere Arten,
die den Boden unkrautfrei und ohne Reste hinterlassen.
Geeignete Mischfrüchte: Kopfsalat, Pflücksalat, Kohlrabi, Porree

NÄHRSTOFFE
Humusentzug 0,35..0,43 kg/m².
Nährstoffentzug bei 2 kg Ertrag in g/m²: 11 N; 14,5 K; 1,76 P; 4,65 Ca; 0,95 Mg
2. Tracht. Unverrotteter organischer Dünger stört die Keimung, deshalb eignet
sich Mist nur zur Bodenbedeckung vor Bestandsschluss.
Im Jugendstadium empfindlich gegen Salze, mäßig gegen Müllkomposte, nicht
gegen Chloride.

DÜNGUNG
Grunddüngung unbedingt schon im Herbst verabreichen, auf leichten Boden nur
streuen. Mengen in g/m²: 2(I)..4,5(III) P, 16 K, 1..3,5 Mg oder nach geplanten
Ertrag in g Reinnährstoff/m² [2, S.107]:
Zuschläge für schlecht versorgte Böden
(I) (II) (III)
Sand, lehm.Sand K = 8,5 * E + 0,25 3 4 5
sonstige Böden K = 7,8 * E - 0,2 5 8 12
P = 1,6 * E 1,5 1,7 2,5
Mg = 0,7 * E - 0,45 2 2,5 3,5
N = 5,75* E + 0,875
E = Ertrag in kg/m²
Kopfdüngung: 5 g N/m² nach dem Auflaufen, 5 g N/m² Mitte Juni und nochmals
Ende Juli.
Statt der Reinnährtoffdünger wie Kamex oder Superphosphat, Kalkammonsalpeter
auch beliebige Volldünger.

ANBAUPRAXIS
Boden im zeitigen Frühjahr einebnen (sobald die Kämme grau werden) und dabei
20..40 mm tief lockern. Nach einigen Tagen wieder gegen auflaufendes Unkraut
striegeln. Aussaat Februar bis März, letzter sinnvoller Termin liegt Anfang
April. Wenn der zeitige Termin nicht möglich ist, kann man Aussaaten schon ab
September probieren. Als Markiersaat sind Radieschen geeignet, denn es ist
alle 14 Tage bis zum Bestandsschluss zu hacken.
Chemisch könnte Unkraut im Vorauflaufverfahren (bis 4 Tage vor dem Auflaufen)
mit Alachlor, Barban, Benazolin, Buminafos, Chlorpropham, Pendimethalin oder
Propachlor angegangen werden. Ende Mai, nach der Entwicklung des zweiten Laub-
blatts (10 cm lang) ginge noch Propachlor, Ende Juni Benazolin, Chlorpropham,
Desmetryn [3].
Gegen Mehltau und Weißen Rost ist beizeiten anzukämpfen.
Blüten bricht man aus, obwohl das den Ertrag kaum beeinflusst.

ERNTE
Erntezeitraum Oktober bis April. Ertrag 2..3,5 kg/m² im Garten, vom Feld
1,2 kg/m² und 0,7 kg Futteranfall.
Man kann die Schwarzwurzeln zwar auch noch im 2. Jahr ernten, aber dann sind
sie hohl. Hohle Wurzeln erhält man auch bei zu weitem Stand oder zu starken
Wachstumsperioden.
Erntetechnik:
Neben der ersten Reihe (Weg) wird in etwa 5 cm ein spatenbreiter und 40..50 cm
tiefer Graben ausgehoben. Kleinere Wurzeln drückt man mit dem Spaten in den
Graben, von längeren Wurzeln muss seitlich die Erde ganz entfernt werden, die
Stangen sind ohne Gewalt herauszuziehen. Zerbrochene Wurzeln sind durch aus-
tretenden Milchsaft in ihrer Qualität gemindert, der Geschmack wird trocken
und fade.
Nach meiner Erntetechnik ist das Beet danach fertig umgegraben, man mache es
als Rechtshänder wie ich:
Ich stelle mich auf das Beet, so dass ich zur Rechten den schmalen Weg,
hinter mir das restliche Beet habe. Der erste Graben wird rechts neben der
rechten Beetreihe ausgehoben und Längsreihe für Längsreihe wie oben geerntet.
Damit muss ich nicht wieder auf bereits gelockerte Erde treten.
Es empfiehlt sich, den ganzen Schlag auf einmal abzuernten und die sortierten
Wurzeln senkrecht - wenn sie nicht zu lang sind - oder waagerecht in feuchten
Sand einzuschlagen (bei freier Lagerung trocknen sie schnell aus). Eine Ab-
deckung mit Folie oder Dachpappe gewährt Schutz vor zu reichlichen Nieder-
schlägen. Beim Einschlag kommt man auch bei Frost an die Schwarzwurzeln heran,
im Freiland wachsen sie sowieso nicht weiter, die Fleischfarbe verschlechtert
sich, die Wurzelschale wird rauher und man kann die Fläche schon im Herbst
wieder ordentlich herrichten. Außerdem ist die Gefahr des Wühlmausbefalls
gebannt. Arbeitsaufwand manuell einschließlich Putzen und Sortieren 3..5
m²/AKh.
Gütemerkmale:
Wurzeln glatt, oben geschlossen, nicht hohl, nicht verzweigt, innen weiß.
Ungewaschen, aber erdfrei, unbeschädigt. Länge über 22 cm, Stärke über 15 mm
am Kopf, Einzelmasse über 65 g.
Verpackung zu 20 kg in Steige A oder 12,5 kg in Steige C, auch gebündelt
zu 0,5 oder 1 kg.
Transport nicht über vier Tage.
Lagerung außer im oben dargestellten Erdeinschlag auch im Kühllager bei
0..6 °C (optimal 0,5 °C) und 90 % Luftfeuchte bis zu 7 Monaten.

VERWERTUNG
Zu Beilagen, Garzeit 20 min bei 100 °C.
Schälen:
1.Die weiße Farbe der geschälten Wurzeln lässt sich erhalten, wenn man unter
Wasser schält und unter Essigwasser bis zum Dünsten aufbewahrt oder mit 95 °C
heißem Wasser blanchiert. Schwarz gefärbte Hände lassen sich mit Zitronensaft
besser reinigen oder Gummihandschuhe überziehen.
2. Wer die schwarzen Finger fürchtet, kann die Stangen ungeschält fast gar
dünsten, danach lässt sich die Schale mit den Fingern abdrücken; leider bekom-
men die Wurzeln bei dieser Prozedur einen erdigen Geschmack.
3. Wurzeln mit kochendem Wasser übergießen, damit der Milchsaft außen gerinnt,
dann die Schale abschaben.
4. Chemisch mit 5%iger Natronlauge 8 min lang bei 95..98 °C schälen.
Anschließend mit 0,5 %iger Zitronensäurelösung 45 min lang neutralisieren.
Zum Schluss sorgt eine 0,1 %ige Ascorbinsäurelösung (Vitamin C) für die Bei-
behaltung der hellen Farbe.
5. Technisch mit Dampf unter hohem Druck, nachputzen mit rotierenden Bürsten;
allerdings betragen die Schälverluste 50 %.
Für Gefrierkonserven werden die Schwarzwurzeln geschält und zwei Minuten in
Zitronenwasser blanchiert (1 g Zitronensäure auf 1 l Wasser).

SCHÄDLINGE, KRANKHEITEN
Blattfleckenkrankheit (Sporodesmium scorzonera); Bohnen- Rüben- und Pfirsich-
blattlaus, Drahtwurm, Echter Mehltau (Erisyphe cichoraceum), Falscher Mehltau,
Feldmäuse, Hasen, Rehe, Wildschweine, Wühlmäuse, Weißer Rost (Albugo tragopo-
gonis
), Wurzelgallenälchen (Meloidogyna)
Verzweigte und beinige Wurzeln deuten auf ungünstige Boden- und Feuchtigkeits-
verhältnisse hin. Korkartiger Ring in oder auf den Wurzeln: Pilz (Phoma chry-
santhemicola
)

ARBEITSKALENDER
9 Aussaat, falls Frühjahrsaussaat erschwert
10 .. 11 Holländern des Bodens mit Grunddüngung
2 .. A4 Aussaat
E4 Kopfdüngung, hacken
5 Zweimal hacken; ausdünnen
M6 Kopfdüngung, hacken
M7 Bestandsschluss, Hackarbeit danach nicht mehr gut möglich
E7 Kopfdüngung
7 .. A9 Zusatzbewässerung, Bekämpfung Weißer Rost und Mehltau
10 .. 4 Erntezeitraum
A11 Guter Zeitpunkt für Totalernte

SORTEN
Duplex, Einjährige Riesen, Lange Jan, Meres, Schwarzer Peter, Schwarzer Pfahl,
Pronora, Torpedo


HISTORIE
Der Gattungsname besteht aus dem italienischen scorza = Rinde und nera =
schwarz (TOURNEFORT 1700), an anderer Stelle (MATTIOLI) wird im 16. Jahrhundert
der Name auf das spanische escorzo = Giftschlange zurück geführt, deren Bisse
mit Schwarzwurzelsaft zu behandeln seien.

LITERATUR
[1] ZANNER, L. u.a.: "Produktion von Schwarzwurzeln", iga, Empfehlungen
für die Praxis, Hrsg. Akad. der Landwirtschaftswissenschaft 1984
[2] KAUFMANN, F.; ZANNER,L.; GEHLING, R.-P.: "Wurzel- und Knollengemüse"
Deutscher Landwirtschaftsverlag Berlin 1987
[3] Gartenbau (1988), 7, 205

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