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STECHAPFEL

 
NAMEN
(1) Weißer Stechapfel, Gemeiner Stechapfel, Dornapfel, Teufelsapfel, Stachel-
nuss, Tollkraut, Kratzkraut, Pferdegift

Datura stramonium L.
(2) Weichhaariger Stechapfel
Datura meteloides DUN. (syn. Datura innoxia)
(3) Baumartiger Stechapfel
Datura arborea L.
E: Thorn apple, F: stramoine, I: stramonio, N: doornappel, R: durman,
S: estramonio
( ) Engelstrompete
D. suaveolens HUMB.et BONPL. ex WILLD.; D. candida; D. aurea;
D. sanguinea; D. wrightii hort. ex REGEL
, jetzt unter Brugmannia (Brug-
mansia) gestellt:
(4) Engelstrompete
Brugmannia aurea LAGERH., Brugmannia suaveolens (WILLD.) BERCHT. et PRESL.,
Brugmannia x insignis (BARB.RODR.) LOCKWOOD ex E:W: DAVIS
u.a.
S: floripondio, Quichua: Huandu

BOTANIK: Fam. Solanaceae (Nachtschattengewächse)
(1) Einjährig. Höhe 0,3..1,3 m, Stengel aufrecht, kahl, gabelig verzweigt.
Laubblätter eiförmig, am Grund keilförmig, vorn zugespitzt, Rand grob-
buchtig gezähnt. Untere Blätter bis 20 cm lang und 15 cm breit.
Blüte Juli bis Oktober, vor allem nachts, weiß, trompetenförmig, nachts
unangenehm riechend. 2n=24.
Frucht ist bis 5 cm große, eiförmige Kapsel, außen mit derben Stacheln
besetzt (ähnlich Rosskastanie). Reife im Oktober, vierklappig aufspringend.
Flache dunkelbraune Samen von 2 cm Länge.
Kraut frisch mit widerlichem, betäubendem Geruch. Geschmack bitter-salzig.
Bilder Stechapfel 1 Stechapfel 2
(2) Einjährig. Höhe bis 1 m. Blüte weiß mit lila Anflug.
(3) Samen reifen bei uns nicht, da hier die Nachtinsekten fehlen zur Bestäu-
bung
(4) Zum Vergleich Brugmannia Gattung mit 5 Arten.
Blätter bis 70 cm lang. Große, hängende, trichterförmige Blüten, weiß, rosa,
gelb (B. aurea), abends intensiv duftend. Bestäubung durch Nachtfalter und
Kolibris. Früchte sind im Unterschied zu Datura nicht bestachelt, sondern
glatt oder samtig, eiförmig, bis 10 cm lang. Verbreitung der leichten Samen
durch Wind und Wasser.

VORKOMMEN
(4) Südamerika, B. aurea nur Kolumbien und Ekuador, da frostempfindlich

WERT
Alle Stechapfelarten mit aufsehenerregender Blütenpracht.
(1) Alle Pflanzenteile sind giftig. Kraut (Stramonium folium) und
Samen (Semen Stramonii) enthalten 0,25..0,55 % Alkaloide (L-Hyoscyamin,
L-Scopolamin, Atropin, dieselben wie in der Tollkirsche, nur in anderer
Zusammensetzung). Das EAB fordert einen Mindestgehalt von 0,25 % Alkaloid,
berechnet als Hyoscyamin. In den Blättern finden sich weitere Phytoalexine
(Lubimin, Hydroxylubimin, Capsidiol).
Entkrampfend auf Bronchialmuskulatur, Asthma, chronische Entzündungen im
Kehlkopfbereich, Reizhusten, Parkinson, Hämorrhoiden, doch gibt es dafür
harmlosere Mittel, so dass man auf Stechapfel als Medikament wegen seiner
unkalkulierbaren Wirkungen verzichten muss. Vergiftungssymptome: Erregung
bis Tobsucht, Sinnestäuschungen, Hautreizung, Übelkeit, weite Pupillen,
Benommenheit, Atemlähmung.
Homöopathie D3..D6 bei manischen Zuständen, Halluzinationen, Nymphomanie,
Keuchhusten, Stottern. [3]
(4) In der Augenklinik Tübingen war aufgefallen, daß Patienten Pupillenerwei-
terungen aufwiesen, nachdem sie Engelstrompeten geschnitten hatten. Wenn
der Pflanzensaft ins Auge kommt, folgt eine mehrtägige Pupillenerweiterung.
Augenarzt aufsuchen. Die Pflanze enthält Alkaloide wie Hyoscyamin, Atropin,
Scopolamin. In Ekuador werden die Arten als Heil- und Ritualpflanzen ange-
baut, wobei die Halluzinationen als Brücke zu den Verstorbenen gelten.
Die Blätter werden auf Hautwunden aufgelegt oder getrocknet als Asthmamit-
tel geraucht. [6]

ANSPRÜCHE
Sonnig, mäßig frisch. Bewässerung sichern.

FRUCHTFOLGE
wie andere Nachtschattengewächse.
Mischfrüchte: Lupinen steigern, Pfefferminze senkt die Giftigkeit.

NÄHRSTOFFE, DÜNGUNG
Chlorhold (Chlorid erhöht aber die Giftigkeit); stickstoffreich (Stickstoff
senkt den Alkaloidgehalt); kräftig gedüngt (Stallmist oder in Komposterde)

ANBAUPRAXIS
(1) Direktaussaat im April ins Freiland unter Vlies, Reihenabstand 0,3..0,4 m
oder Aussaat im März unter Glas, pikieren, umtopfen, ab Mitte Mai ins
Freiland setzen oder in Kübeln ins Freie. Auch Stecklinge von überwin-
terten Exemplaren, im Februar geschnitten und bei mäßiger Wärme bewurzelt.
Der Bestand wächst schnell zu, so dass Unkraut kaum aufkommt.
(2) Aussaat im März unter Glas, pikieren, eintopfen. Nach den Eisheiligen aus-
pflanzen, Abstände 25..30 cm. Gut angießen. Boden hin und wieder hacken.
Absterben im Herbst, sofern die wurzeln nicht ausgegraben und frostfrei
überwintert werden.
(3) Überwinterung im Treibhaus, im Sommer Freiland möglich (Kübel)-
Vermehrung durch Stecklinge (Triebspitzen), die im Warmhaus in Torf+Sand
und gespannter Luft bewurzeln. Vor dem Frost wieder ins Haus räumen.[1]
(4) wie obige

ERNTE, VERWERTUNG
Bei allen Pflege- und Erntearbeiten trage man eine Schutzbrille und Handschuhe.
Nicht mit den kontaminierten Händen an Augen reiben. Kinder müssen sicher fern
gehalten werden.
(1) Nicht nach Regenfällen ernten. Blätter Juni bis September vom Stengel
trennen (Handschuhe wegen der Giftigkeit!) und bis 40 °C trocknen.
Samenernte September..Oktober ist seltener.
Tinktur aus Samen bei Nervenleiden, getrocknetes Kraut zu Räuchermitteln
bei Asthma. Verwendung wie Belladonna nur unter ärztlicher Kontrolle.
Homöopathie bei Erregungszuständen und psychischen Störungen.
(2) Ernte der Samen vor dem Absterben der Pflanzen.
(3) Ernte der großen weißen Blüten, seltener der Blätter. [1]

SCHÄDLINGE, KRANKHEITEN
Ilex-Minierfliege: hellgrüne Schlangenlinien, Flecken mit rötlichen Tupfen.
Eiablage Ende Mai bis Anfang Juni einzeln auf Blattunterseiten in Nähe der
Mittelrippen. Überwinterung der Larven, Verpuppung im Frühjahr. Einzelne be-
fallene Blätter abnehmen und vernichten. Bei starkem Befall Dimethoat Juni.[4]

SORTEN
(1) Bernburger

HISTORIE
Der Stechapfel (1) ist nach der Entdeckung Amerikas im 16. Jahrhundert nach Eu-
ropa gekommen. LINNÉ hat den Gattungsnamen 1737 aus dem altindischen dhattura =
Stechapfel genommen.

LITERATUR
[1] SANDHACK, H.A.: "Die Kultur der Heilpflanzen", Neumann Verlag 1953
[2] WILHELM, H.: Test (1991), 11
[3] ROTH, L. M. DAUNDERER, K. KORMANN: Giftpflanzen Pflanzengifte, Nikol
Hamburg, 4. Aufl. 1994
[4] GartenZeitung (2000) 4, 76
[5] EAB 4. Ausg. (2002) S.2908; 4.00/0246: Stramoniumblätter
[6] REINHARDT, S., S. LUNNEBACH, H. STEINECKE, C. BAYER: Nutzpflanzen und Pflan-
zennutzung im amazonischen Tiefland, http://www.regenwaldmenschen.de
(Abfrage 2/2006)

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