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VANILLE

 
NAMEN: Vanille
(1) Vanilla planifolia ANDREWS (syn. V. fragans (SALISB.) AMES)
(2) Vanilla pompona
(3) Vanilla angustifolia

BOTANIK: Fam. Orchidaceae (Orchideen)
Liane, die hoch in Baumkronen wächst und sich dort (oder auch an Gewächshaus-
wänden) mit Haftwurzeln festhält. Unbeschnitten würde die Liane 30 m hoch wach-
sen. Blüten gelbgrün, in den Blattwinkeln, in Trauben, Juli..August. Es entwi-
ckeln sich 15..30 cm lange, 1 cm dicke, einfächerige, gelbe, schotenartige Kap-
seln, 3 mm große Samen im duftenden Fruchtmus. Halbreif mit giftigem Milchsaft,
Reife erst im zweiten Jahre, Entwicklungsdauer bis 9 Monate.
Die Befruchtung in der mexikanischen Heimat besorgen Kolibris und bestimmte
Insekten. In den anderen Kulturgebieten der Welt muss künstlich bestäubt werden.

VORKOMMEN
Mittelamerika, Karibik, in Tropen kultiviert, Reunion, Madagaskar, Sri Lanka.

WERT
(1) Bis 3,5 % Vanillin in Früchten, Vanillinsäure, Vanillylalkohol, Protocate-
chualdehyd, Protocatechusäure.
Der Aufwand bedingt hohe Preise, weshalb hauptsächlich künstliches Vanillin
eingesetzt wird, doch der echte Geschmack wird nicht nur durch das Vanillin,
sondern eine Reihe (etwa 35) weiterer Inhaltsstoffe bewirkt.
Auch scheint das Vanillin nicht der eigentliche Auslöser für Allergien (Ek-
zeme) der Vanille-Arbeiter zu sein. [4]
(2) Einige Sorten riechen nicht nach Vanillin, sondern nach Heliotropin
(Piperonal), was nicht geschätzt wird.

ANBAU
Erde sehr feucht, humusreich, nicht zu dunkler Schatten, hohe Luftfeuchtigkeit,
27 °C.
Vermehrung am besten zum Ende der Trockenzeit durch Stecklinge von 1..2 m Länge,
die vor dem Einsenken am Fuße geeigneter Schattenbäume 2..3 Wochen trocken la-
gern müssen. Für guten Fruchtansatz ist die bogige Erziehung besser als aufrech-
tes Wachstum. Die bis 10 m langen Seitenäste werden abgeschnitten. Mit abge-
schnittenem Unkraut erfolgt weitere Schattengebung.
Die Vanille muss künstlich bestäubt werden, da das befruchtende Insekt nur in
Mexiko vorkommt (die Biene Melipona), und die Blüte nur einen halben Tag geöff-
net ist. Trotzdem trägt manchmal nur die Hälfte der Blüten Früchte.
Ertragseinsatz mit dem dritten Jahr, dann aber für über 30 Jahre etwa 50 Früch-
te ("Schoten") pro Pflanze.
Die Früchte werden noch unreif gepflückt, ehe sie Geruch haben und womöglich
aufplatzen und die Samen frei geben. Sie werden blanchiert (20 s in Wasser von
80..85 °C), oder etwas länger bei 60 °C, anschließend in Wolldecken bis 60 °C
eine Woche lang fermentiert (oder wärmer nur 24 Stunden), wobei sich der Milch-
saft in würzigen Balsam verwandelt. Täglich werden die Schoten aus der Thermo-
kiste an die Sonne gebracht und mit den Händen geschmeidig gemacht. Es schließen
sich bis vier Wochen Trockenzeit im Schatten an, bis sich auf den Stangen ein
weißer Belag bildet. Der Handel unterscheidet 8 Sorten (z.B. auserlesen lang,
ausgezeichnet lang, ausgezeichnet, gut..., in Europa als "Bourbonvanille" (aus
Madagaskar) gehandelt). Normal 10..25 cm, dunkelbraun, sich fettig anfühlend,
bedeckt mit weißlichen Kristallen. Aus 5 kg grünen Schoten entsteht 1 kg schwar-
ze, fermentierte Vanille.

VERWENDUNG
(1) Gewürz für Konditoreiwaren (Biskuit, Nussgebäck) und Süßspeisen (Kakao-
produkte, Schokolade, Pudding, Quarkspeisen, Speiseeis, seltener Kompott,
Gelee, Konfitüre) sowie für Liköre und Tabak, aber auch Fisch- und Toma-
tengerichte.
Vanille setzt man vor dem Erhitzen oder dem noch warmen Gericht zu. Man ver-
reibt dazu ein Stück Vanillestange in einem Mörser nach und nach mit 0,5 kg
Puderzucker und verwendet diesen Zucker. Pro kg Backware bis zu 1/4 Stange.
Wenn man nur Zucker zum Bestreuen verwenden will, steckt man eine Vanille-
stange einfach in ein Glas mit Zucker, der den starken Geruch annimmt. Vor
Feuchtigkeit schützen, da Vanille leicht schimmelt. Vanille nimmt auch sehr
leicht Fremdgerüche an und behält sie, weshalb sie streng für sich aufzube-
reiten und luftdicht zu verpacken ist.
(2) Kurze Stangen (12..14 cm lang), doppelt so dick wie (1), mit Fäden umwi-
ckelt, um ein Aufspringen zu vermeiden, mindere Qualität.

Da weltweit nur etwa 2000 t echte Vanille (Madagaskar allein 1000 t) im Jahr
geerntet werden, der Bedarf aber bei 12000 t/a liegt, wird technisch das Vanil-
lin, ein Aldehyd, aus dem billigeren Eugenol (ein Phenol im Nelkenöl, noch bil-
liger aus Sulfitablaugen der Papierindustrie) durch Oxidation gewonnen. Der mas-
senhafte Verbrauch hat aber Vanillin zum Allergen gemacht. [4][5]

SCHÄDLINGE, KRANKHEITEN
Schädlinge sind vor allem Schnecken und Schildläuse, Krankheiten Mehltau und
Vanillewurzelfäule.

HISTORIE
XIMENES in Mexiko hat 1615 das lateinische siliqua des HERNANDEZ mit vainilla
(Verkleinerungsform von vaina = Scheide, Schote, Hülse) übersetzt; PLUMIER lei-
tete 1703 daraus den Gattungsnamen ab. [6]
"Bourbon"vanille hat die Bezeichnung vom früheren Namen der Insel Reunion.
Auf Madagaskar werden die Schoten mit dem Namen des Anbauers geprägt. Die gegen
Diebstahl gerichtete Maßnahme ist andererseits auch eine Garantieurkunde.

LITERATUR
[1] POCHLJOBKIN, W.W.: Alles über die Gewürze, Fachbuchverlag Leipzig,
3. Aufl. 1977
[2] BOWN, D.: DuMont's große Kräuter-Enzyklopädie, DuMont Köln 1998
[3] BUCHHEISTER, G.A., G. OTTERSBACH: Handbuch der Drogisten-Praxis, Springer,
Berlin, 16. Aufl. 1938
[4] ROTH, L., M. DAUNDERER, K. KORMANN: Giftpflanzen Pflanzengifte, Nikol
Hamburg, 4. Aufl. 1994
[5] POLLMER, U., C. HOICKE, H.-U. GRIMM: Vorsicht Geschmack, rororo Reinbek,
2. Aufl. 2001
[6] MARZELL, H., H. PAUL: Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen, 4. Bd. Hirzel
Stuttgart, Steiner Wiesbaden 1979

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