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WUCHERBLUME

 
NAMEN
(1) Salatchrysantheme, Gewürzchrysantheme, Chrysantho, Kronenwucherblume,
Goldblume

Chrysanthemum coronarium L. und Chr. stratiosum
jetzt: Glebionis coronaria
J: Shungiku, Kikuna, kiku
(2) Saatwucherblume
Chrysanthemum segetum L.
jetzt: Glebionis segetum
(3) Dalmatinische Insektenpulverpflanze, Wucherblume
Chrysanthemum cinerariifolium (TREVIR.) VIS.
(4) Chinesische Chrysantheme, Gärtnerchrysantheme, Ju hua(TCM)
Chrysanthemum morifolium (syn. Chr. sinense)
Aus der Gattung Chrysanthemum sind wieder herausgenommen worden:
(5) Frauenblatt, Pfefferblatt, Balsamkraut, Frauenminze, Römische Minze,
Griechische Minze, Kalufer

Tanacetum balsamita L. (syn. Chr. majus, syn. Chr. balsamita)
E: cost mary, F: menthe coq, N: Balsemwormkruid
(6) Mutterkraut, Bertram, Knopfkamille
Tanacetum parthenium (L.) SCHULTZ-BIP. (syn. Chr. parthenium (L.) BERNH.,
syn. Pyrethrum parthenium SMITH)

(7) Echter Bertram, Deutsche Bertramswurzel, Steinblume, Kreisblume
Anacyclus officinarum HAYNE
(8) Römischer Bertram, Speichelwurzel, Zahnwurzel
Anacyclus pyrethrum (L.) LINK (syn. Anthemis pyrethrum L.)
( ) Gemeiner Rainfarn siehe Rainfarn
Tanacetum vulgare L. (syn. Chr. vulgare (L.) BERNH.)

BOTANIK: Fam. Asteraceae (Korbblütler)
Der Gattungsname Chrysanthemum ist auf die frühere Gattung Dendranthema über-
tragen worden. Die bisherigen Chrysanthemum heißen jetzt Glebionis.
(1) Blätter wie bei den bekannten Blumenchrysanthemen, tief gezähnt. Blüte als
gelbliche, pomponartige Knopfblüte von 25..30 mm Durchmesser. Intensiver
Geruch. Einjährig. Ohne Schnitt 0,3..0,8 m hoch, Flachwurzler.
(2) Einjährig, Höhe 0,2..0,6 m, Blätter grob gesägt bis fiederspaltig, im Um-
riss breit lanzettlich, fleischig. Blüte Juli bis Oktober, gelbe, einzelne
Köpfchen, lang gestielt, Hüllblätter spiralig angeordnet. 2n=18.
(3) Ausdauernd. Aufrechter Stengel, wechselständige fiederteilige Blätter,
unterseits filzig behaart. Blüte Juni bis Juli, weiße Zungenblüten,
gelbe Röhrenblüten. Intensiver Duft.
Bild Dalmatinische Insektenblume
(4) Wildform: Höhe 0,5 m. Blüte im Spätherbst, kleine Köpfe, gelb, rosa
gestreift. Blüten mit bittersüßem Geschmack.
(5) Staude. Wuchert zu Horsten heran. Rhizome mit erst flach auf dem Boden lie-
genden, dann bis 1,5 m aufsteigende Sprossen. Längliche ledrige Blätter,
bis 20 cm lang, gesägt oder gekerbt, unterseits dicht behaart, oberseits
blaugrün bis silbriggrün, am unteren Teil mit Haarschopf; an etwa gleich-
langen Stielen. Blüte August bis September nur in heißen, langen Sommern,
doldentraubig stehende kleine Blütenköpfchen ohne Randblüten, rainfarnähn-
lich. Geruch nach Minze und Melisse oder Kampfer, balsamisch wie Rainfarn.
Nicht ganz winterhart. Kriechender Wurzelstock. Alter 2..3 Jahre, samt sich
aber aus. [9]
Bild 1 Bild 2 Bild 3
(6) Ausdauernd. Stengel mehr oder weniger verzweigt, leicht vierkantig, längs
gerillt, etwas behaart, bis 5 mm dick, Höhe 0,3..0,6 m. Laubblätter eiför-
mig, 2..5(..10) cm lang, gelblichgrün, zart einfach oder doppelt fiedertei-
lig, mit 5..9 tief eingeschnittenen Fiederlappen, unten etwas behaart,
campherartig duftend. Blüte Juni bis August, gelbe Scheiben- und weiße
Randblüten, gänseblümchenartig, 12..22 mm breit, langgestielt aus 5..30
Köpfchen zu Doldentrauben. 2n=18. [6]
Bilder Mutterkraut 1 Mutterkraut 2
Mutterkraut 3
(7) Einjährig. Stengel einköpfig, Höhe 7..25 cm. Blätter schafgarbenartig
doppelt fiederteilig mit linealischen Zipfeln. Blüte Juni bis August,
Zungenblüten weiß, unterseits dunkelrot gestreift. Früchte breit geflügelt.
(8) Ausdauernd, bis 0,4 m hoch. Blätter wechselständig, glatt. Blüten weiß
mit gelbem Schlund (Korb).

WERT
(1) Die Blätter und jungen Triebe können als Rohkost, als Würzkraut, gekocht
als Spinat oder in Eierkuchenteig gebacken werden. Der Geschmack wird durch
Blanchieren oder Fritieren gemildert. Während der Blüte wird der Geschmack
bitter. Die Salatchrysantheme ist Bestandteil der chinesischen Gemüsemi-
schung Chop-Suey. Würze besonders für Tomatensalat.
Die Samen enthalten Fette mit den Epoxysäuren Coronarsäure und Vernolsäure
neben normalen Fettsäuren.
(2) Ackerunkraut. Kraut enthält Kumarin, sonst Wirkstoffe wie die Ringelblume;
verwendbar in kleineren Mengen wie (1).
(3) Enthält 0,4 % ätherisches Öl, das kein Pyrethrin enthält. Im Kraut
stark insektizide Pyrethrin I (0,69 %), Pyrethrin II (0,65 %) [4] und
Zinerin. Eingeatmeter Staub macht Übelkeit, Synkopen, Bewusstlosigkeit.
Auch die Art Chr. roseum, die Rosafarbene Insektenpulverpflanze,
enthält Pyrethrin. Pyrethrin ist der Namensgeber für die synthetischen
Pyrethroide (hochwirksame Insektizide), die gefährlicher und langzeitgifti-
ger sind.
(4) Die Blüten enthalten Alkaloide (Stachydrin), ätherisches Öl (Sesquiterpen-
lactone), Flavonoide (Apigenin), Betaine, Cholin und wirken fiebersenkend,
schweißtreibend, blutdrucksenkend, verbessern die Sehfähigkeit. Bei Kopf-
schmerzen, Schwindel, Augenschmerzen, geschwollene Augen, Bindehautent-
zündung, Taubheit in den Extremitäten, Kreislaufstörungen, Verdauungsstö-
rungen, nervöse Beschwerden, Angina. Die Zierformen wirken wie die Wild-
form.
(5) Enthält 0,06 % ätherisches Öl mit Campher und Thujon. Verwendbar zu Tee oder
als antiseptischer Badezusatz. Oberes Drittel der Pflanze als Gewürz vor
der Blüte im Juli zu Süßspeisen, Backwaren ("Pfannkuchenkraut"), bierartige
Getränke, Hammelfleisch, Gemüse, Hülsenfrüchte. Ansatz mit Olivenöl zu
"Balsamöl" mit gutem Aroma und antiseptischer Wirkung.[2] Frische Blätter
oder Pulver vorbeugend gegen Migräne; nicht während der Schwangerschaft.[8]
Sonst bei Blähungen, Leber-, Gallen-, Menstruationsbeschwerden, wurmtrei-
bend, leicht insektizid. [9]
(6) Enthält 0,05 % ätherisches Öl mit l-Campher, l-Borneol, alpha-Pinen, Ses-
quiterpenlactone (> 0,2 % Parthenolid), Sesquiterpene (Kampfer). Angewendet
wie Echte Kamille. Mittel bei Menstruationsbeschwerden, PMS, Geburtshilfe.
Homöopathie gegen Polyarthritis, Rheuma der Hände. Volksheilmittel bei Fie-
ber, es hemmt die Sekretion der Blutplättchen und der neutrophilen Leuko-
zyten, auch die Ausschüttung von Serotonin aus Thrombozyten (Verwendung
bei Migräne, wenn man Mutterkraut bei den ersten Anzeichen nimmt) und die
Verklumpung der Blutplättchen. Der dafür verantwortliche Wirkstoff könnte
das Parthenolid sein.
(7) Die Wurzel enthält Pyrethrine, daher auch zu Insektenpulver verarbeitet.
Sie wirkt auch speichelabsondernd, weshalb sie früher zahnenden Kindern
zum Kauen gegeben wurde (Bertramswurzel, Zahnwurzel, Speichelwurzel,
früher in Apotheken als Radix Dentariae geführt).
(8) Die Wurzeln enthalten Pyrethrin, Inulin, scharfes Harz, Gerbstoff, ätheri-
sches Öl. Zu Pastillen gegen Mundtrockenheit, Zungenlähmung, Neuralgien.
Als Abkochung zur Steigerung der Speichelabsonderung, gegen Zahnschmerzen,
zum Gurgeln bei Angina, Epilepsie; in Indien als Tonikum bei Verdauungs-
schwäche. [5]
Die Chrysanthemum-Indicum-Hybriden als Schnittblumenpflanzen können durch Ses-
quiterpenlactone allergische Kontaktdermatitiden an Händen, Armen und Gesicht
hervorrufen, einige sogar Asthma. [4]

KENNZAHLEN
(1) Entwicklungsdauer bis zur ersten Ernte 3..4 Wochen. Reihenabstand 20..25 cm.

ANSPRÜCHE, VORKOMMEN
(1) Jeder Gartenboden.
(2) Saure, sandig-lehmige Äcker, nicht auf Kalkboden
(4) In China und Japan gezüchtet.
(5) Sonnig. Nicht winterhart. Nahrhafter, durchlässiger Boden. Wild in Südeuropa
(6) Sonnig. Boden mittelschwer bis schwer, aber durchlässig.
(7) Tschechien, Deutschland
(8) Mittelmeerraum, Orient. Anbau in Algerien, Syrien, Arabien.

FRUCHTFOLGE
(1) Geeignete Mischfrüchte: Möhre, Kohlrabi, Chinakohl

NÄHRSTOFFE, DÜNGUNG
(1) 30 g/m² Volldünger vor dem Anbau

ANBAUPRAXIS, ERNTE, VERWERTUNG
(1) Aussaat dünn ins Freiland (wie Spinat) direkt nach den Frösten von Anfang
März bis Mai und August bis September oder im März unter Glas. Wegen der
kurzen Kulturdauer sind Folgeaussaaten bis August möglich. Temperatur opti-
mal bei 14..22 °C. Grunddüngung mit 4..6 g N, 2..3 g P und 5..7,5 g K/m².
Zwei Kopfdüngungen mit 3 g N/m². [3]
Die jungen Blätter und Triebe können etwa 3..6 mal bis zum Frost gepflückt
oder bei 10..20 cm Höhe geschnitten werden, die Pflanzen bauen sich aus
den unteren Teilen wieder auf. Nicht zur Blüte kommen lassen bzw. vor der
Blüte die Stiele abernten. Roh zu Salat oder gedünstet wie Spinat zu Reis,
Nudeln, mit Teig in Fett gebacken.
(3) Der Anbau erfolgte auf auf 20..30 cm tief gelockerten Boden, indem nach
dem ersten Regen im September zerriebene Blüten aufgestreut und 5 cm tief
eingearbeitet wurden. Einzige Pflege bestand im Entfernen von Unkraut.
Sammlung der Blütenkörbe aus älteren Beständen (zwei Pflückdurchgänge
möglich). Vorwelken, Trocknen bis 50 °C. Sud zur Insektenbekämpfung oder
als Streupulver. Die noch fast geschlossenen Blumen enthalten mehr Wirk-
stoff als die ganz aufgeblühten.
(4) Blüten zwei Tage in der Sonne trocknen. In der TCM als Aufguss aus 8..10 g
Blüten auf 1 l kochendes Wasser. Nach 15..30 min abgießen und im Laufe des
Tages schluckweise trinken. Die Blüten können bis dreimal aufgebrüht werden.
Kräuterkissen auf Augen. [1]
(5) Vermehrung des Balsamblatts durch Teilung der Ausläufer oder durch Aussaat
ins Freiland, Reihenabstand 30 cm. Leicht Befall durch Rost.
Nutzung der Blätter, des oberen Triebdrittels und Knospen vor der Blüte
zu Süßspeisen, Backwaren.
(6) Einjährig kultiviert. Im Herbst gut verrotteten Stallmist einarbeiten.
Aussaat März bis April unter Glas. Wenn erstarkt und abgehärtet, im Mai
ins Freiland. Reihenabstand 30 cm. Boden locker und unkrautfrei halten.
Ernte der vollerblühten Blumen oder Blätter bei Bedarf oder Mahd des Krau-
tes zur Blüte. Trocknen des Krautes (Tanaceti parthenii herba) bis 35°C.
In gut verschlossenen Behältern aufbewahren. Blüten (Flores Matricariae
seu parthenii
) zu Tee bei Verdauungsstörungen, Darmparasiten, Krämpfe,
Frauenleiden. Kein Dauergebrauch!
(7) Aussaat im April, Keimdauer 3 Wochen.
(8) Ernte der Wurzel im Herbst.

SORTEN
(1) Shungiku, Maiko, mild bis pikant herb

HISTORIE
Im Gattungsnamen stecken chrysos = Gold und anthemos = Blüte, mit denen DIOS-
KORIDES (1) benannte. Tanacetum hingegen wurde erst im Mittelalter zum Rain-
farn gesagt und besteht aus tanaos = lang und akeomai = heilen.
HILDEGARD rühmt den Bertram: "Einem gesunden Menschen ist es gut, Bertram zu
essen, weil er die Fäulnis in ihm vermindert und das gute Blut vermehrt und im
Menschen den Intellekt reinigt. Einen Kranken, der körperlich fast ganz herunter
gekommen ist, bringt er zu Kräften. Er lässt im Menschen nichts unverdaut, son-
dern bereitet gute Verdauung, wenn man ihn fleißig isst, weil er durch seine
gute Kalorität jede Speise verdaut." [7]
(3) "Dalmatien" ist die kroatische Küstenlandschaft. Das Pulver wurde im Ersten
Weltkrieg in Serbien gegen Kleider- und Kopfläuse an Soldaten eingesetzt,
womit die Fleckfieberepidemie, die 1914 schon 150 000 Menschenleben forder-
te, eingedämmt werden konnte. [10]
(4) Die edle Chrysantheme ist die Wappenblume des japanischen Kaiserhauses.
(5) HILDEGARD nennt zwar eine Pflanze "balsamita", hat aber wahrscheinlich die
Wasserminze darunter verstanden. Im frühen Mittelalter wurde die Frauenminze
menta sara und tus dulcis genannt. Im "capitulare de villis" Karls des
Großen wird "costus" mit aufgeführt, womit diese Pflanze als Ersatz der
echten, hier nicht gedeihenden Kostwurz gilt. [9]

LITERATUR
[1] REID, D.: Handbuch der chinesischen Heilkräuter, Knaur 1998
[2] POCHLJOBKIN, W.W.: Alles über die Gewürze, Fachbuchverlag Leipzig, 3.Aufl.
1977
[3] VOGEL, G.: Salat-Chrysantheme, Gartenbaumagazin (1992) 9, 54-55
[4] ROTH, L., M. DAUNDERER, K. KORMANN: Giftpflanzen Pflanzengifte, Nikol
Hamburg, 4. Aufl. 1994
[5] CHEVALLIER, A.: Die BLV-Enzyklopädie der Heilpflanzen, München, 2000
[6] EAB 4. Ausg. (2002) S. 2429; 4.00/1516: Mutterkraut
[7] STREHLOW, W.: Die Ernährungstherapie der Hildegard von Bingen, Weltbild 2005
[8] NÄSER, K.: Ein Kraut gegen Migräne, GartenZeitung (2004) 8, 59
[9] http://www.biozac.de/biozac/capvil/Cvbals.htm (Abfr. 6/2006)
[10] BERENBAUM, M.R.: Blutsauger, Staatsgründer, Seidenfabrikanten, Elsevier
Spektrum München 2004

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